Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
Vom Netzwerk:
Mann in einer beigen Jacke zu, der unter einem Baum steht und die Blätter betrachtet. »Ich komme von drüben! Ich komme in friedlicher Absicht! Ich soll hier eine Friedensbotschaft ausrichten!«
    Der Mann reagiert nicht. Eine Joggerin mit Pferdeschwanz verlangsamt ihren Lauf und bleibt mit hängenden Armen stehen. Ihr Mund klappt auf. Sie sieht aus wie eine angebrochene Milchtüte.
    »Ich bin von drüben«, rufe ich. Sie scheint eine Weile nachzudenken, wobei Luft durch ihren weit geöffneten Mund strömt, um das überlastete Gehirn zu kühlen.
    »Schön für Sie«, ruft sie dann, schüttelt den Pferdeschwanz und joggt weiter.
    Ich blicke mich um, kann aber weit und breit keine Brücke und kein Boot auf der Insel oder am anderen Ufer erkennen. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als meine Kleidung auszuziehen und durch die Beek ans andere Ufer hinüberzuschwimmen, einarmig, ein Bündel Kleidung und eine Papierrolle auf meinem Kopf über der Wasserlinie balancierend.
    Als ich mich am anderen Ufer mit meinem T-Shirt abtrockne und meinen Wollpulli überziehe, spricht mich das rothaarige Kind an, dass schon eine Weile an der Hand seiner Mutter da steht und mich fasziniert betrachtet.
    »Was machst du da?«
    Die Mutter lächelt schüchtern, sie weiß anscheinend nicht, ob ihr das fragende Kind peinlich sein soll.
    »Ich bin durch den See geschwommen«, sage ich. »Jetzt ziehe ich mich an.«
    »Warum?«, fragt mich das Kind
    »Warum ich durch den See geschwommen bin, oder warum ich mich anziehe?«
    »Ja.«
    »Äh. Ich bin durch die Tür da drüben auf der Insel gekommen. Ich komme von der anderen Seite der Wand. Ich komme von der anderen Seite von Beek.«
    »Warum?«
    »Ich bin der Mittler, ich übermittele eine Friedensbotschaft.«
    Ich deute auf die Papierrolle hinab, die zwischen seinen Füßen im Gras liegt.
    »Warum?«
    »Weil ich plötzlich in einem Kleiderschrank stand, und weil ich als Einziger in der Lage dazu bin, scheint es, durch diese Tür da zu gehen.«
    Bis auf Daphne vermutlich, denke ich.
    »Ach so«, sagt das Kind, es guckt noch eine Weile zu, wie ich versuche, in meine nassen Socken hineinzuturnen, schließlich aber bin ich ihm langweilig geworden und es zieht seine Mutter an der Hand.
    »Entschuldigung«, lächelt mich die Mutter über die Schulter noch an. »Sie sind durch die Tür da gekommen?«
    »Genau.«
    »Ich habe immer gedacht, dass sei bloß Kunst.«
    «Nee, nee. Die ist echt, die Tür.«
    Sie lächelt mir zu.
    Ich verlasse den Park und folge einer breiten Allee, die links und rechts von weißen Villen gesäumt ist. Die Passanten beäugen mich neugierig und nicht unfreundlich. Aber man lässt mich in Ruhe. Die Menschen wirken viel distinguierter als im anderen Teil der Stadt, zurückhaltender, besser gekleidet. Ich sehe Nadelstreifenanzüge, Businesskostüme, Pelzkragen, geputzte Schuhe.
    »Entschuldigen Sie«, spreche ich schließlich einen Mann an, der mir in einem grauen Anzug mit einem Aktenkoffer in der Hand auf dem Trottoir entgegenkommt. »Können Sie mir bitte helfen? Ich bin nicht von hier.«
    »Offensichtlich«, sagt der Mann nach einem raschen Blick auf meine Garderobe. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich suche jemanden, an den ich mich wenden kann, irgendeine offizielle Stelle oder etwas ähnliches. Ich überbringe eine Botschaft von drüben.«
    »Wie, drüben?«
    »Na, von der anderen Seite der Wand.«
    »Wirklich?«
    »Äh, ja.«
    »Interessant. Sie sind von der anderen Seite der Wand?«
    »Ja, von drüben.«
    »Toll! Wie haben Sie es geschafft?«
    »Na, durch die Tür.«
    »Welche Tür?«
    »Da ist doch eine Tür in der Wand.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Das wusste ich nicht. Interessant. Also, was kann ich für Sie tun?«
    »Ich möchte gerne wissen, an wen ich mich wenden kann, um meine Botschaft zu überbringen. Ich bin der Mittler.«
    »Oh, da bin ich überfragt. Vielleicht wenden Sie sich einmal an die Polizei?«
    »Ja, gut«, sage ich, »und wo finde ich die?«
    »Da kann ich Ihnen jetzt leider auch nicht weiterhelfen. Da müssen Sie noch einmal jemand anderes fragen, ja?«
    »Okay«, sage ich.
    Er schaut mich eine Weile leise lächelnd mit schief gelegtem Kopf an, als würde er einer geheimen, verspielten Melodie lauschen.
    »Sieh an, sieh an«, sagt er. »Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall noch einen guten Aufenthalt hier bei uns im schönen Beek.«
    »Danke«, sage ich. Ich fühle mich ausgelaugt. Meinen Auftritt habe ich mir anders vorgestellt. Heimweh nach

Weitere Kostenlose Bücher