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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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Küche. Eiken hatte inzwischen eine dritte Tasse und einen
Teller auf den Tisch gestellt und saß am Fenster. Sie blickte hinaus und wärmte
sich an ihrer Kaffeetasse die Hände.
    »Mein Auftritt eben tut mir leid«, sagte Lena und reichte ihr
die Hand. »Lena Gesthuysen.«
    »Eiken Jörgensen. Ich kann verstehen, dass Sie sauer sind, wenn
man Sie an der Fähre stehen lässt. Und dann das hier …«
    Sie wies mit der Hand auf den Frühstückstisch. Leander schenkte
Lena Kaffee ein, und sie setzten sich zu Eiken. Lena nahm ihre Schultertasche
ab – erst jetzt bemerkte Leander, dass sie sie die ganze Zeit über nicht
abgelegt hatte – und hängte sie über die Stuhllehne.
    »Schön, dass du noch durchgekommen bist«, sagte Leander. »Ich
hatte schon befürchtet, dass die Fähre es nicht mehr durch das Eis schafft.«
    »Das passiert im Winter schon mal«, bestätigte Eiken. »Wenn der
Nordost so anhält, ist spätestens nach Weihnachten damit zu rechnen. Dann ist
das Fahrwasser dicht. Am Strand schieben sich jetzt schon die Eisplatten übereinander.
Wie lange werden Sie bleiben?«
    »Bis Neujahr, dann muss ich wieder in den Dienst. So einen
Luxus wie Henning kann ich mir leider nicht leisten.«
    »Hast du etwas Interessantes herausgefunden?«, fragte Leander.
    »Wie man’s nimmt«, begann Lena und griff nach ihrer
Schultertasche, um einen Stapel Blätter herauszuziehen, die sie vor sich auf
den Tisch legte und glatt strich. »Zunächst einmal habe ich beim K1 in
Flensburg nachgefragt, ob es neue Erkenntnisse zum Tod deines Großvaters gibt.
Die waren etwas kurz angebunden da, haben es natürlich nicht gern, wenn sich
das LKA von außen einmischt. Ich habe versucht, sie zu beruhigen; keine Ahnung,
ob mir das gelungen ist. Auf jeden Fall hat die Obduktion keinerlei zwingende
Hinweise auf Fremdeinwirkung ergeben. Genaueres wollten mir die Kollegen nicht
sagen. Du bekämst ja dann Mitteilung durch die Kollegen, die die Ermittlung
leiten.«
    Leander nickte, und Eiken fragte: »Und was heißt das jetzt
genau?«
    »Dass man aus der Obduktion keinen Mord herleiten kann,
allerdings kann man ihn wohl auch nicht ausschließen. In der Konsequenz wird
der Fall sicher bald zu den Akten gelegt«, erklärte Lena. »Wichtiger aber sind
die Kaufverträge für Haus und Kutter, das heißt, Kaufverträge sind es nicht,
eher Übertragungsurkunden, allerdings sind sie rechtskräftig und nicht zu
beanstanden. Ich habe dann über das Auswärtige Amt überprüft, was aus der
Familie Raabe geworden ist. Die waren da auch nicht gerade erfreut über ein
solches Anliegen kurz vor den Feiertagen, aber ich habe seinerzeit mit einem
der Höheren Beamten das Abitur abgelegt – Gregor Hellmann. Da lässt sich dann
schon mal der ganz kurze Dienstweg einschlagen.«
    »Hört, hört«, meinte Leander und forschte in Lenas Augen nach
verräterischen Hinweisen; gleichzeitig ärgerte er sich über seine Eifersucht.
    Lena überging den Einwurf und fuhr mit Blick auf ihre Notizen
fort: »Außerdem war die Recherche leichter als befürchtet. Gregor hat mich
etwas überheblich darauf aufmerksam gemacht, dass man nur wissen müsse, wo man
zu suchen hat. Ich habe den schon in der Schule nicht ausstehen können.«
    »Und das heißt?«, fragte Eiken, deren Abneigung gegen
Klugscheißer man ebenfalls ihrem Gesicht ansehen konnte. »Ich meine, wo muss
man nach Ansicht deines Bekannten suchen?«
    »Im Bundesarchiv in Berlin. Das Auswärtige Amt hat da natürlich
Direktzugriff. Er hat die sogenannte ›Liste der jüdischen Einwohner im
Deutschen Reich von 1933-1945‹ eingesehen und anschließend beim Internationalen
Suchdienst die ›List of Jewish Residents‹. Dieser Liste war ein
Emigrantenverzeichnis angehängt. Wusstet ihr, dass fast zweihundertfünfzigtausend
Juden das Deutsche Reich verlassen konnten? Ich habe gedacht, die Emigranten
seien in verschwindend geringer Zahl aus Deutschland entkommen, wenn sie
überhaupt von einem Land aufgenommen wurden. Da sollen ja auch viele abgewiesen
worden sein. Allein 132   000
sind nach dieser Liste von den USA aufgenommen worden.«
    »Komm zur Sache, Lena. Was ist mit Wilhelm Raabe«, drängte
Leander ungeduldig.
    »Die Familie Raabe wurde am 13. November 1938 als
Emigrantenfamilie registriert. Bei der damals üblichen Befragung durch den
Secret Service hat das Ehepaar einhellig ausgesagt, ein Fischer namens Heinrich
Leander aus Wyk auf Föhr habe sie heimlich außer Landes geschafft und auf hoher
See vor Dänemark an

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