Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition)
den Schlick tobte. Dabei kriegte es allerdings nicht immer die Kurve. Zweimal schlitterte es einfach in einen der Sprünge hinein.
»Ob das Spaß macht?«, fragte ich zweifelnd.
Nele sah mich strafend an, Wiebke grinste.
Bis Heiko als Siebter startete, gab es noch keinen Null-Fehler-Ritt. Dafür war Thorsten mit einer weiteren Schlammschicht bedeckt. Die Stangen waren ganz schönschwer und er konnte sie nur mit Ganzkörpereinsatz hochwuchten. Dabei wischte er die Hände gleich am T-Shirt sauber. Ich fragte mich, wo sein Daddy steckte. Schließlich entdeckte ich ihn am Rand des Platzes. Er schien sich angeregt mit jemandem zu unterhalten und war nicht halb so verdreckt wie sein Sohn.
»Da ist Heiko!«, jubelte Nele, während ich mich fragte, wer der Mann wohl sein konnte, mit dem Herr Reiser plauderte. Er kam mir vage bekannt vor, aber so recht fiel mir nicht ein, wo ich ihn vielleicht schon einmal gesehen hatte. Aber nun musste ich sowieso Heiko die Daumen drücken. Hatte ich diesen schwarz-weißen Turnierdress wirklich einmal affig gefunden? Heiko jedenfalls stand er absolut großartig, er wirkte erwachsener und ernster und so edel wie die Ritter in Kostümfilmen. Den Richtern und dem sonstigen Publikum schenkte er sein siegessicheres Grinsen.
Ich schmolz dahin.
Dann galoppierte Heiko an und sein Schimmel flog wie ein Wirbelsturm über den Parcours. Heiko ließ sich vom Schlamm nicht schrecken. Er lachte nur, wenn das Publikum aufstöhnte, weil der Schimmel ins Rutschen geriet. Manchmal schlitterten die beiden mehr über den Platz, als richtig zu galoppieren, aber Heiko hielt die Zügel fest und lenkte aus den engsten Kurven heraus entschlossen auf die Sprünge zu.
»Wie eine Katze«, bemerkte Tante Wiebke mit widerwilliger Bewunderung. Ich versuchte, mir diesen Ausdruck zu merken.
»Das Pferd ist sensationell. Aber der Knabe …«
Ihre weiteren Äußerungen gingen im Jubel des Publikums unter.
»Null Fehler in 63,9 Sekunden!«, verkündete der Sprecher.
Heiko strahlte, als er herausritt, und winkte ins Publikum. Erst ganz zuletzt schien ihm einzufallen, sein Pferd zum Dank zu klopfen.
Nele neben mir kriegte sich vor Begeisterung nicht mehr ein.
Nach Heikos sensationellem Ritt wurde das Springen endgültig zur Schlammschlacht. Jeder Teilnehmer versuchte, ihn zu übertrumpfen, und einer rutschte und schlitterte mehr durch den Schlick als der andere. Zwei kamen dabei zu Fall, aber es passierte wohl nichts Ernstliches. Drei schafften es ebenfalls ohne Fehler, aber keiner erreichte Heikos Zeit.
»Gewonnen!«, jubelte Nele. »Ich muss in den Stall, gratulieren!«
Ich fragte mich, ob die Mädchen dafür vorher Nummern gezogen hatten. Ansonsten stand die Schlange wohl von hier bis Düsseldorf.
Betont unauffällig verzog auch ich mich zu den Pferden.
Heiko stand mitten in einer Traube von Mädchen und kommentierte den Ritt. »In die Dreifache sind wir fast hineingeschlittert. Ich dachte echt, er kriegt die Kurve nicht mehr. Aber dann hat’s ja doch noch geklappt.«
Die Mädchen überboten sich in Lobeshymnen. Ich schlenderte vorbei.
»He, was machst du denn hier?«, rief mir plötzlich eines der Mädchen zu. Klar, ich fiel auf. Schließlich trugich kein Reitzeug – ich hätte besser meine neuen Reitstiefel angezogen als die coolen grünen Sneakers, die so gut zu meinem Shirt passten.
»Ach, die ist in so ’ner Anfängerabteilung. Mutter-Kind-Reiten oder Behindertenreiten oder was der Vorstand da neuerdings veranstaltet …«, antwortete ein anderes Mädchen. »Und macht heute den Waffelstand …«
Ich wurde rot.
Aber dann traf mich Heikos Blick. »Sie backt die besten Waffeln aller Zeiten!«, erklärte er und schenkte mir ein Lächeln, das mich zur meistbeneideten Person in diesem Stall machte. »Der entscheidende Energieschub vor dem Start, würde ich dir auch mal raten, Ronja … Wo ist die überhaupt?«
Heiko sah sich suchend um, bevor er sich wieder mir zuwandte. »Aber du musst mir mal sagen, wie du heißt. Schließlich kann ich dich nicht ewig Miss Rosa Gummistiefel nennen.«
Ich gewann meine Fassung zurück. »Wieso nicht? Ist doch cool!«
Ich grinste das Mädchen herausfordernd an, das sich neulich über mich lustig gemacht hatte. Dann rauschte ich hinaus. Er konnte mir ja nachlaufen.
Aber das tat er dann doch nicht.
Ich jedenfalls schlenderte weiter, als hätte ich im nächsten Stall dringend etwas zu tun – woraufhin ich mich prompt im Stallgang irrte. Statt zu den Schulpferden kam
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