Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)
Zukunftserwartungen. Da es sich um eine sehr anspruchsvolle Gruppe handelte, hatten sie hochfliegende Pläne, wollten eine eigene Firma gründen oder Präsident ihres Landes werden.
Ich fragte sie, wie es ihnen in den Vereinigten Staaten gefallen habe. Vor allem wollte ich wissen, ob sie etwas überrascht oder besonders glücklich oder traurig gemacht habe.
Ich erntete fragende Blicke, aber das hielt nicht lange an – sie waren Teenager.
Ein junger Mann hob die Hand. »Einmal aßen wir in der Schule zu Mittag«, sagte er, »und ich war überrascht, sehr überrascht, als die amerikanischen Schüler über mich lachten, weil ich Ketchup auf meine Pizza tat.«
»Die meisten Amerikaner finden, dass auf einer Pizza schon genug Tomatenmark ist«, erklärte ich freundlich, wobei ich mühsam ein Schmunzeln unterdrückte.
Ein anderer junger Mann meldete sich. »Ich konnte es nicht fassen«, sagte er mit einem Ausdruck amüsierten Widerwillens, »dass sie Milch zur Pizza servierten.«
Wieder verkniff ich mir ein Schmunzeln. Aus Zeitgründen sah ich von erläuternden Ausführungen über den Einfluss der Milchlobby im politischen System der Vereinigten Staaten ab.
Dann hob ein junges Mädchen zögernd die Hand. »Ich würde Ihnen gern erzählen, was uns in Chicago passiert ist«, sagte sie.
Oje!, dachte ich.
»Nachdem wir einen Tag lang Sehenswürdigkeiten besucht hatten, gingen wir in ein Restaurant in der Nähe«, erklärte sie. »Ich glaube, es war ein Outback Steakhouse. Als wir gegessen hatten und die Rechnung kam, zählten wir unser Geld. Wir hatten zu wenig. Wir waren es nicht gewohnt, mit Dollars zu bezahlen. Wir konnten die Rechnung nicht begleichen.«
Da saßen sie, ein Dutzend Portugiesisch sprechender Kids ohne Begleitung, in der Filiale einer Restaurantkette und malten sich all die Schrecken aus, die zahlungsunfähigen Ausländern drohten. Als die Kellnerin wieder an ihren Tisch kam, beichteten ihr die Jugendlichen, dass sie nicht genug Geld für die Zeche hätten. Sie sah sie an, nickte und verschwand. Sie wussten nicht, was sie erwartete.
Nach ein paar Minuten kehrte die Kellnerin zurück. »Macht euch keine Sorgen«, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln.
»Müssen Sie nicht für den Fehlbetrag aufkommen?«, fragten sie bekümmert.
»Aber nein«, antwortete sie, und ihr Lächeln wurde noch breiter. »Ich habe mit dem Geschäftsführer über euer Problem gesprochen. Er übernimmt die komplette Rechnung, und lässt euch Folgendes ausrichten: ›Ich freue mich, dass ihr in unser Restaurant gekommen seid, und hoffe, es hat euch geschmeckt. Ich freue mich, dass ihr in unserer Stadt seid, und hoffe, ihr genießt euren Aufenthalt in Amerika.‹«
Sie waren sprachlos. Eine solche Freundlichkeit hätten sie nie erwartet.
Als das Mädchen mit der Geschichte endete, saßen die anderen schweigend da. Es war für sie alle eine eindrucksvolle Erfahrung gewesen. Wir hatten ihnen Kongressmitglieder, Kabinettssekretäre und andere hohe Amtsträger vorgestellt, aber der Geschäftsführer eines Restaurants in Chicago hatte den stärksten Eindruck auf sie gemacht und die nachhaltigste Erinnerung an Amerika bei ihnen hinterlassen.
Eine weitere junge Dame hob die Hand. »Wir sind in Chicago in unser Flugzeug gestiegen«, sagte sie. »Nachdem ich mich gesetzt hatte, nahm eine Frau neben mir Platz. ›Entschuldigung‹, sagte sie. Ich war verwirrt. ›Wofür?‹, fragte ich. ›Na ja‹, antwortete sie, ›ich habe Sie gestoßen, als ich mich hingesetzt habe. Ich hoffe, ich habe Sie nicht gestört.‹
Das werde ich nie vergessen«, schloss sie.
Eine einfache höfliche Geste hinterließ bei einer jungen Brasilianerin einen unauslöschlichen Eindruck. Es ist schwer zu sagen, warum. Vielleicht hatte sie eine so nahe liegende Freundlichkeit hier nicht erwartet, oder sie war eine solche Geste aus Brasilien nicht gewohnt. Aus welchem Grund auch immer, jedenfalls lebt der Augenblick in ihr fort.
Nach ihrer Rückkehr berichteten die brasilianischen Medien über die YA -Ehemaligen. Sie wurden zu Botschaftern des guten Willens im brasilianischen Volk, insbesondere unter den jungen Leuten. Heute gibt es Ehemalige in jedem brasilianischen Bundesstaat.
Noch hat es keiner der YA -Schüler zum Unternehmenschef oder Präsidenten seines Landes gebracht. Aber ein paar ragen schon heraus, zum Beispiel Casio.
Als Casio in seine Kleinstadt zurückkehrte, beschloss er, anderen von seinen Erfahrungen zu berichten. »Ich begriff, dass
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