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Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Titel: Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Powell
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müssen noch nach euch benannt werden?
    Welcher Arbeit Sie auch nachgehen, Sie haben einer Sache zu dienen. Gleichgültig, ob Sie für den Staat, das Militär oder ein Unternehmen arbeiten oder in einem anderen Bereich tätig sind: Sie sollten sich bemühen, selbstlos zu dienen. Und wenn der Zeitpunkt gekommen ist, sollten Sie zufrieden und dankbar Ihre goldene Uhr entgegennehmen und aussteigen, bevor jemand Sie aus dem Zug wirft. Setzen Sie sich mit einem Getränk in den Schatten und werfen Sie einen Blick auf die anderen Gleise und die Züge, die vorüberfahren. Schauen Sie Ihrem alten Zug nach, der in der Ferne verschwindet, und steigen Sie in einen anderen Zug, um zu einer neuen Reise aufzubrechen.

Steh nicht im Weg herum
    Beim Aussteigen kommt es nicht nur auf die Wahl des richtigen Zeitpunkts an, sondern auch darauf, wie man den Zug verlässt.
    In der Army gibt es eine alte Tradition: Ein Offizier, der einen Posten aufgibt, schreibt »ppc« auf die Rückseite seiner Visitenkarte und hängt sie in der Offiziersmesse ans Schwarze Brett. »Ppc« ist ein Akronym für den französischen Ausdruck
pour prendre conge,
was so viel bedeutet wie »in den Ruhestand treten«. Es ist die letzte Höflichkeitsadresse eines Offiziers, der endgültig aus dem Dienst ausscheidet.
    Umgangssprachlich lässt sich das auch so ausdrücken: »Wenn du fertig gepumpt hast, lass die Pumpe los.«
    In der Privatwirtschaft sieht man viel zu oft, dass sich Führungskräfte noch lange nach ihrem Rückzug aus den aktiven Geschäften an ihren früheren Posten klammern. Sie bekleiden ehrenamtliche oder ähnliche Posten, sie haben Büros und Sekretärinnen, schauen in Sitzungen vorbei, nehmen Vergünstigungen in Anspruch oder beziehen sogar Gehälter. Nur tragen sie keinerlei Verantwortung mehr und schulden niemandem Rechenschaft.
    In der Armee geht man, wenn es Zeit ist zu gehen. Ein scheidender Offizier erhält bei der feierlichen Übergabe des Kommandos eine Medaille, übergibt seinem Nachfolger die Fahne, hält eine kurze Ansprache und sieht zu, wie die Truppe zu seinen Ehren aufmarschiert. Dann schüttelt er dem neuen Kommandeur die Hand und verlässt den Exerzierplatz. Wenn er all das richtig gemacht hat, steht sein mit Koffern beladener Kombi im Hintergrund bereit. Der scheidende Offizier steigt mit seiner Familie in den Wagen und fährt zum Tor hinaus, während der neue Kommandeur die Ehrenformation abschreitet. Der Ehemalige muss darauf achten, die Rück- und Außenspiegel so zu drehen, dass er nicht sehen kann, was dort hinter ihm geschieht. Noch wichtiger ist, dass die Fenster geschlossen sind und das Radio läuft, damit er nicht hören kann, wie der Deckel der Mülltonne, in der seine großartigen Ideen begraben liegen, scheppernd zufällt. Es ist vorbei. Er hat seine Chance gehabt.
    Einige Monate lang werden die Leute anrufen, um ihm zu sagen, wie sehr sie ihn vermissen und wie furchtbar sie unter dem Neuen leiden. Das hat nichts zu bedeuten. Ein wenig Geduld, die Anrufe werden aufhören, bevor der Neue sein Brandeisen zum Glühen gebracht hat.
    Ich sage einem Nachfolger, dass ich ihn nie anrufen werde. Natürlich kann er mich gern anrufen, wenn er Fragen hat. Wenn wir vor seiner Beförderung zusammengearbeitet haben, hatte ich die Aufgabe, ihn auszubilden, damit er mich ersetzen konnte. Und genau das hat er jetzt getan.
    Ich hasse lange Übergabeverfahren. Studieren Sie einen neuen Aufgabenbereich gründlich, bevor Sie sich zum Dienst melden. Sie müssen alles Nötige wissen, bevor Sie das Kommando übernehmen, aber die Übergabe des Staffelholzes sollte rasch über die Bühne gehen. Seien Sie höflich und verbringen Sie ein wenig Zeit mit Ihrem Vorgänger, aber übertreiben Sie es nicht. Sie müssen nicht alles über seine Zeit auf diesem Posten wissen, und er hegt vermutlich einen gewissen Groll gegen Sie.
    Als ich Madeleine Albright an der Spitze des Außenministeriums ablöste, setzten wir uns in einem Zeitraum von zwei Monaten dreimal zusammen, einmal bei ihr zu Hause und zweimal in ihrem Büro. Sie war eine gute Freundin, und ich holte mir nützlichen Rat von ihr. Im Übrigen ließ ich sie in Ruhe.
    Nachdem ich das Ressort übernommen hatte, konnte ich mich jederzeit an Madeleine wenden, wenn ich Informationen brauchte, aber sie rief mich nie an und äußerte sich nicht öffentlich zu meiner Amtsführung. Vier Jahre später machte ich eine ähnliche Erfahrung, als ich das Amt an meine Nachfolgerin Condolezza Rice übergab.

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