Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)
Lösungsmöglichkeiten eingehend prüfen, bevor wir uns für den Krieg entscheiden. Jede politische und diplomatische Anstrengung, unser Ziel zu erreichen, sollte unternommen werden, um Krieg zu vermeiden.
Ich hatte mir eine einfache Formulierung einfallen lassen, um diese Überlegungen für den Präsidenten zusammenzufassen: »Zerbrichst du es, gehört es dir.« So lautete meine Kurzformel für die unumstößliche Tatsache, dass wir von dem Moment an, da wir die Regierung eines anderen Landes gewaltsam stürzen, die neue Regierung sind, verantwortlich für die Lenkung des Landes und die Sicherheit seiner Bevölkerung, bis wir diese Aufgaben einer neuen, stabilen und handlungsfähigen Führung übertragen können. Einstweilen aber haben wir die Verantwortung, und wir müssen darauf vorbereitet sein, sie zu übernehmen.
Nachdem der Präsident meinen Ausführungen aufmerksam gelauscht hatte, bat er mich um einen Vorschlag. »Wir sollten das Problem vor die Vereinten Nationen bringen«, antwortete ich. »Der Irak verstößt gegen mehrere UN -Resolutionen. Die UNO ist die rechtlich geschädigte Partei. Mal sehen, ob es in der Frage der Massenvernichtungswaffen eine diplomatische Lösung gibt. Wird keine gefunden und ein Krieg lässt sich nicht mehr vermeiden, sind Sie in einer besseren Position, um bei anderen Nationen um Unterstützung in Form einer Koalition zu werben.«
»Allerdings«, setzte ich hinzu, »wenn die UNO zu unserer Zufriedenheit bestätigt, dass es im Irak keine Massenvernichtungswaffen gibt, wäre dieses Problem zwar gelöst, aber Saddam wäre noch immer an der Macht. Ist seine Eliminierung einen Krieg wert?«
Der Präsident und sein Nationaler Sicherheitsstab, darunter Vizepräsident Cheney und Verteidigungsminister Rumsfeld, stimmten diesem Vorgehen zu. Am 12 . September 2002 trug der Präsident in seiner jährlichen Rede vor der UN -Generalversammlung unsere Position vor. Dabei forderte er eine Resolution des Sicherheitsrats, in der der Irak schwerwiegender Verstöße gegen frühere UN -Resolutionen bezichtigt und aufgefordert wurde, über seine Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen Rechenschaft abzulegen.
Nach achtwöchigen intensiven Debatten und Verhandlungen verabschiedete der Sicherheitsrat einstimmig Resolution 1441 , in der der Irak zusätzlich für seine düstere Menschenrechtsbilanz und seine Unterstützung des Terrorismus verurteilt wurde.
Anfang März 2003 gelangten der Präsident und andere Regierungschefs zu dem Ergebnis, dass den UN -Bemühungen kein Erfolg beschieden sein würde, und es kam zum Krieg. Der militärische Sieg folgte schnell. Bagdad fiel am 9 . April 2003 . Hussein und sein Regime wurden gestürzt, und wir meldeten »Auftrag ausgeführt« und feierten den Sieg … und im Irak brach das Chaos aus. Wir bekamen das Land, insbesondere Bagdad, nicht unter Kontrolle. Wir hatten nicht die Fähigkeit mitgebracht, unseren Willen durchzusetzen. Wir übernahmen nicht die Verantwortung.
Und der Irak verwandelte sich keineswegs innerhalb weniger Wochen wie durch ein Wunder in ein stabiles Land mit demokratischen Strukturen. Stattdessen breitete sich wütender Aufruhr aus. Noch als das Land bereits auseinanderbrach, taten führende Mitglieder der Bush-Administration die Aufständischen als ein paar »Fanatiker« ab, die bald verschwinden würden. Sie verschwanden nicht.
Drei Jahre später erkannte der Präsident den Ernst der sich zuspitzenden Lage und befahl eine Truppenaufstockung, um die drohende Katastrophe abzuwenden.
Die Medien gaben der Formel »Zerbrichst du es, gehört es dir« einen Namen: Sie nannten sie die »Porzellanladen-Regel«. Der Ausdruck stammte nicht von mir, aber er war plastisch, einprägsam und traf den Nagel auf den Kopf, und die Presse hielt an ihm fest. Das Problem war nur, dass der Porzellanladen gar nicht entsprechend handelte und unzufrieden damit war, dass die Leute das Gegenteil annahmen. Und weil die Regel mit mir in Verbindung gebracht wurde, war er unzufrieden mit mir. Obwohl ich mir alle Mühe gab, das Missverständnis in einem Fernsehinterview auszuräumen, blieb der Name hängen. Und offen gestanden, ich war darüber nicht traurig. Die Porzellanladen-Regel erlangte, obwohl gar nicht befolgt, einen erstaunlichen Bekanntheitsgrad.
Eine weitere Wahrheit: An Läden und Handel hatte ich eigentlich nie gedacht, als ich mir »Zerbrichst du es, gehört es dir« einfallen ließ. Für mich geht es bei dieser Regel um persönliche
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