Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
schlanker und sportlicher Figur.
Und beide besitzen Stilgefühl, dachte sie. Das Jackett, das Dominic trug, ähnelte bemerkenswert jenem Anthonys, das dunkelblau und so geschnitten war, dass es die Schultern betonte. Beide hatten hübsche Anhänger an ihren Taschenuhren und ihre Halstücher waren kunstvoll gebunden.
Es stimmte, dass Dominic offenbar über Mittel verfügte, die es ihm ermöglichten, sich einen teuren Schneider zu leisten, doch war die Wirkung fast identisch mit jener, die Anthonys Schneider erzielte. Vermutlich deshalb, weil keiner der beiden auf Grund seiner Bekleidung Eindruck macht, dachte Emeline. Ihre starke Persönlichkeit hätte sich auch Geltung verschafft, wenn sie in Lumpen gekleidet gewesen wären.
In diesem Moment richtete Dominic sich auf und neigte den Kopf vor Emeline und Priscilla.
»Meine Damen«, sagte er, »was für ein Vergnügen, Sie heute hier zu treffen. Sie sehen blendend aus.«
»Mr Hood.« Priscilla glühte. »Sie haben nicht erwähnt, dass Sie Professor Kirks Vortrag besuchen würden.«
»Die Naturwissenschaft gehört zu meinem Hobby«, sagte er lakonisch. Sein Blick begegnete jenem Anthonys mit nicht misszuverstehender Herausforderung. »Behaupten Sie, dieselben Kenntnisse in Chemie und verwandten Fächern zu haben wie auf dem Gebiet der Kunst und klassischen Antike, Sinclair?«
»Nein«, sagte Anthony brüsk. »Mit den Naturwissenschaften befasse ich mich nicht näher.«
»Ich verstehe«, sagte Dominic gedehnt. »Vielleicht ist es besser so. Das Erfassen der Prinzipien von Elektrizität, Astronomie und Ähnlichem erfordert einen in Logik und Vernunft geschulten Verstand. Die Naturwissenschaften unterscheiden sich beträchtlich von Kunst und Altertümern, da sie nicht den Launen von Mode, Geschmack und Gefühl unterworfen sind und halt auf Naturgesetzen beruhen.«
Emeline spürte Anthonys Ärger und beeilte sich, die Führung des Gespräches zu übernehmen.
»Ich halte den heutigen Vortrag für besonders erhellend«, sagte sie rasch. »Besonders die letzte Demonstration anhand des Vulkanmodells.«
»Entschieden anregend«, erklärte Priscilla.
»Recht unterhaltsam.« Dominic zuckte die Schultern. »Das gestehe ich Ihnen zu. Aber wenn man schon davon spricht ... leider ist Professor Kirk eher Schauspieler als Chemiker.«
Priscilla furchte leicht die Stirn. »Was meinen Sie damit, Mr Hood?«
Dominic wandte nun seine Aufmerksamkeit ihr zu. »Ich arbeite im Moment an einer neuen, explosiven Mischung für Feuerwerkskörper, deren Wirkungen weit über das hinausgehen, was Kirk heute mit seinem albernen Vulkan zuwege brachte.«
Priscilla bekam kugelrunde Augen. »Sie haben ein eigenes Labor, Sir?«
»Ja.«
»Das ist wundervoll«, stieß Priscilla atemlos hervor. »Darf man fragen, welche Geräte und Apparate Sie besitzen?«
Dominic zögerte und schien zu schwanken. Emeline gewann den deutlichen Eindruck, dass ihm ein anderes Ziel vorschwebte, als er ihnen an der Tür den Weg vertreten hatte. Sie hielt es für am besten, ihn in diese andere Richtung zu stoßen.
»Allerdings, Mr Hood«, sagte sie, »das ist ja hochinteressant. Bitte erzählen Sie uns von Ihrer Laborausstattung.«
»Ich habe nur die übliche Ausstattung«, gestand er schließlich. »Ein Mikroskop, eine elektrische Maschine, ein Teleskop, eine Waage, ein paar chemische Apparate.«
»Sie haben sogar eine elektrische Maschine!« Priscilla war wie geblendet. »Sie Glücklicher! Ich würde alles dafür geben, ein anständig eingerichtetes Labor zu haben.«
Emeline verspürte einen Anflug von Neugierde. »Können Sie kleine Feuerkugeln erzeugen, die durch die Luft fliegen wie heute bei Professor Kirk?«
»Aber sicher. Kirks Kugelblitzvorführung war nicht mehr als ein simpler Trick.« Er hielt inne, sah Priscilla an und lächelte dann Emeline absichtsvoll zu. »Ich könnte Ihnen Experimente zeigen, die noch aufregender sind als jene von Kirk.«
»Die würde ich zu gern sehen«, platzte Priscilla heraus.
»Das klingt sehr interessant«, pflichtete Emeline ihr bei. »Ich muss zugeben, dass ich bis vor kurzem für Naturwissenschaften nicht viel übrig hatte, doch finde ich Mr Kirks Vorträge höchst anregend.«
Anthonys Kiefer malmten. »Kommt gar nicht in Frage. Ihr könnt nicht ohne Begleitung in Hoods Wohnung gehen. Das wisst ihr sehr gut.«
Priscilla zog ein enttäuschtes Gesicht. »Vielleicht könnte ich Mama überreden, uns zu begleiten.«
Sehr hoffnungsvoll hört sich das nicht an, dachte
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