Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
einen Ring.«
Sie kniff kurz die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, konnte er die Angst sehen, die auch sie mit all ihrer Erfahrung und Raffinesse nicht zu verbergen vermochte.
»Er hat den Mord eigens für Sie inszeniert, nicht wahr?«, fragte sie. »Er wusste, Sie würden heute da sein. Er wollte sichergehen, dass Sie seine Rückkehr zur Kenntnis nehmen.«
Er reagierte gereizt. »Sagen Sie das nicht. Eiland ist nicht von den Toten auferstanden.«
»Natürlich. Das weiß ich.« Sie seufzte. »Ich hätte nicht so unbedacht daherreden sollen. Verzeihen Sie. Seit meine Haushälterin mir heute Morgen das Schächtelchen mit dem Ring brachte, leide ich an nervösen Angstschüben. Ich fürchte, dass ich völlig durcheinander bin.«
Ich hätte sie nicht so anherrschen sollen, dachte er. Sie war eine intelligente, willensstarke Frau, doch hatte sie vor drei Jahren wegen Zachary Eiland viel durchgemacht. Und jetzt sah es aus, als würde sich für sie und für ihn alles wiederholen.
»Jemand sorgte dafür, dass wir von der Existenz eines neuen Mementomori-Mannes erfahren«, sagte er leise. »Nun gut, die Botschaft ist angekommen. Ich werde ihn zur Strecke bringen wie Eiland.«
Sie bedachte ihn mit einem unsicheren Lächeln. »Danke, Tobias. Ich weiß, dass ich mich auf Sie verlassen kann. Wäre mir das doch schon vor drei Jahren klar gewesen und hätte ich mich nicht von Zacharys Charme blenden lassen!«
Er hatte keine Lust, noch mehr von dieser Geschichte aufzuwärmen, und trat zurück. »Gehen Sie zu Bett, Aspasia. Ich muss zeitig am Morgen abreisen, doch werden wir uns in London treffen.«
Sie furchte die Stirn. »Warum dieser frühe Aufbruch?«
Dass Lavinia es zuwege gebracht hatte, dass sie beide hinausgeworfen worden waren, wollte er nun wirklich nicht eingestehen, da man schließlich auf den Ruf der Partnerschaft Lake & March bedacht sein musste.
»Hier habe ich alles erledigt«, wich er aus. »Ich muss meine Ermittlungen in London fortsetzen. Jetzt tut Eile Not.«
»Ja, natürlich.« Sie zögerte und machte keine Anstalten, die Tür zu schließen. »Tobias, was ich eben sagte, war mein Ernst. Ich wünschte wirklich, ich hätte schon vor drei Jahren den großen Unterschied zwischen Ihnen und Zachary erkannt. Sie können sicher sein, dass ich jetzt viel klüger bin. In der Zeit, die wir getrennt waren, habe ich viel gelernt. Ich weiß, dass auch Sie Schuldgefühle haben müssen, was die vergangenen Ereignisse anbelangt. Möchten Sie hereinkommen und sich ein wenig aussprechen?«
Die Einladung hätte schriftlich auch nicht deutlicher sein können, dachte er bei sich. Sie bot ihm an, ihr Bett zu teilen.
»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre«, sagte er. »Es ist schon sehr spät, und ich muss früh aus den Federn. Gute Nacht, Aspasia.«
Aus ihrem Lächeln sprach leichtes Bedauern. »Ja, natürlich, ich verstehe. Es freut mich, dass Sie jemanden gefunden haben, mit dem Sie glücklich sind, Tobias.«
Er drehte sich um und ging. Hinter ihm schloss sich in der Dunkelheit leise die Tür.
Am Fuß der Treppe verharrte er. Jetzt war es am vernünftigsten, weiter den Gang entlang zu seinem Zimmer weiterzugehen. Falls er nicht schlafen konnte, würde er die Zeit mit Packen verbringen.
Er blieb eine Weile so stehen. Niemand zeigte sich. Auf der Treppe waren keine Schritte zu hören. Der gewaltsame Todesfall hatte offenbar die Begeisterung der Gäste für nächtliche Seitensprünge gedämpft.
Nach einer Minute angestrengten Nachdenkens war er nicht mehr so sicher, ob es klug war, ins eigene Zimmer zurückzukehren. Er lief die Treppe hinauf zu Lavinias Etage und ging zu ihrer Tür. Er würde ganz, ganz leise anklopfen, entschied er. Reagierte sie nicht, würde er annehmen, dass sie schon schlief. Dann würde er handeln wie ein Gentleman und zurück in sein Zimmer gehen.
Leise pochte er an.
Die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet. Lavinia lächelte ihm durch die schmale Öffnung entgegen. Sie trug ein langes, weißes Baumwollnachthemd. Weiße Spitze umgab ihren Hals wie zarter Schaum.
Er spürte, wie bei ihrem Anblick sein Blut in Wallung geriet.
»Mir fiel ein, dass man die Nacht nicht völlig vergeuden muss«, sagte er und trat ein.
»Eine ausgezeichnete Idee.« Sie schloss die Tür und drehte sich zu ihm.
Sie hatte das Haar gelöst, das nun im Kerzenschein wie eine feurige Wolke ihr intelligentes, apartes Gesicht umgab. Ihre Augen bargen Tiefen voller sinnlicher Mysterien.
Sie lächelte
Weitere Kostenlose Bücher