Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)
Bewegung. Ein imposanter Festwagen in Form eines Elefanten fuhr vorbei. Die beiden Polizisten tranken schweigend ihren alkoholfreien Punsch und beobachteten aufmerksam die Menge. Nichts Auffälliges.
Etwa zehn Minuten später, Thal hatte bereits seinen Becher zerknüllt und zu dem anderen Müll gelegt, der sich am Fuße einer Straßenlaterne stapelte, fasste ihn Bettina Berg erneut am Arm.
»Ich muss mal für kleine Mädchen.«
Sie deutete auf die Gaststätte zehn Meter rechts von ihnen. Ihr Gesicht war kalkweiß.
»Alles in Ordnung?«, fragte Thal.
»Na klar. Mir ist nur immer noch kalt.«
***
Der Verkäufer musste sich vertan haben. Anstatt alkoholfreien hatte er ihr doch einen richtigen, ordentlichen Punsch verkauft. Musste eine ganz schöne Dröhnung sein, so schwindlig, wie ihr war. Was wollte bloß dieser Idiot mit dem Bärenkostüm dauernd von ihr? Erst sorgte er fast dafür, dass sie sich den heißen Punsch über die Hände goss, und jetzt betatschte er sie ständig. Wo ist Alexander? Komisch, gerade war er noch da. Egal. Es ist Fastnacht, und alle feiern. Und der Bärenmann will auch nur Spaß.
»Komm, Balu!«
Sie winkte mit der Hand und neckte ihn.
»Bist du inzwischen Vater geworden, oder was ist das auf deinem Rücken? Du bist mir ja einer! Was sagt denn Mogli dazu?«
Sie kicherte, beugte sich nach vorne und schlug sich mit den Händen auf die Oberschenkel. Das nützte der Bärenmann aus. Er drängte sich von hinten an sie, schlang ihr die Arme um die Brust und zog sie nach unten.
»Hey, sachte! Du bist von der ganz schnellen Truppe, was?«
Mein Gott, was hatte sie da bloß getrunken? Alles drehte sich um sie herum. Sie musste sich setzen. Wenigstens für einen Moment. Sie ließ sich nach hinten fallen. Auch der Bär verlor das Gleichgewicht. Er landete auf dem Hintern und hielt sie auf seinem Schoß fest.
»Hey Balu«, rief einer aus der Menge.
»Deine Freundin hat genug. Trag sie besser nach Hause.«
***
Wo blieb sie nur? Thal blickte sich beunruhigt um. Bettina war jetzt zehn Minuten weg. Sie sah nicht gut aus, als sie ging. Schwankte sie nicht ein bisschen? Je länger es dauerte, desto unruhiger wurde Thal. Es sah ihr nicht ähnlich, so lange wegzubleiben, ohne ihn anzurufen. Er überprüfte zum dritten Mal sein Handy. Das Display zeigte keinen Anruf an, den er wegen der vorbeiziehenden Musikgruppen vielleicht verpasst hatte. Er konzentrierte sich darauf, was in den Minuten geschehen war, bevor Bettina ihn verlassen hatte. Verdammt! Dieser rüpelhafte Bär! Er drehte sich auf dem Absatz um und stieß fast eine kleine Indianerin um, die direkt neben ihm stand. Er ignorierte den vorwurfsvollen Blick der Mutter und rannte zu dem Lokal. Der Gastraum war proppenvoll mit Menschen, denen der Zug wegen der Kälte egal war. Kein Durchkommen. Thal hielt seinen Dienstausweis in die Höhe und fragte schreiend nach der Toilette. Eine dicke, in Federboas gehüllte sechzigjährige lachte ihn an.
»Netter Versuch, mein Süßer. Aber da wirst du dich anstellen müssen wie alle anderen auch.«
Unsanft kämpfte sich Thal durch die Menschenmassen nach hinten. Endlich erreichte er die Toiletten. Er stürmte in den Waschraum der Frauen, wo zwei aus ihren Katzenkostümen quellende Mittvierzigerinnen ihr Make-up richteten. Die Erste hob ihren Stoffschwanz und schlug spielerisch nach ihm.
»Was für ein ungezogener Kater.«
Die andere bemerkte ihn erst jetzt. Sie kreischte:
»Raus, du Schwein!«
Thal rief Bettinas Namen. Keine Reaktion. Er rannte in die Männertoilette. Auch hier war sie nicht.
Zurück auf der Straße, hastete Thal über den Stephansplatz Richtung Wessenbergstraße. Er schaute sich ständig nach einem Bären um.
Da! Thal rannte auf den Typ zu und rammte ihm mit voller Kraft den Kopf gegen die Schulter. Der Bär kippte augenblicklich nach hinten und blieb liegen. Thal zog ihm die Maske vom Kopf.
»Bist du von allen guten Geistern verlassen?«, schrie ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht ein sechzigjähriger, weißhaariger Mann an.
Thal murmelte eine Entschuldigung und rannte weiter. Sein Herz raste, während er von einer Seite auf die andere blickte. Kein Mann im Bärenkostüm. Auch Bettina war wie vom Erdboden verschwunden.
***
Wann hört sie endlich mit diesem blöden Gekicher auf!
Speer schleppte Bettina hinter sich her, die kaum noch die Beine hob. Die euphorisierende Wirkung der Tropfen hielt bei ihr lange an.
»Bist eine
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