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Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Titel: Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Powell
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ließ mich erst in Ruhe, als ich ihr erklärte, ich würde, wenn ich mich anstrengte, schon im Alter von 41 Jahren mit einer halben Rente in den Ruhestand gehen können. Für meine Einwandererfamilie war eine lebenslange Rente dasselbe wie ein Lottogewinn. Das Thema kam nie wieder zur Sprache.
    Ich wurde zum Oberstleutnant befördert. Alles, was danach kam, war für mich wie ein Vielfliegerbonus und ein Geschenk des Himmels.
    Beim Militär gilt eine strenge Regel, die gewährleisten soll, dass das Offizierskorps laufend erneuert und verjüngt wird: Man steigt auf oder scheidet aus. Ich empfand es als große Ehre, als ich im Jahr 1986 für die Beförderung zum Generalleutnant (ein Dreisternerang) ausgewählt wurde und das Kommando über das V. Korps in Deutschland erhielt.
    General John Wickham, der Stabschef des Heeres, der seit langem mein Mentor war, informierte mich in einem Brief über meine Beförderung und über mein neues Kommando, gratulierte mir und wies darauf hin, dass die Ernennung für zwei Jahre gelte. Sollte er mich nach exakt zwei Jahren nicht für eine weitere Dreisterneposition ausgewählt oder zum Viersternegeneral befördert haben, so erwarte er, an diesem Tag meine Bitte um Versetzung in den Ruhestand auf seinem Schreibtisch zu finden – sonst würde er an der Station auf mich warten, um mich aus dem Zug zu holen.
    Ich war nicht lange Korpskommandeur. Nach sechs Monaten versetzte man mich ins Weiße Haus, wo ich zunächst Stellvertreter des Nationalen Sicherheitsberaters wurde und anschließend seine Nachfolge antrat. Ich empfand es als große Ehre, für diese wichtigen Posten ausgewählt worden zu sein, aber meine militärische Laufbahn litt sehr darunter.
    »Wir dienen dort, wo wir gebraucht werden«, rief mir General Wickham in Erinnerung. »Zum Teufel mit dem beruflichen Werdegang.«
    Als die Amtszeit von Präsident Reagan endete, bot mir sein Nachfolger George H. W. Bush mehrere hochrangige Positionen in seiner neuen Administration an. Ich wandte mich an General Carl Vuono, den Stabschef des Heeres, und bat ihn um Rat.
    »Ich war in den letzten Jahren außerhalb des Militärs tätig und habe Chancen im zivilen Sektor«, sagte ich. »Daher nehme ich an, dass es an der Zeit ist auszusteigen. Aber die Army ist immer noch meine große Liebe. Ich würde gern beim Militär bleiben, werde aber akzeptieren, was immer Sie entscheiden.«
    »Die Army möchte, dass Sie zurückkommen«, sagte Vuono lächelnd, »und wir halten eine Viersterneposition für Sie frei.« Dies war einer der glücklichsten Augenblicke in meinem Leben.
    Als ich am nächsten Tag Präsident Reagan davon berichtete, fragte er: »Ist das eine Beförderung?«
    »Ja«, antwortete ich.
    »Das ist gut«, sagte er in der für ihn typischen einfachen, direkten Art.
    Der neu gewählte Präsident Bush war liebenswürdig und sagte, dass er mein Ausscheiden bedaure. Aber ich hatte den Verdacht, dass er auch erleichtert war, denn mit meinem Rückzug wurde ein Platz für eine der vielen Personen frei, die auf einen Job in seiner Administration hofften.
    Im Lauf der Jahre bin ich immer wieder Leuten begegnet, die nicht begriffen, dass sie sich ihrer Endstation näherten. Sie glaubten, ihre Fahrkarte gelte ewig. Immer wieder tauchten in meinem Büro Viersternegeneräle mit einer glänzenden Karriere von 35 Jahren auf, um mich anzuflehen, ich möge sie nicht in Pension schicken – als hätten sie einen Anspruch auf eine Lebensanstellung gehabt.
    Führungskräfte, die vom Präsidenten ins State Department geholt worden waren und jahrelang ihrem Herrn gedient hatten, waren schockiert, als ich ihnen sagte, dass es an der Zeit sei, in den Ruhestand zu gehen oder in eine andere Position zu wechseln. Einer von ihnen startete eine Lobbying-Kampagne, da er meinte, so etwas könne ich unmöglich von ihm verlangen. Ich tat es trotzdem. Überall im Ministerium war Gejammer und Zähneknirschen zu hören – allerdings nur, bis wir die feierliche Verabschiedung hinter uns gebracht hatten. Dann begannen die verbliebenen Leute, sich Gedanken darüber zu machen, was die Personalrochade für ihre eigenen Karrierechancen bedeutete.
    Der Kongress ist eine Einrichtung, in der es die Sesselkleber viel zu weit treiben. Gewiss, Erfahrung ist wichtig. Es kann durchaus im öffentlichen Interesse sein, dass jemand ein oder zwei Jahrzehnte im Parlament sitzt. Aber 30 und mehr Jahre? Macht Platz und gebt euren Urenkeln eine Chance! Wie viele Bundesgebäude und Straßen

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