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Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Titel: Lea - Untermieterin bei einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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er sich zögernd neben mich auf die Bank und hielt mir einen Teller und ein Glas hin.
    „Trink die Cola und iss etwas“, instruierte er mich.
    „ Ist das Diätcola?“, fragte ich nach.
    „ Ganz bestimmt nicht. Du brauchst den Zucker. Trink!“
    Jede Herzlichkeit war aus seiner Stimme gewichen. Er war ganz der strenge Arzt. Ich gehorchte und nippte an der Cola. Sie war süß und kühl und tat erstaunlich gut. Ich schlürfte das Glas leer. Tom nahm es mir aus der Hand.
    „Essen“, forderte er.
    Meinem Kreislauf ging es langsam besser. Doch ich folgte artig seiner Anweisung und schaufelte die verschiedenen Häppchen selig in mich. Als der Teller leer war, nahm Tom mir auch diesen weg.
    „Bist du wieder okay?“, fragte er sachlich.
    Ich nickte. „Danke, Herr Doktor“, murmelte ich belustigt.
    „Kann ich dich alleine lassen?“, fragte er freudlos.
    Was?!
    „Tom, es tut mir ehrlich leid“, beteuerte ich.
    Er nickte.
    „Habe ich schon verstanden. Ist alles bei mir angekommen, Lea.“
    Seine Stimme klang bitter. Was auch immer da angekommen war, es funktionierte nicht, um unsere Welt zu kitten.
    „Tom, warum bist du so sauer?“
    „ Mein Fehler“, sagte er nur und wollte gehen, doch ich packte ihn am Handgelenk.
    „ Was ist los? Wieso gibst du mir keine Chance, mich zu entschuldigen?“, wollte ich wissen.
    „ Dir tut der Kuss leid. Ich hab es kapiert. Vergiss es einfach. So wild war es nicht“, versicherte er mir und wollte wieder hinein. Mir dämmerte langsam unser zweites Missverständnis an diesem Abend.
    „ Tom nein. Ich wollte damit sagen, dass mir die Sache von vorhin Leid tut, als wir beim Speed-Dating saßen.“
    Er zog seine Augenbrauen irritiert zusammen.
    „Was genau tut dir Leid, Lea?“, fragte er mich bleiern.
    „ Ich wollte nicht sagen, dass Schneewittchen von keinem Vampir geküsst wird. Ich meinte doch nur, dass du kein Prinzenkostüm trägst, so wie es das Protokoll des Märchens vorschreibt“, versuchte ich es ihm zu erklären.
    „ Ach wirklich?“ Er sah mich misstrauisch an und ich nickte überzeugt. Tom ging vor mir in die Hocke und seufzte. „Da liegst du leider falsch, Lea“, sagte er und seine Augen schauten mich merkwürdig an. „Draculas Mutter war eine Prinzessin und die Walachei ein Fürstentum“, erklärte er.
    Ich sah ihn erstaunt an. „Dracula war adlig?“, fragte ich.
    „Durchaus.“ Er nickte schwach. Irgendwie sah Tom furchtbar traurig aus.
    „ Dann hast du alles richtig gemacht“, versuchte ich ihn aufzumuntern.
    „ Ach ja? Habe ich das?“ Bitterkeit schwang in seiner Stimme. „Wenn das so ist, warum sind dann die Dinge wie sie sind? Es ist wenig tröstlich, dass ich nicht einmal eine Chance habe, zu bekommen, was ich will, selbst wenn ich alles richtig mache. Das heißt doch, dass ich nichts ändern kann, wenn es nicht an mir liegt. Ich habe es nicht in der Hand.“
    Ich schluckte schwer. „Was willst du denn?“, fragte ich leise.
    „Warum denkst du, Lea, dass ich wohl vorhin glaubte, du würdest wieder nur auf meinen Zähnen herumreiten und mich als Vampir verspotten und beleidigen? Ich habe schon so viele Vampirwitze gehört in meinem Leben. Aber keiner macht sich so oft über mich lustig wie du. Keiner gibt mir so sehr das Gefühl, defekt zu sein wie du. Niemand sonst sieht so unerlässlich auf mich herab wie du. Ich würde mir wünschen, Lea, dass du mehr als nur meine langen Zähne an mir sehen könntest. Ja, ich bin Vampir. Aber ich bin auch Tom. Gönne mir doch ein wenig Persönlichkeit. Mach die Augen auf und sieh das große Ganze dieser Welt, statt nur deine kleine Insel aus Vorurteilen.“
    Er schüttelte den Kopf, stand auf und ging ohne sich umzusehen. Unseren Kuss erwähnte er nicht mehr. Aber mir fiel ein, dass er gesagt hätte, er sei nicht so wild gewesen. Etwas betäubt blieb ich zurück, denn noch immer spürte ich das Prickeln auf meinem Mund. Mir waren seine beiden Küsse durchaus bewusst. Und unter dem verwirrenden Beben meiner Lippen fühlte ich mich vor allen Dingen wie ein unglaublich schlechter Mensch. Es war das erste Mal, dass Tom mich so kritisiert hatte. War ich wirklich so grausam? Ich begriff, dass ich ihn ziemlich verletzt hatte, ganz gleich was meine wirklichen Absichten waren. Doch wenn ich diese einer eingehenden Untersuchung unterzog, musste ich zugeben, dass ich mich bisher wenig um Toms Gefühle geschert hatte. Dabei war er selbst stets zuvorkommend zu mir. Er war einer der freundlichsten Leute, die ich

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