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Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Titel: Lea - Untermieterin bei einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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kannte.
    Zitternd von der Kälte stand ich auf und huschte zurück zur Party. Ich fühlte mich wie ein Stimmungsfremdkörper, denn während alle um mich herum lachten und scherzten, war ich innerlich schal. Ich beobachtete, wie Sarah träumerisch mit Ronny tanzte, als eine Ballade aufspielte. Ich erspähte Miles mit Cleopatra und Colin mit der Schneekönigin. Ich sah Tom, wie er sich lächelnd mit Marilyn im Takt wiegte. Wieso juckte es mich, dass er einer anderen das Lächeln schenkte, das er mir verwehrte? Ich brauchte nun jemanden, der mich nicht für einen miesen Menschen hielt, jemand, der mir sagte, dass er mich mochte.
    Also ging ich zu Wolf, der mich hinter seinem Mischpult erspäht hatte und zu lächeln begann, als er sah, dass ich auf ihn zu steuerte. Ich erschien direkt an seiner Seite. Ohne ein Wort zu sagen, zog ich ihn an mich und schmiegte mich an seine kräftige Brust. Wolf verstand meine stumme Aufforderung sofort, barg mich in seinen starken Armen und eröffnete den Tanz mit mir. Wir kreisten abseits der Tanzfläche hinter seinem Reglertisch im sanften Takt der romantischen Ballade. Ich schlang meine Arme eng um seinen Hals und legte meinen Kopf an die Kuhle seines Schlüsselbeins. Einen Arm hatte er um meine Taille platziert, der andere schloss sich um meine Schulter. Ich spürte seinen Atem in meinem Haar und lauschte seinem Herzschlag unter meinem Ohr. Sein beschleunigter, kraftvoller Puls lullte mich ein. Ich schenkte dem Takt seines Lebens mehr Gehör als dem Takt der Musik.
    „Hey Lea“, seufzte er zufrieden und ich schloss meine Augen vor dem Rest der Welt. Wolfs rauchige Stimme lud mich ein und hieß mich willkommen. Für den Moment war ich kein schlechter Mensch mehr, sondern eine behütete Frau. Mir war egal, dass Sarah uns sehen konnte, dass Colin seine Konkurrenz bemerkte, dass Tom mich für eine verzweifelte Singlefrau hielt. Ich klammerte mich an das gute Gefühl, das Wolf mir bedingungslos gab.
    Ich atmete wohlig ein und roch seinen angenehm herben Duft. Ohne mein Zutun folgten meine Füße seiner Führung. Wir wiegten uns hin und her.
    „Jetzt bin ich ziemlich froh, dass ich keinen Death Metal aufgelegt habe“, gestand Wolf und ich hörte sein warmes Lächeln, ohne es zu sehen. Noch immer waren meine Augen geschlossen und die Dunkelheit meiner Augenlider wirkte wie ein isolierender Vorhang, unter dem es nur uns beide gab. Ich hatte Angst, wenn ich sie öffnete, dass die wohltuende Zweisamkeit platzte wie eine Seifenblase. Ich wollte die anderen nicht sehen, nicht die Skepsis in ihrem Blick, nicht den Neid der anderen Frauen und vor allem nicht Toms tadelnde Augen. Ich konnte auf jede Wertung verzichten.
    Wolf war ein prima Kerl und da, als ich ihn brauchte. Wenn man von Toms überirdischer Attraktivität absah, war Wolf der anziehendste Mann im Raum, kraftvoll mit kristallblauem Blick.
    „Hör nicht auf, mit mir zu tanzen, ja?“, bat ich ihn.
    „ Auf keinen Fall, Mylady“, versprach er. „Weißt du noch? Du bist in meinem Film.“
    „ Der mit dem Wolf tanzt “, flüsterte ich.
    „ Genau. Hier gibt es keine böse Stiefmutter“, begann er.
    „ Und niemand wird zum Kürbis“, setzte ich schmunzelnd fort, als ich an seine Worte über Cinderella dachte.
    „ Ich müsste dich sonst immer Pumpkin nennen“, zog er mich auf.
    „ Die Leute würden Suppe aus mir kochen“, mutmaßte ich.
    „ Das würde ich nie zulassen“, versprach Wolf. „Wo hast du deinen Apfel gelassen?“, raunte er in mein Haar. Ich schluckte schwer.
    „ Weggeworfen.“
    „ War er schlecht?“, fragte er überrascht.
    Nein, der Apfel war gut. Mir war nur schlecht und dann... warm und weich...
    „Da war ein Wurm drin“, log ich, obwohl es gleichzeitig stimmte, wenn man es bildlich meinte. Bei Tom und mir war irgendwie überhaupt neuerdings der Wurm drin. „Schneewittchen sollte keine Äpfel annehmen“, stellte ich einsam fest. „Äpfel sind katastrophal“, erklärte ich.
    Das hatte schon Eva merken müssen. Ein einziger Apfel hatte die Macht, ein Paradies dem Untergang zu weihen. Und was für Eva galt, war auch für Schneewittchen ein wahr gewordenes Verhängnis. Umso mehr, wenn sie von Dracula verführt wurde. Der Teufel steckte im Apfel. Aber ich hatte ihn doch weggeworfen und nicht gekostet. Wieso trieb mich dann dieser sündig süße Kuss um? Warum schmeckten Toms Lippen so verboten gut?
    Bestimmt, weil er nach so langer Zeit der Einzige war, der meinen Mund berührt hatte. Es lag unmöglich

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