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Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)

Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)

Titel: Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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widerfahren konnte. In den ersten Wochen danach hatte er bei ihm gewohnt und gesehen, wie er litt. Er konnte ihm nicht helfen, denn so gut ihr Vater-Sohn-Verhältnis auch war, eine enge Beziehung, die den Austausch über die tiefsten menschlichen Gefühle einschloss, hatten sie nie zueinander entwickelt. Jetzt saß der selbstbewusste Alexander Thal wie ein Bittsteller vor ihm.
    »Du verkennst den Ernst der Lage, Tobias. Da draußen läuft ein Wahnsinniger herum, der junge, hübsche Frauen betäubt, vielleicht sogar tötet, um sie in vorher wohl überlegten und inszenierten Posen zu fotografieren.«
    Thal deutete auf die zwölf Fotos, die er auf dem Schreibtisch seines Sohnes ausgebreitet hatte.
    »Ich habe keine Ahnung, warum er das tut, und weiß schon gar nicht, warum er ausgerechnet mir die Bilder schickt. Eins aber steht fest: Es wird mehr Opfer geben, wenn wir nichts unternehmen.«
    Durch die Schallschutzfenster des Redaktionsbüros drang dumpf der stampfende Rhythmus einer vorbeiziehenden Guggemusik. Thal deutet mit dem Kopf in Richtung Fenster:
    »Wahrscheinlich läuft der Verrückte da draußen rum auf der Suche nach seinem nächsten Opfer.«
    Tobias zuckte mit den Schultern.
    »Um das zu verhindern, ist es ohnehin zu spät.«
    »Mag sein«, antwortete Thal. Er senkte die Stimme.
    »Aber mein Gefühl sagt mir, dass es die ganzen Fastnachtstage weitergehen wird. Warum sollte er sonst ausgerechnet jetzt mit seinen Taten beginnen. Man beginnt doch nicht am Fastnachtsdienstag an und hört am Donnerstag schon wieder auf.«
    »Du meinst, er wird bis Aschermittwoch weiter ...«
    Was eigentlich, fragte sich Tobias. Vergewaltigen, verletzen, morden?
    Sein Vater riss die Aufmerksamkeit an sich.
    »Kannst du nicht wenigstens einen Artikel schreiben, in dem du Frauen zu besonderer Wachsamkeit gegenüber Unbekannten aufforderst? Vor allem sollen sie sich bei uns melden, wenn sie das Gefühl haben, Opfer eines Übergriffs geworden zu sein, ohne sich an die Geschehnisse genau erinnern zu können.«
    Tobias lachte auf.
    »Hunderte von Frauen werden morgen früh nicht mehr so genau wissen, was in der Nacht passiert ist.«
    Als er spürte, dass sich sein Vater über diese flapsige Bemerkung ärgerte, setzte er eine ernste Miene auf.
    Alexander Thal nahm je ein Bild der beiden Frauen, auf denen ihr Gesicht möglichst natürlich aussah, und schob es seinem Sohn zu.
    »Hilf uns wenigstens, die Identität dieser Frauen zu klären.«
    »Wie stellst du dir das vor? Soll ich etwa diese Fotografien ins Blatt nehmen, ohne mich um etwaige juristische Probleme zu kümmern? Persönlichkeitsrechte, Recht am eigenen Bild, Urheberrechte – der Verlagsleiter bringt mich um.«
    »Und wenn ich dich darum bitte?«
    »Paps, so gerne ich dir helfen würde, aber deine Bitte nützt mir nichts. Bring mir ein Schreiben deines Chefs auf dem Briefpapier des Präsidiums mit Unterschrift und Siegel, in dem er mich um einen Fahndungsaufruf bittet. Vorher kann ich nichts tun.«
    Thal drückte sich mit den Armen mühsam aus seinem Stuhl. Zum ersten Mal fühlte Tobias, dass sein Vater alt wurde. Er tat ihm leid. Und er hatte eine Idee. Aber darüber musste er in Ruhe nachdenken.
     
     
    ***
     
     
    Eine halbe Stunde später betrat Thal das Polizeipräsidium. Die Hektik war greifbar. Uniformierte Beamte rannten aus dem Gebäude zu ihren Fahrzeugen, andere kamen von einem Einsatz zurück, randalierende und volltrunkene Narren vor sich her in Richtung Zellentrakt schiebend. Vor dem Dauerdienst saß ein Mann zusammengesunken vor sich hinstöhnend. Um den Kopf hatte er einen Verband, der sich an der linken Schläfe vom Blut leicht rot färbte. Als sich die gegenüberliegende Tür öffnete, blickte Thal den herausstürmenden Kollegen fragend an.
    »Massenschlägerei am Bahnhof. Ihn hat es noch am wenigsten erwischt, vielleicht kann er die Täter identifizieren.«
    Auf dem Flur des KK 1 war es ruhig wie im Zentrum eines Orkans. Die Tür zum Büro von Bettina Berg stand auf. Sie beugte sich mit Frank Auer über eine Akte. Es war nicht zu übersehen, dass der smarte Kollege versuchte, einen Blick in ihren Ausschnitt zu werfen.
    »Störe ich?«
    Die beiden hoben gleichzeitig die Köpfe.
    »Hallo Alexander! Schön, dass du wieder an Bord bist.«
    Bisher war Thal ein Treffen mit dem Kollegen Auer erspart geblieben, der den ganzen Tag gemeinsam mit Adrian Gerth die Nachbarn ausgeraubter Villen befragt hatte. Die Kurzprotokolle dieser Vernehmungen lagen jetzt auf dem

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