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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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ein Schiff einer englischen Fluchthilfeorganisation
übergeben. Was aus ihnen in den Jahren danach geworden ist, war in der Kürze
der Zeit nicht herauszubekommen. Du solltest also erst einmal davon ausgehen,
dass Haus und Kutter wirklich rechtmäßig und im Einvernehmen mit den früheren
Besitzern an deinen Großvater und damit jetzt an dich übergegangen sind.«
    Leander wollte gerne Lenas positiver Bewertung der Situation
folgen und an die Unschuld seines Großvaters glauben, aber er konnte nicht. Was
bewiesen die Aussagen der Raabes denn schon? Dass Hinnerk sie außer Landes
gebracht hatte, sicher. Aber welchen Preis er dafür verlangt hatte, war damit
noch nicht geklärt. Sie hatten ihrem früheren Angestellten Haus und Kutter
übereignet, augenscheinlich ohne eine Reichsmark dafür bekommen zu haben. War
das der geforderte Gegenwert für ihr Leben gewesen? Aber warum hatten sie das
dann dem Secret Service gegenüber verschwiegen? Nach dem Krieg hätten sie einen
Antrag auf Rückübereignung stellen können. Oder hatten sie beschlossen, nicht
mehr zurückzukehren? Einige ihrer Glaubensbrüder in Israel, die in Deutschland
geboren und aufgewachsen waren, weigerten sich für den Rest ihres Lebens, die
Sprache der Mörder zu sprechen, geschweige denn je wieder einen Fuß auf
deutschen Boden zu setzen.
    Leander hatte einen Moment lang das Gefühl, der Boden unter den
Füßen beginne zu schwanken; eine Reaktion, die ihm eindrücklich vor Augen
führte, wie wackelig der familiäre Grund war, auf dem er stand. Solange nicht
eindeutig klar war, dass sich sein Großvater nicht am Elend anderer Menschen
bereichert hatte, würde sich an dieser Unsicherheit nichts ändern, da machte er
sich gar nichts vor.
    »Gregor«, fuhr Lena fort, die offenbar ahnte, was in Leander
gerade vor sich ging, »hat darüber hinaus betont, dass auf diesem Weg bis 1944
sehr viele jüdische Flüchtlinge nach England gekommen seien.«
    »Haben andere Emigranten etwas über den Preis für ihre Flucht
ausgesagt?«, erkundigte sich Leander.
    »Davon hat Gregor nichts gesagt, und ich habe auch nicht daran
gedacht, danach zu fragen. Interessant ist allerdings noch, dass ab 1944 nach
der Landung der Alliierten in der Normandie der Kontakt nach Föhr schlagartig
abgebrochen sein soll, was sich der Secret Service damals auch nicht erklären
konnte.«
    »Das heißt, danach ist niemand mehr in England angekommen, der
über Föhr herausgeschleust worden ist?«, hakte Eiken nach.
    »Jedenfalls nicht, soweit mein Bekannter in der kurzen Zeit
nachweisen konnte.«
    »Warum?«, fragte Leander, dem der etwas erstaunte, wenn nicht
gar erschrockene Unterton in Eikens Stimme nicht entgangen war.
    »Mein Großvater hat mir einmal erzählt, sie hätten bis zuletzt
als Fluchthelfer gearbeitet«, antwortete sie.
    »Nach Weihnachten kann ich der Sache ja noch einmal genauer
nachgehen«, versprach Lena, und zu Leander gewandt fuhr sie fort: »Auf jeden
Fall würde ich an deiner Stelle so lange davon ausgehen, dass alles in Ordnung
ist, bis du eindeutige Gegenbeweise hast. Es macht doch keinen Sinn, bei einer
Fifty-Fifty-Situation vorsorglich schon einmal die schlechtere Variante zu
unterstellen.«
    Sie schenkte sich Kaffee ein, trank einen Schluck, sortierte
ihre Aufzeichnungen vor sich neu und sagte dann: »Gut, bleibt noch die Nordfriesische
Haus-und Grundstücks GmbH in Hamburg. Die Kollegen von der Wirtschaft haben
überhaupt keine Informationen über den Laden, das heißt, dort ist die Firma
noch nicht durch Gesetzesverstöße in Erscheinung getreten. Auch bei uns, beim
OK, liegt absolut nichts gegen die vor. Ich bin dann über die Gewerbeaufsicht
gegangen und über den Ring Deutscher Makler. Dabei habe ich Folgendes erfahren:
Hauptgesellschafter sind zwei Frauen hier auf Föhr, nämlich Grit Jessen aus Wyk
und Hanne Petersen aus Utersum.«
    Eiken lachte laut auf und erklärte auf den erstaunten Blick der
anderen beiden: »Das sind die Ehefrauen des alten Jessen und des alten
Petersen.«
    »Der Makler und der Rechtsanwalt«, erläuterte Leander Lena, die
mit den Verhältnissen noch nicht vertraut sein konnte, »die mit Hinnerk
angeblich so eng befreundet waren, dass sie für dessen sagenhafte
Geldvermehrung gesorgt haben sollen.«
    »Nun, so geheimnisvoll ist das gar nicht. Es gibt noch ein paar
stille Minderheitsteilhaber, genau drei übrigens, nämlich Heinrich Leander,
Wilhelm Jörgensen und … Moment …«
    Sie blätterte noch in ihren Unterlagen, als Eiken

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