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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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nur Daniela betrachtet mich sorgenvoll, wie mir scheint. Ich unterziehe den braunroten Inhalt des tiefen Tellers vor mir auf dem Tisch mit der kleinen, scheinbar dafür vorgesehenen Gabel einer ausführlichen Untersuchung. Es scheint sich um Gemüse zu handeln, das in einer gräulichen Flüssigkeit zu liegen gekommen ist, die nach schwermetallgesättigtem Eiter riecht.
    Ich hebe den Pokal mit der roten Flüssigkeit, der vor mir steht, und proste lächelnd in die Runde, weil jetzt alle die Gläser gehoben haben, anscheinend hat der Bürgermeister doch noch ein paar Worte gesprochen, zumindest schaut er mich erwartungsfroh an.
    Nach dem nächsten Gang, halbgare Alge mit einer Soße von gummiartiger Konsistenz, wird eine Pantomime von einer blau gekleideten Gruppe von Frauen und Kindern mit leuchtend geschminkten Gesichtern aufgeführt. Man hört nur das Atmen und Schnaufen bei den Bewegungen sowie das Quietschen der Gymnastikschuhsohlen auf dem Parkett. Es scheint um etwas sehr Bedeutsames zu gehen, was ich dem ständigen Augenrollen und Händeringen entnehme.
    Kulinarisch folgt eine turnbeutelgroße, gedämpfte Teigtasche, gefüllt mit irgendetwas Muffigem, dabei ergötzt uns ein Gesangstrio älterer Herren in smaragdgrünen Neopren-Anzügen. Sie variieren zwei sehr hohe, im Falsett herausgeschriene Töne, wobei sie Lautstärke und Intensität ziemlich eindrucksvoll zu steigern wissen. Ansonsten gibt es für mich Laien keine irgendwie erkennbare Entwicklung, keine sich ablösenden Melodien oder Themen, keine Strophen oder gar Refrains. Die Gesichter der übrigen Gäste sehen träumerisch verzückt aus.
    »Wo werde ich eigentlich schlafen?«, wende ich mich nach links, wo mir der Lehrer zur Seite gestellt ist, mein persönlicher Führer durch die Kapitale des Irrsinns.
    »Es gibt ein Haus, eine Hütte in der Nähe der Wand, die seit jeher für den Mittler vorgesehen ist. Sie können aber erst einziehen, wenn wir Klarheit haben, wenn Sie erfolgreich durch die Tür gegangen und zurückgekehrt sind, so will es die Prophezeiung.«
    »Klar«, sage ich.
    »Er kann vorerst bei mir übernachten«, sagt Frau Merbold, die quer über den Tisch unser Gespräch verfolgt hat. Sie schaut mir nicht in die Augen dabei.
    »Das wäre mir sehr recht«, sage ich und tupfe meine Lippen mit der zu sehr gestärkten Serviette ab.
    Ich lehne mich zurück und mir fällt ein, an wen mich dieser Lehrer die ganze Zeit erinnert. Auch das noch. Er erinnert mich an den späten Hermann Hesse, den vogelähnlichen Hesse, der auf den Knien durch die Tessiner Gartenarbeit robbte, nur dass der hier nicht so eine niedliche Vogelbrille mit Drahtgestell auf der Nase trägt.
    Daniela hält mir einen dampfenden Becher Tee hin. »Sie können mich Daniela nennen«, hat sie vor fünf Minuten gesagt. »Lazyboy«, habe ich gesagt, und sie hat nicht mit der Wimper gezuckt. Vermutlich denkt sie, dass dort, wo ich herkomme, die Hälfte aller kleinen Kinder so heißt. Wir haben uns kurz verschämt angelächelt, dann hat sie sich wieder der Küchenzeile zugewandt. Ich sitze auf dem Sofa im Erdgeschoss, das sie für mich bezogen hat, und betrachte die schwarze Scheibe hinter ihr, in der sie sich doppelt und verschwommen spiegelt. Ich betrachte ihre schmale Silhouette, den Schwung ihrer Schultern, den schmalen Rücken, die sanften Hüften. Ich gucke ihren Po an, trinke einen Schluck Tee und verbrenne mir den Gaumen. Ich gucke auf ihre Hose, eine Jeans, und ich frage mich, ob sich im Gegensatz zu den Kleidungsstücken oben im Schrank an dieser Hose ein Markenetikett befindet. Welche Marken man wohl trägt in Beek? Ich erhebe mich, um das eigenhändig zu prüfen. Gut, ich könnte auch fragen. Aber nachgucken scheint mir die bessere Lösung. Ich stelle den Becher auf einen kleinen, schwarz lackierten Tisch und nähere mich Daniela vorsichtig von hinten. Ihr grob gestrickter Pullover lappt über den Hosenbund. Vorsichtig hebe ich den Pulloverbund über ihren Gürtel. Kein Etikett, kein Markenemblem, nichts zu entdecken, lediglich Hose und Po. Daniela dreht sich um.
    »He«, sagt sie.
    Ich richte mich auf. Ihr Gesicht ist sehr dicht vor meinem, sie lächelt.
    »He«, flüstert sie noch einmal sanft, vorsichtig.
    Sie pflückt meine Hand vom Saum ihres Pullovers und legt sie sich auf die Schultern. »Nicht so stürmisch.«
    Ein unwiderstehlicher Duft geht von ihr aus. Sie duftet. Nach Fell und Katze. Eine Katze, die lange in der Sonne gelegen und ihr Fell mit der Zunge geputzt

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