Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
London. Keine Angst, wir werden bei Tagesanbruch unterwegs sein.«
Beaumont schien etwas besänftigt. »Mrs Lake ist offensichtlich überbeansprucht. Sicher wird sie sich besser fühlen, wenn sie wieder zu Hause in gewohnter Umgebung ist.«
Tobias, der spürte, dass Lavinia eine entsprechend beißende Antwort auf der Zunge lag, hatte sie zum Glück schon bis zur Tür gedrängt und schaffte es, sie hinaus in den Korridor zu schieben, ehe sie weiter Ol in die Flammen gießen konnte.
Er spürte, wie sie an seinem Arm vor Entrüstung bebte, so heftig, dass um sie herum die Luft Siedehitze zu erreichen schien.
»Berichtige mich, wenn ich mich irre«, sagte sie, »aber ich glaube, dass Beaumont uns eben hinauswarf.«
»Deine Beobachtung stimmt mit meiner überein. So viel zu unserem fröhlichen kleinen Landausflug. Vielleicht sind Sie und ich für so noble Zerstreuungen nicht geschaffen, Madam.«
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Kapitel 7
S chweigend schritt en sie die Haustreppe hinauf. »Ich nehme an, du hast das Gefühl, es sei meine Schuld, dass man uns die Abreise nahe legte«, sagte Lavinia auf dem ersten Treppenabsatz.
»Ja, aber sei deshalb unbesorgt. Ich gelangte zufällig selbst bereits zu dem Schluss, dass es am besten wäre, nach London zurückzukehren.«
Erstaunt musterte sie ihn. »Aber was wird aus unserer Untersuchung hier am Ort des Geschehens?«
»Ich glaube, hier haben wir bereits alles in Erfahrung gebracht, was es zu erfahren gibt. Der Mörder hat sein Werk vollbracht. Ich bezweifle, ob er sich noch lange hier aufhalten wird. Es würde mich nicht wundern, wenn er bereits aus der Gegend verschwunden wäre.«
»Hm. Da stimme ich dir zu. Er hat den Mord an Fullerton hier begangen, da er wusste, dass du in unmittelbarer Nähe sein würdest, und er sicher sein wollte, dass du sein Werk zur Kenntnis nimmst.«
»Ich vermute, dass es sich so verhält«, sagte Tobias.
Sie erreichten Lavinias Etage und trafen auf eine kleine Versammlung im Korridor. Zwei in Chintzumhänge gehüllte Frauen unbestimmten Alters standen mit voluminösen Nachthauben auf dem Kopf da und unterhielten sich angeregt mit einem jungen Mann von etwa zwanzig Jahren. Es war klar, dass Fullertons Tod ihr Thema war.
»Einige meiner Nachbarn auf dieser Etage«, erklärte Lavinia leise, als sie auf die Gruppe zugingen. »Mr Pierce, der Friseur von Lady Oakes, und zwei Damen, Gesellschafterinnen zweier weiblicher Gäste.«
Alle drei Köpfe wandten sich Lavinia und Tobias zu. Blanke Neugierde sprach aus jedem Augenpaar, doch die Blicke der zwei Frauen waren besonders auffallend, wie Tobias bemerkte. Sie starrten ihn mit seltsam durchdringendem, wenn auch leicht benommenem Ausdruck an.
Auch ohne Lavinias Erklärung hätte er unschwer die Rolle dieser beiden erkannt. Beide besaßen das resignierte, zurückhaltende, leicht verblichene Wesen, das verarmten Damen eigen war, die als Gesellschafterinnen ihr Leben fristen mussten.
Vermutlich waren die Frauen an diesem Abend früh zu Bett gegangen, da sie aufgrund ihrer Stellung von den Festlichkeiten des Abends ausgeschlossen blieben. Gesellschafterinnen nahmen im Allgemeinen eine ähnlich eigentümliche und heikle Zwischenstellung wie Gouvernanten ein - sie waren weder Dienstboten noch ihrer Herrschaft gesellschaftlich ebenbürtig. Die Verbindung von guter Erziehung und Armut verdammte sie zu einem Dasein, in dem von ihnen erwartet wurde, sich still und diskret im Hintergrund zu halten.
Der nächtliche Tratsch über einen Mordfall war vermutlich das Aufregendste, was den beiden seit langem widerfahren war.
Er hatte in seinem ganzen Leben nur zwei Gesellschafterinnen kennen gelernt, die nicht in dieses Schema passten. Lavinia und ihre Nichte Emeline. Sie waren nicht lange in dieser Stellung geblieben. Und das aus gutem Grund. Keine der beiden verfügte über das Wesen, das dieser Beruf erforderte.
»Mrs Lake!«, rief der Friseur aus. »Eben sprachen wir von Ihnen. Wir befürchteten, der schreckliche Anblick unten im Garten hätte Ihnen womöglich stark zugesetzt. Sind Sie wohlauf? Brauchen Sie Riechsalz?«
»Mir geht es gut, danke, Mr Pierce.« Lavinia schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln und sah dann die Frauen an. »Erlauben Sie, dass ich Sie bekannt mache. Miss Richards. Miss Gilway, das ist mein Bekannter, Mr March.«
Tobias neigte den Kopf. »Es ist mir ein Vergnügen, meine Damen.«
Beide erröteten heftig.
»Mr March.« Miss Gilway strahlte.
»Sir«, flüsterte Miss Richards.
»Und
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