Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
Kraft in ihm nur zu gut, weil diese einem entgegengesetzten, aber ebenso starken Aspekt ihrer eigenen Natur entsprach.
In den vergangenen Wochen hatte sie sich allmählich damit abgefunden, dass sie und Tobias auf metaphysische und für sie nicht ganz verständliche Art verbunden waren. Vielleicht würde sie die Natur der Verbindung nie ganz erfassen, doch sie wusste, dass sie diese nicht leugnen konnte.
Sie hatte nicht gewagt, mit Tobias über diese Dinge zu sprechen, da sie ahnte, dass er mit Metaphysik nichts anfangen konnte und ein solches Gespräch nicht begrüßen würde.
Manchmal aber, wenn er tief in ihr war und sie festhielt, als wolle er sie nie wieder loslassen, auch nicht im Tod, fragte sie sich, ob auch er diese Bindung zwischen ihnen spürte.
Er schob ihre Röcke mit einer ungeduldigen Handbewegung hoch und ließ seine Finger zwischen ihre Schenkel gleiten. Sie spürte das Verlangen, das in ihm pulsierte und das dem ihren entsprach. Sie öffnete sein Hemd bis zur Mitte, legte die Hand auf seine Brust und kostete das herrliche Gefühl seiner warmen samtigen Haut voller Inbrunst aus.
Er tastete sich sanft zu ihrer empfindlichen Liebesknospe. Während er sie nun langsam streichelte, hörte sie sich die scho ckierendsten Wörter flüstern, Wörter, die sie in Gesellschaft nie benutzt hätte, Wörter, von denen sie nicht geahnt hatte, dass sie sie kannte, ehe sie Tobias begegnete.
Seine Finger glitten tiefer und stießen hinein in ihre nasse Höhle.
»Tobias.« Sie umschloss ihn eng und wölbte sich ihm entgegen.
Geschickt öffnete er seine Hose — und ein markerschütternder Schrei hallte durch die Sommernacht. Mit der Wucht eines Donnerschlags war sämtliche Lust zerstoben. Lavinia zuckte gepeinigt zusammen und öffnete die Augen just in dem Moment, als ein dunkler Schatten am offenen Fenster vorüberglitt.
»Was zum Teufel soll das?« Tobias rollte sich vom Bett und war auf den Beinen, als der grässliche Schrei mit erschreckender Endgültigkeit verstummte.
»Du lieber Himmel, was war das?« Lavinia rappelte sich hoch. »Ein Nachtvogel? Eine Riesenfledermaus?«
Tobias war mit zwei Schritten am Fenster. Er umfasste den Rahmen und spähte hinunter in den Garten.
»Barmherziger Gott«, flüsterte er.
Lavinia lief an seine Seite. »Was ist passiert?«
Wieder durchschnitt ein Schrei die Nacht. Diesmal war es eine Frau, die schrie. Lavinia beugte sich aus dem Fenster und lugte nach links auf der Suche nach der Quelle des zweiten Schreies.
Sie entdeckte die Bewohnerin eines der benachbarten Zimmer in Schlafrock und Nachthaube auf einem steinernen Balkon. Die Frau stand wie angewurzelt da und glotzte hinunter.
Lavinia wappnete sich und folgte ihrem Blick. Eine Gestalt im Abendanzug lag wie eine zerbrochene mechanische Puppe auf dem Rasen. Entsetzen ließ ihr Inneres zu Eis erstarren. Der Schatten, der Sekunden zuvor an ihrem Fenster vorübergeglitten war, war ein Mann gewesen.
»Er muss vom Dach gefallen sein«, wisperte sie.
»Was er dort oben wohl zu tun hatte?«, rätselte Tobias. »Er gehört mit Sicherheit nicht zum Personal.«
Wieder blickte Lavinia hinunter und sah nun eine kahle Schädelplatte im Mondlicht glänzen. »O nein! Das kann nicht sein.«
Weitere Fenster wurden geöffnet. Erschrockene Ausrufe gellten durch die Nacht. Unten erschien ein Diener mit einer Laterne in der Hand und ging mit sichtlichem Widerstreben auf den Toten zu.
»Ich gehe hinunter, um zu sehen, ob man etwas tun kann.« Tobias drehte sich vom Fenster weg. »Warte hier.«
»Nein, ich komme mit.«
»Nicht nötig. Es wird äußerst unangenehm.«
Sie schluckte. »Sicher kann ich es nicht sagen, ehe ich ihn nicht aus der Nähe gesehen habe, doch fürchte ich, dass ich einen guten Grund habe, dich zu begleiten.«
Er blieb an der Tür stehen und schaute sie stirnrunzelnd an. »Was soll das heißen?«
»Ich bin eventuell einer der letzten Menschen, die ihn lebend sahen.« Sie zog das Oberteil des Kleides hoch und tastete nach ihren Haarnadeln. »Bis auf das Mädchen natürlich.«
»Wovon redest du da?« Tobias öffnete die Tür und trat hinaus auf den Korridor. »Kennst du den Mann?«
»Eigentlich nicht.« Sie folgte ihm hinaus auf den schwach erhellten Gang und schloss die Tür. »Wir wurden nicht bekannt gemacht, aber ich glaube, dass ich ihn vor einer Weile auf dem Weg zu deinem Zimmer sah. Genauer gesagt, ich versteckte mich hinter der Treppe, als er in Gesellschaft eines Hausmädchens vorüberging.«
Nun
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