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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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studiert sie irgendeine Art der Gestaltung. Ich sitze jetzt seit zwanzig Minuten da. Es ist nicht besonders voll. Sie hat mich noch keines Blickes gewürdigt, schon gar nicht, als ich hereinkam. Ich frage mich, wie lange sie es aushält. Ob sie einen neuen Rekord schafft. Sie unterhält sich am Tresen mit zwei charmanten Künstlertypen um die 25, die sie während ihrer Schicht besuchen kommen, um gratis Kaffee zu trinken.
    So ist das in dieser Art von Etablissements. Man sitzt erst einmal eine Dreiviertelstunde herum und wartet, und dann kommt die Bedienung schließlich, wenn man Glück hat, schlecht gelaunt und seufzend an den Tisch, weil man sie mit seinen Ansprüchen aus einem total interessanten Gespräch gerissen hat. Und das Schlimmste ist, wenn man ungeduldig wird und sie an den Tisch winkt, ein Affront. Sie guckt einem nicht in die Augen, sie lächelt und grüßt nicht, sie sagt nicht Bitte oder Danke . Vermutlich macht sie neben ihrem Kunst- oder Designstudium nur lauter wichtige und aufregende Dinge in ihrem wirklich wahren richtigen Leben, und sie ist immer auf eine Art zehnmal besser als man selbst und über diesen Job sowieso erhaben. Dann frage ich mich, warum Daphne mitten in der Woche in eine fremde Stadt kommen kann. Und ob es unverantwortlich von mir ist, sie so durch die Gegend reisen zu lassen. Ich stelle mir vor, wie Monika reagiert, wenn sie zufällig vorbeikommt und mich mit einem 13-jährigen Mädchen sitzen sieht und ich ihr erkläre, dass dies meine Nichte sei, von der ich noch nie erzählt habe und die noch nie aufgetaucht ist bislang. Ich sitze so, dass ich die Scheibe und die Straße davor und die Tür gut im Blick habe.
    Und insofern alarmiert es mich schon, als das Mädchen plötzlich in der Tür des Cafés steht, ohne dass ich sie vorher die Straße habe entlangkommen sehen. Und ich habe wirklich aufgepasst.
    Ich saß da mit dem gläsernen Aschenbecher in der Hand, um wenigstens irgendetwas in der Hand zu halten, den Blick auf die Tür gerichtet.
    Plötzlich, ansatzlos, steht sie da in der geöffneten Tür und schaut sich suchend im Raum um. Ich scheine der Einzige zu sein, dem dies als bemerkenswert auffällt, es gibt keinen Aufruhr, niemand schmeißt entsetzt seinen Tisch um, es ist nicht wie in den Filmen, wenn Godzilla plötzlich durch Tokio stapft oder Spiderman sich von Fassade zu Fassade schwingt. Da steht sie in der Tür, meine 13-jährige Superheldin, und kann mich nicht gleich orten, sie blickt unsicher umher, aber keiner findet es in irgendeiner Form bemerkenswert. Außer mir. Ich winke ihr zu, lächele, winke sie an den Tisch. Sie lächelt erstaunlich schüchtern zurück.
    »Wie funktioniert eigentlich dein Rückweg?«, frage ich, als sie sich zu mir an den Tisch gesetzt hat. Sie trägt eine sehr enge Jeans, Turnschuhstiefel, einen Schlabberkapuzenpulli und einen Koalateddyrucksack auf dem Rücken, die Haare wieder zum Pferdeschwanz gebunden. Diesmal ist sie geschminkt, die Augen sind schwarz umrandet. Nussbraune Augen.
    »Wie kommst du wieder nach Hause? Oder benutzt du dann auch die Bahn, so wie ich?«
    »Na«, sagt sie. »Ich kehre durch genau die Tür zurück, durch die ich hierhergekommen bin, die Cafétür.«
    »Also gibt es da so eine Art magisches Gedächtnis der Tür, oder wie? Jede Tür kann von deiner magischen Kellertür aktiviert werden?«
    »Genauso ist es. Und es ist an mich gebunden. Ich komme einmal hinein und einmal hinaus, nicht mehr und nicht weniger, und zwischendrin, davor und danach ist es eine Tür wie jede andere auch.«
    Wir gucken einer nicht mehr ganz so jungen Großstadtmutti mit Strickstulpen dabei zu, wie sie mühsam versucht, ihren äußerst voluminösen Kinderwagen durch die Tür zu bugsieren. Das ganze Café guckt. Natürlich springt ihr niemand helfend zur Seite, ich schon gar nicht.
    »Was den Nachteil hat«, sagt sie, »dass ich durch das Toilettenfenster ins Freie klettern muss, sollten wir noch irgendwo hinwollen. Es ist mitunter nicht ganz frei von Komplikationen. Sonst steh ich sofort wieder bei mir im Keller.«
    »Führt es nicht manchmal zu Aufläufen, wenn du so durch die Glastür ins Freie trittst und dich anschließend in Luft auflöst?«
    »Ach, die Leute sind so sehr mit sich beschäftigt, das fällt denen gar nicht auf, außerdem sehen sie eh bloß, was sie sehen wollen.«
    »Wie in dem Gedicht von Ringelnatz.«
    »Kenne ich nicht. Wie geht das?«
    »Weiß ich nicht mehr genau, irgendwie so: Man sieht nur das, was man kann

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