Leander und der tiefe Frieden (German Edition)
Außerdem habe ich Zeit. Mein Lohn wird sein, dass
ich Klarheit darüber bekomme, ob ich Hinnerks Erbe annehmen kann oder nicht. Es
steht also eine Menge für mich auf dem Spiel. Außerdem ist es die einzige
Möglichkeit, die Fragen beantwortet zu bekommen, die Hinnerk mir nicht mehr
beantworten kann.«
»Verdammt viele gute Gründe«, stimmte Lena zu, Leander hörte
aber durchaus den ängstlichen Unterton. »Und deshalb warst du dann auch außer
Haus, um gleich mit deinen Recherchen zu beginnen?«
»Just!«, antwortete Leander und merkte selbst an dem
schelmischen Ton, dass von seinem alten Tatendrang noch nicht alles verloren
war, nachdem er in den letzten Tagen so sehr aufs Abwarten angewiesen gewesen
war. »Ich war im Colosseum . Dort weiß man aber nichts über den Engländer,
nur dass er eigentlich für zwei Wochen gebucht hatte und schon nach einer Woche
verunglückt ist. Gepäck oder dergleichen hat man dort nicht mehr von ihm, das
hat die Polizei ja mit der Leiche zurück nach England geschickt.«
In diesem Moment klopfte es an der Haustür.
»Bestimmt Frau Husen«, befürchtete Leander und erhob sich.
»Oder die Kollegen verabschieden sich doch persönlich«,
ergänzte Lena.
Entsprechend erstaunt war sie, als Leander mit einer jungen
Frau zurückkam.
»Meine Lebensgefährtin und Kollegin«, stellte Leander Lena vor.
»Und das ist Frau Kneelsen. Sie arbeitet im Hotel Colosseum .«
»Tja«, begann Frau Kneelsen. »Ich weiß gar nicht, wie ich es
sagen soll. Sie haben vorhin nach dem Engländer gefragt, der verunglückt ist.«
Sie zögerte einen Moment und wand sich sichtlich.
»Nur Mut, Frau Kneelsen«, sagte Lena. »Weshalb sind Sie hier?«
»Nun, Herr Leander hat gefragt, ob wir noch Gepäck von diesem
Herrn Williamson haben, aber da ist ja nichts mehr.«
»Das haben Sie mir schon im Hotel gesagt«, erklärte Leander
ungeduldig.
»Ja, schon, aber eines habe ich Ihnen nicht gesagt … und auch
der Polizei nicht … und mein Freund, der Ferdi, meint, ich müsste das aber
sagen, nur, zur Polizei traue ich mich nicht.«
»Also?«, drängte Leander, und als sie immer noch zögerte,
versprach er: »Ich kann Ihnen nichts zusagen, aber wenn es geht, werden wir
Ihre Information vertraulich behandeln.«
»Gut«, begann Frau Kneelsen und richtete sich deutlich auf.
»Also, der Ferdi übernimmt im Hotel häufig die Schicht für den Nachtportier,
wenn es dem nicht gut geht. Der ist ja schon alt, und seine Frau …«
»Zur Sache, Frau Kneelsen!«
»Ja, und der Ferdi hat auch nach dem Unfall von dem Engländer
die Schicht übernommen. Nachts ist es ja immer so ruhig im Hotel, und da besuche
ich ihn manchmal, verstehen Sie?«
»Ich verstehe«, sagte Leander. »Und dann ziehen Sie beide sich
auch mal zurück.«
»So kann man das sagen«, bestätigte Frau Kneelsen und nickte
heftig. »Aber nur in den Raum hinter der Rezeption, nie in Hotelzimmer. Wenn dann
einer was will, ist der Ferdi immer sofort zur Stelle. Aber in der Nacht nach
dem Unfall … das heißt, wir wussten ja noch gar nichts von dem Unfall, nur
dass der Engländer am Abend nicht ins Hotel zurückgekommen ist, aber das kommt
ja mal vor, oder?«
Leander nickte und machte ungeduldig Zeichen mit der Hand,
damit Frau Kneelsen fortfuhr.
»Also, wir haben was gehört, und der Ferdi ist gleich
aufgesprungen und hat nachgesehen, aber da war nichts. Und später haben wir
dann noch einmal gehört, wie jemand an der Rezeption vorbei nach draußen
gehuscht ist und die Tür zugeworfen hat. Wir sind dann rauf und haben in den
Fluren nachgesehen. Aber es war überall ruhig. Und dann hat der Ferdi so ein
Gefühl gehabt, dass da was nicht stimmt. Und weil der Engländer der Einzige
war, der nicht im Hotel war, alle anderen Gäste haben ja schon geschlafen, da
haben wir den Schlüssel von der Rezeption geholt und sind in das Zimmer gegangen.
Und da war alles durchwühlt und so ein Chaos, Sie machen sich kein Bild davon.
Ferdi hat gesagt, wenn das rauskommt, dass er gepennt hat oder dass ich bei ihm
gewesen bin, dann fliegt er raus und kriegt nie wieder eine Stelle in einem
Hotel. Und ich bestimmt auch nicht, hat der Ferdi gesagt.«
»Also haben Sie aufgeräumt«, ergänzte Lena, und Frau Kneelsen
nickte.
»Es könnte demnach sein, dass die Polizei nicht mehr alles
vorgefunden hat, als sie nach dem Fund der Leiche das Zimmer durchsucht hat«,
fuhr Leander fort, und wieder nickte Frau Kneelsen mit gesenktem Kopf.
»Haben Sie sonst noch irgend etwas
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