Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)
des Präsidenten und aller Planer bei Desert Storm.
Weder bei der Planung noch während der Operation selbst wurde ein Marsch auf Bagdad in Erwägung gezogen, noch gab es entsprechende politische oder internationale Tendenzen. Wir hätten nicht die Unterstützung der UNO bekommen; wir hätten keine internationale Koalition zustande bringen können; und Präsident Bush verspürte nicht das Bedürfnis, ein Land zu erobern. Am Ende der Operation Wüstensturm stand die irakische Armee nicht mehr in Kuwait. Kuwait war fest in der Hand seiner Regierung. Es war ein militärischer und politischer Erfolg.
Ganz am Ende seiner Amtszeit entsandte Präsident Bush Truppen nach Somalia, um die Ordnung im Land wiederherzustellen und zu gewährleisten, dass Lieferungen von Nahrungsmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern die verzweifelten Menschen erreichten. Die Operation begann vor laufenden Fernsehkameras. Und natürlich mokierte sich die Presse über die Navy Seals, die auf allen Bildschirmen ans Ufer wateten. So viel zum Thema Überraschung. In Wahrheit wollten wir die somalischen Milizionäre, die der Bevölkerung das Leben schwer machten, gar nicht überraschen. Sie sollten sehen, was auf sie zukam. Wir wollten, dass sie Angst davor bekamen, was wir gegen sie aufboten, und unsere Sichtbarkeit in den Medien half uns dabei. Binnen weniger Wochen erreichten wir das Ziel, das wir uns gesteckt hatten.
Die neue Regierung Clinton verfolgte ein weitaus ehrgeizigeres Ziel. Sie machte es sich zur Aufgabe, eine Demokratie zu errichten, wo noch nie eine Demokratie existiert und wo noch nie ein großes Verlangen danach bestanden hatte. Erst als die tragische Schlacht um Mogadischu im Oktober 1993 , bei der mehrere »Blackhawk«-Hubschrauber abgeschossen wurden, die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens vor Augen führte, zogen sich die USA aus Somalia zurück.
Später, in Bosnien, tat Präsident Clinton das Richtige. Das serbische Militär führte in dieser Region des ehemaligen Jugoslawien gewaltsame und mancherorts zu Genoziden eskalierende ethnische Säuberungen durch. Die Situation war äußerst kompliziert. Es gab kein klares, erreichbares politisches Ziel und keine Möglichkeit, alle Maßgaben der Militärdoktrin zu erfüllen. Obwohl eine Anwendung der Regeln auf die Situation nicht möglich war, kam der Präsident zu dem Schluss, dass gehandelt werden musste. Binnen zwei Jahren verschärfte die NATO die militärischen Operationen gegen die Serben. Der Präsident behielt recht, und die NATO -Operationen führten zum Erfolg.
Im September 1994 hielt Präsident Clinton einen Militäreinsatz für notwendig, um Jean-Bertrand Aristide, den rechtmäßigen Präsidenten Haitis, den General Raoul Cédras aus dem Amt geputscht hatte, wieder einzusetzen. Als unsere Truppen sich sammelten und die Flugzeuge bestiegen, entsandte Präsident Clinton den ehemaligen Präsidenten Jimmy Carter, Senator Sam Nunn und mich, um General Cédras und die herrschende Militärjunta zum Rücktritt zu bewegen. Zwei Tage lang verhandelten wir mit Cédras und seinen Generälen.
Beim entscheidenden Treffen bat mich Expräsident Carter, ihnen darzulegen, was geschehen würde, falls sie nicht zurücktreten sollten. Ich schilderte, welche Streitmacht wir aufboten und welche Taktik wir anwenden würden. »Die Truppen werden morgen eintreffen«, teilte ich ihnen mit.
Cédras sah mich lange an und sagte, die Spannung lösend, schließlich: »Haiti hatte bisher die kleinste Armee in der Karibik. Morgen werden wir die größte haben.«
Cédras und die Junta sahen ein, dass es an der Zeit war, ihre Niederlage einzugestehen.
Als am nächsten Morgen die 82 . Luftlandedivision eintraf, wurde sie von General Cédras begrüßt. Nachdem alles vorbei war, fühlte ich mich an eine meiner klassischen Lieblingsmaximen erinnert, die bisweilen Thukydides zugeschrieben wird: »Von allen Spielarten des Machtgebrauches beeindruckt die Menschen die Zurückhaltung am meisten.«
In ihren Anfangsphasen waren die Invasionen 2001 in Afghanistan und 2003 im Irak äußerst erfolgreich. Kabul und Bagdad fielen schnell. Wir hatten die Regierungen entmachtet, aber der Mangel an klaren und erreichbaren Folgezielen oder an Mitteln zu ihrer Verwirklichung führte in späteren Phasen zu Fehlern, deren Korrektur Jahre und beträchtliche Truppenaufstockungen erforderte. Diese hätten gleich zu Beginn erfolgen sollen. Wunschdenken hatte die strategische Realität verdrängt.
Ich könnte viele
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