Lazyboy
vor die Hunde gehe, das ist mein voller Ernst. Ich würde sagen, dass es nicht in Europa ist, Afrika würde ich vielleicht sagen, aber sicher bin ich nicht. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, auch wenn das vielleicht etwas sonderbar klingt.«
»Sie wurden auch entführt, nehme ich an?«
»Nein«, sage ich, »zumindest nicht direkt. Ich weiß, dass das richtig bescheuert klingt, was ich sage, aber Sie müssen mir bitte glauben, bitte, ich bin nicht verrückt. Sie müssen mir helfen! Bitte suchen Sie mich und helfen Sie mir heraus, ich habe mich auf eine Art im ganz, ganz großen Stil verlaufen, und bitte helfen Sie dem Mädchen, es ist ernst, es ist ein Notfall, bitte.«
»Bleiben Sie mal bitte in der Leitung«, sagt die Stimme, und ich denke, was mich so ein Telefonat aus dem Nirgendwo mitten ins Herz des bürokratischen Nichts wohl kosten mag.
Dann ist die Stimme wieder da. »Hören Sie?«
»Ja«, schnaufe ich.
»Wir haben Sie jetzt orten können.«
Mein Herz macht den sprichwörtlichen Satz.
»Ja?«
»Sie befinden sich mit ziemlicher Sicherheit auf der Oberfläche des Planeten Buka Buka, das zeigt uns unser Hochfrequenztransmitter an.«
Ich brauche eine Weile, um zu verdauen, dass sich dieses Arschloch einen Scherz mit mir erlaubt.
»Ich möchte Ihren Vorgesetzten sprechen«, sage ich.
»Buka Buka«, sagt der Mann und lacht, und im Hintergrund höre ich einen weiteren Mann dreckig lachen.
»Sehr witzig«, sage ich beleidigt, »es handelt sich um einen Notfall.«
»Den Eindruck habe ich auch«, sagt der Mann. Dann schweigen wir beide, sieben Sekunden lang.
Die Nacht verbringe ich im Baum, weil ich das einmal in einem Film von Heinz Sielmann gesehen habe. Auf einem Baum ist man am sichersten vor wilden Tieren, vor kletternden Schweinen mit zerzaustem Fell zum Beispiel. Allerdings blenden sich jetzt auch die Bilder von Leoparden aus anderen Tierfilmen vor mein inneres Auge, die ihre Beute zum Verzehr auf die hohen Äste stattlicher Bäume zerren. Ich denke daran, wie ich mit Monika einmal eine Kanureise über die finnischen Seen unternommen habe und wir auf einem bereits überfüllten Rastplatz das Zelt in einer Mulde aufbauten, weil ich erst in jener Nacht, als ein gewaltiges Unwetter auf die Welt niederprasselte, verstand, dass es sich nicht empfiehlt, Zelte in Mulden aufzustellen. Ich denke auch daran, wie wir einmal zwei Wochen an der Ostseeküste in Heiligenhafen in einer gemieteten Hochhauswohnung verbrachten, mit täglichen Spaziergängen an die fast naturbelassene Steilküste und zum Minigolfplatz. Das war schon eher etwas für mich.
Die Dunkelheit ist tatsächlich wie ein Schwertstreich vom Himmel gefallen, eben war es noch hell, dann war es dunkel. Ich sitze steif da, voller Angst, vom Ast zu rutschen. Ich lausche in die tintenschwarze Umgebung hinein, die ein einziges Knacken und Zirpen ist.
Später in der Nacht träume ich, dass es hell geworden ist und ich mich vom Baum fallen lasse, weil mein taub gewordener Körper eine andere Art des Hinabsteigens nicht hergibt, es dauert eine Weile, bis ich alle Körperteile funktionsgerecht in Betrieb genommen habe. Ich träume, dass ich mich wieder auf den Weg mache und der Pfad rasch in eine breite Piste mit Reifenspuren im orangeroten Schlamm einmündet. Gleich nach der nächsten Pistenbiegung warten zwei Männer auf mich, Männer von ungefährer, dunkler Hautfarbe, unmöglich, ihre Herkunft einzuschätzen. Der eine Mann trägt einen Holzprügel, der andere Mann eine schwarze, sehr altmodisch wirkende Pistole, eine Art Revolver.
Beide Männer tragen weiße Oberhemden, der eine Khakishorts, der andere eine dunkelblaue Anzughose, sie sind beide barfuß mit roten Zehen vom Schlamm. Der Mann mit dem Knüppel spricht mich mit rasselnder Stimme an und ich verstehe, dass er mein Geld und meine Armbanduhr will. Aber er hört nicht auf zu sprechen, auch, als ich ihm das Geforderte ausgehändigt habe. Er zeigt auf meine Jacke und auf meine Jeans, also ziehe ich mich vor ihm aus, immer weiter deutet er, ich reiche ihm die Sachen hin, bis ich nackt vor den beiden Männern stehe.
Der zweite Mann lacht und zeigt mit seinem Revolver auf meinen Penis, der sehr klein und verwelkt aus mir herauslugt und sich sichtlich lieber ganz in den Körper zurückziehen würde. Der Knüppelmann holt mit seinem Prügel aus und schlägt mir hart und trocken gegen die Brust, er holt erneut aus und zieht mir den Holzknüppel über den Schädel, der Schmerz malt mir ein
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