Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
gewinnen. Ich könnte Wunder mit Ihrem Haar vollbringen.«
»Danke, Mr Pierce, ich werde daran denken.« Sie hängte sich bei Tobias ein und zögerte dann. »Ach übrigens, da wir von Frisuren sprachen ... ich habe eine Frage an Sie, Sir.«
»Zu Ihren Diensten, Madam«, sagte Pierce galant. »Hängt diese Frage zufällig mit den Ereignissen dieses Abends zusammen?«
»Es geht um eine Kleinigkeit«, beruhigte sie ihn. »In Ihrem Beruf haben Sie sicher mit Perücken, falschen Haarteilen und dergleichen zu tun?«
»Jede modebewusste Dame muss mindestens einen oder zwei falsche Chignons haben«, sagte er im Brustton der Überzeugung. »Und ab einem gewissen Alter ist es unumgänglich, dass man sich mehrere Vollperücken zulegt. Für jemanden, der weiterhin elegant auftreten möchte, gibt es keine Alternative.«
»Sie haben doch heute die Gäste gesehen, die am Kostümball teilnahmen. Sind Ihnen zufällig Damen mit blonden Perücken aufgefallen?«
»Blond?« Pierce schauderte. »Guter Gott, nein, Madam. Keinesfalls. Was für ein schrecklicher Anblick.«
Tobias runzelte die Stirn. »Warum das? Sie sagten eben, jede elegante Frau müsse einige Perücken haben.«
»Ja, aber doch keine blonde.« Pierce hob den Blick zum Himmel, sichtlich Erlösung vor so dummen Fragen erflehend. »Wirklich, Sir, Sie haben von Mode keine Ahnung. Was Perücken, falsche Zöpfe, Haarteile und dergleichen betrifft, ist blondes Haar fast so unmodisch wie rotes.«
Nun trat kurz peinliches Schweigen ein. Alle vermieden Lavinia anzusehen. Ihr tiefrotes Haar schimmerte im Licht der Wandleuchte.
Tobias, dem nun erst aufging, dass der Friseur sie eben beleidigt hatte, fixierte Pierce mit hartem Blick.
»Zufällig bin ich der Meinung, dass Mrs Lakes Haar ihr perfekt steht«, sagte er leise.
Obwohl er die Stimme nicht erhoben hatte, zuckten Miss Richards und Miss Gilway zusammen und wichen ein wenig zurück. Sie starrten ihn zwar noch an, doch ihr Interesse von vorhin war einem furchtsamen Blick gewichen, als hätte er sich vor ihren Augen in ein Ungeheuer verwandelt.
»Tobias«, zischelte Lavinia, »hör sofort auf.«
Er war nicht in Stimmung aufzuhören. Er war verärgert. Es war ein langer, äußerst schwieriger Abend gewesen.
Pierce schien völlig zu entgehen, dass er in die Schusslinie geraten war. Seine Aufmerksamkeit galt einzig Lavinia.
»Madam, gestatten Sie, dass ich Sie aufsuche, nachdem wir alle nach London zurückgekehrt sind«, drängte er mit scheinbar aufrichtigem Interesse. »Ich könnte so viel für Sie tun. Mit einer dunkelbraunen Perücke würden Sie blendend aussehen. Was für ein dramatischer Kontrast zu Ihren grünen Augen.«
Lavinia runzelte die Stirn und berührte ihr Haar. »Meinen Sie wirklich?«
»Ohne Zweifel.« Pierce winkelte einen Arm an, stützte den anderen Ellbogen darauf und strich sich nachdenklich übers Kinn.
Er begutachtete Lavinia wie ein Bildhauer ein halb vollendetes Werk. »Ich sehe das Ergebnis deutlich vor mir. Sie können sicher sein, dass es erstaunlich ausfallen wird. Ich glaube, einige Rollen und ein paar Löckchen würden Sie größer erscheinen lassen. Für wahre Eleganz fehlt es Ihnen an Statur.«
»Verdammt«, grollte Tobias. »Für mich besitzt Mrs Lake genau die richtige Größe.«
Pierce bedachte ihn mit einem flüchtigen Blick, der jeden Aspekt seiner Erscheinung zu erfassen schien, und tat ihn ab.
Das nenne ich Geschnitten werden, dachte Tobias voll grimmiger Belustigung. Und das von einem Friseur.
»Allerdings, Sir«, murmelte Pierce, »sind Sie kaum eine Autorität auf modischem Gebiet und nicht in der Lage, Mrs Lakes Potenzial abzuschätzen.«
Tobias hätte Pierce mit Wonne seinen senkrechten Stand in einen waagrechten verwandelt, ließ aber widerstrebend von der Aussicht ab, als er Lavinias Finger fest an seinem Ellbogen spürte. Sie hat Recht, dachte er. Es wäre vergeudete Energie. Außerdem war er müde.
»Wie liebenswürdig, dass Sie mir Ihr fachmännisches Urteil nicht vorenthalten, Mr Pierce.« Lavinia schenkte ihm ihr strahlendstes und liebenswürdigstes Lächeln. »Ich werde Ihr Angebot in Erwägung ziehen.«
»Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen meine Karte gebe.« Pierce zog rasch eine aus seiner Hosentasche und überreichte sie ihr schwungvoll. »Bitte, wenden Sie sich an diese Adresse, wenn Sie eine höhere Stufe von Eleganz und Stil anstreben. Ich werde entzückt sein, Ihnen einen Termin einzuräumen.«
»Danke.« Lavinia nahm die Karte und neigte zum
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