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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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Weibchen ist.
    »Ich weiß«, sage ich.
    »Ärger?«, fragt sie. Sie lässt Sand von einer Handfläche in die andere rieseln.
    »Jupp«, sage ich.
    »Frau?«
    »Freundin. Verlobte.«
    »Ich habe auch einen Freund.«
    »Weiß er, dass du hier bist? Warum ist er nicht da?«
    »Hatte ich keine Lust zu. Ich brauchte mal Luft zum Atmen, ich wollte einfach mal wieder länger einfach nur mit mir zusammen sein.«
    »Jetzt bist du mit mir zusammen«, sage ich.
    »Das ist ja fast das Gleiche, wir kennen uns ja gar nicht.«
    »Stimmt.«
    »Wollen wir uns jetzt ein Zimmer suchen?«
    Ich schaue sie interessiert an. »Findest du das nicht schäbig, wir reden über unsere Partner, und dann suchen wir uns gemeinsam ein Zimmer?«
    »Ach«, sagt sie, »es ist doch bloß Sex, das tut doch keinem weh, wenn es keiner weiß.«
    »Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.«
    »Genau«, sagt sie.
    »Hm«, mache ich.
    »Du solltest nicht zu viel nachdenken.« Sie legt ihre Hand in meinen Nacken. Ich nehme ihre andere, die freie Hand in meine und betrachte sie im blauer werdenden Dämmer. Ihre Finger sind lang und schlank, fast übernatürlich lang, so lang, dass es fast schon nicht mehr hübsch ist.
    Wir liegen auf der Wolldecke des Bettes, und ich habe ihr das Hemd und den Pullover hochgeschoben, ein breites Doppelbett, wir sind in einer winzigen Pension mit nur drei Zimmern gelandet, eine steile Holztreppe in den ersten Stock, eine Dame mit grauen Haaren, die uns gut gelaunt angefunkelt hat und erstaunlich gut Englisch und Deutsch spricht. Ich habe versucht, mit ihr Englisch zu sprechen, ich schäme mich immer für mein Deutsch im Ausland, das ist der Nachklang und Fluch der 80er-Jahre-Nationalscham, aber Silke hat sie völlig skrupellos auf Deutsch zugetextet und impertinente Fragen nach der Zusammensetzung des Frühstücks usw. gestellt. Toilette und Dusche befinden sich auf dem Flur, dafür gibt es in diesem Zimmerchen ein Waschbecken. Ich betrachte die Brüste, die wirklich sehr eigenartig aussehen, zwei Schläuche, zwei schlaffe, fleischfarbene Auberginen, die an ihrem Körper herabbaumeln.
    »Wir werden heiraten, bald«, sage ich, »in drei Monaten.«
    Vor dem Fenster hängen gereffte Rüschengardinen, man kann das Fenster bis zur Hälfte hochschieben. Wenn man sich aus dem Fenster beugt und nach links sieht, bekommt man eine Ahnung vom Meer, man hört es zumindest vor sich hin atmen, dieses dunkle, alte Tier. Gegenüber dem Fenster kommt nach drei Metern das nächste Haus, man blickt frontal auf eine beige eingedeckte Wand.
    »Dann muss man ja gratulieren«, sagt sie und streicht mir mit Fingernägeln durch die Haare. »Freust du dich darauf?«
    »Klar«, sage ich.
    Ich ziehe sie an mich und wir küssen uns. Sie fummelt an meiner Jeans herum, ich ziehe ihr den Pullover über den Kopf. Mein Handy klingelt, aber ich lasse es klingeln.
    Dann erhebe ich mich mit rotem Kopf, weil ich noch einmal auf die Toilette gehen will. Ich verharre vor der Zimmertür und lausche in das Haus hinab, kann von draußen aber kein Geräusch vernehmen. Ich öffne die Tür einen Spalt, nichts.
    Ich husche in den Flur. Das heißt, ich habe es vor.
    Ich schließe die Tür hinter mir. Ich stehe ohne Schuhe, mit heißen Wangen und im T-Shirt in einem Raum, der verblüffend meinem Wohnzimmer gleicht. Ich sehe mich eine Weile ausführlich um. Es kann keinen Zweifel geben: mein Wohnzimmer. Ich stehe zu Hause in meinem Wohnzimmer, die Hand noch auf der Türklinke. An der Wand das Bild eines sehr bunten, im All schwebenden Fisches, das ein Freund von mir in Öl gemalt und mir vor 14 Jahren geschenkt hat.
    Ich öffne die Tür wieder, aber hinter mir liegt nur noch der Flur meiner Wohnung, keine Chance, zurück nach Holland zu schlüpfen. »Mist«, sage ich.
    Ich denke an das Mädchen namens Silke, das halbnackt auf einem Pensionszimmerbett auf mich wartet, ich sehe sie vor mir, ich rieche sie noch, fühle sie noch zwischen meinen Fingern. Ich denke an meine Jacke, mein Portemonnaie, mein Handy, meine Schuhe, meine Schlüssel, die in ebenjenem Zimmer auf dem Stuhl liegen.
    »Kacke«, sage ich.
    Und ich denke an den Mietwagen vor dem Haus in Zandvoort, den ich eigentlich in Hamburg abgeben soll. Ich höre mich dem Menschen von der Autovermietung schon sagen, dass der Wagen vor einer bestimmten Pension in Zandvoort geparkt ist, am besten google ich ihm gleich die Telefonnummer, weil der Autoschlüssel sich ebenfalls dort befindet. Kurz denke ich darüber nach, jetzt

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