Lawinenexpreß
Folter. Wer sind die Mitglieder dieser Delegation?«
»Der Bericht hat mich heute morgen erreicht. Sie wird angeführt von Anatolij Sarubin. Ein weiteres Mitglied ist Pawel Suslow, der Parteitheoretiker mit dem einwandfreien Privatleben. Sankt Marx persönlich.«
»Das nenne ich eine Überraschung«, kommentierte Elsa. Sie wandte sich an Wargrave. »Hättest du etwas dagegen, uns zu erzählen, wie wir dieses kleine Wunder vollbringen sollen?«
»Durchaus nicht, es ist alles nur eine Frage guter Organisation«, erwiderte Wargrave ironisch. »Das Unternehmen beginnt in Mailand. Zunächst leihen wir uns einen Jet, eine Hawker-Siddeley 125, die einem wohlhabenden italienischen Playboy gehört, den ich zufällig kenne. Merkwürdigerweise ist er glühender Antikommunist. Von Mailand nach Bukarest sind es rund zwölfhundertsechzig Kilometer und umgekehrt genauso viele. Die HS 125 hat eine Reichweite von mehr als fünftausend Kilometern, das ergibt also eine beruhigende Treibstoffreserve…«
Haller hatte sich in seinem Stuhl umgedreht und betrachtete die Karte an der Wand. »Warum können wir Angelo nicht direkt nach Zürich fliegen?«
»Weil mich das zu sehr in die Nähe der ungarischen Grenze bringen würde – die Russen könnten Abfangjäger aufsteigen lassen, um uns abzuschießen. Außerdem kann ich bei der gegenwärtigen Wetterlage nicht riskieren, die Alpen zu überfliegen. Wenn wir Angelo nach Mailand geflogen haben, bringen wir ihn mit der Bahn nach Zürich. Ich vermute, daß es ein Nachtzug sein wird, wahrscheinlich der Atlantik-Expreß.«
»Und wenn der Züricher Flughafen zu diesem Zeitpunkt geschlossen sein sollte? Die letzten Wetterberichte lassen durchaus den Schluß zu, daß das passieren kann.«
Wargrave machte ein grimmiges Gesicht und sah Elsa an. »In dem Fall werden wir die lange Tour nehmen müssen – durch ganz Europa zum Flughafen Schiphol bei Amsterdam. Durch irgendeine Laune des Wetters ist Holland bisher vom Schneesturm verschont geblieben. Und das könnte uns sehr hart auf die Probe stellen – es ist euch beiden doch klar, daß General Marenkow den gesamten Untergrundapparat von KGB und GRU in Bewegung setzen wird, wenn Angelo erst einmal draußen ist? Es wird verdammt hart, bevor wir ihn in die Staaten fliegen können.«
Haller war der Seitenblick Wargraves auf Elsa nicht entgangen. »Es ist nicht unbedingt notwendig, daß Elsa diese Reise mitmacht«, sagte er fest.
»Selbstverständlich ist es das nicht«, entgegnete Elsa ruhig. »Aber ich bin am Anfang dabeigewesen – und werde auch am Ende dabeisein…«
»Die Entscheidung sollte bei ihr liegen«, meinte Wargrave sanft. »Sie könnte aber sehr nützlich sein…«
»Ich verbiete es«, sagte Haller knapp.
»Ich dachte, ich hätte die Gesamtleitung«, bemerkte Wargrave. »Und dies ist nicht die Zeit, das Team aufzulösen. Übrigens müssen wir heute abend nach Europa zurückfliegen…« Diesmal warf er Elsa keinen Blick mehr zu. Sie saß mit ausdruckslosem Gesicht da; sie spürte noch immer die Auswirkungen der Zeitverschiebung des wenige Stunden zuvor beendeten Fluges über den Atlantik. »Es gibt heute abend einen Flug der Air Canada, mit dem wir morgen nachmittag in Schiphol sein können«, fuhr Wargrave fort. »Von dort fliegen wir nach Zürich und dann weiter nach Mailand, wo wir morgen abend, Donnerstag also, landen.«
»Ist das alles nicht ein bißchen überstürzt?« wollte Haller wissen.
»Das läßt mir den ganzen Freitag in Mailand, so daß ich Zeit habe, letzte Arrangements zu treffen. Und das kann ich in Europa besser erledigen als von hier aus. Am Samstagmorgen fliege ich den Jet nach Bukarest, um Angelo von dem kleinen Flugplatz abzuholen.«
»Du willst selber fliegen?«
»Ich habe diese Maschine schon ein paarmal bei Flügen mit meinem Bekannten, dem Playboy, geflogen…«
»Und ich habe gehört, daß die italienischen Mädchen ganz schön rassig sein sollen«, murmelte Elsa.
»Und er hat die besten von allen«, versicherte ihr Wargrave. Er riß die beschriebenen Blätter von seinem Notizblock ab und sah Haller an. »So, jetzt müssen wir jede Minute ausnutzen, bevor wir uns in diese Abendmaschine nach Schiphol setzen. Ich habe eine ganze Reihe von Telegrammen, die chiffriert und an verschiedene europäische Abwehroffiziere geschickt werden müssen, um sie vorzuwarnen – Scholten in Den Haag, Franz Wander vom BND, Oberst Springer in Zürich und Oberst Molinari vom SIFAR in Mailand.«
»Du willst sie ins
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