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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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im Format DIN A5, den Hinnerk in einer
Klarsichtfolie abgeheftet hatte. Sie zog ihn heraus und schüttete den Inhalt
auf den Tisch. Neben einem zusammengefalteten Brief enthielt der Umschlag ein
paar Fotos und eine Rechnung von einem Londoner Privatdetektiv.
    Lena las den Brief und ließ ihn schließlich in ihren Schoß
sinken, ohne ein Wort zu sagen. Sie blickte angestrengt in das Kaminfeuer und
dachte nach.
    »Was ist denn?«, erkundigte sich Leander.
    »Dein Großvater hat einen Privatdetektiv beauftragt, den Unfall
des Engländers zu untersuchen«, berichtete Lena. »Das heißt, der Detektiv
sollte ermitteln, wer der Mann war. Dabei ist herausgekommen, dass es sich um
den Sohn eines Ehepaares handelt, das während des Zweiten Weltkriegs aus
Deutschland fliehen musste.«
    »Und zwar über die Insel Föhr?«, vermutete Leander.
    »Genau. Es muss sich um Leute gehandelt haben, die dein
Großvater und seine Freunde gerettet haben. Warum ihr Sohn nun so lange Zeit
danach auf die Insel gekommen ist, hat der Ermittler nicht herausbekommen. Aber
Hinnerk muss einen Zusammenhang mit sich vermutet haben, sonst hätte er keinen
Detektiv beauftragt.«
    »Vielleicht hatte er sogar den Verdacht, dass der Tod im Watt
kein Unfall war«, überlegte Leander.
    »Darüber steht hier nichts. Auffällig ist nur, dass die
Rechnung erst vor zwei Wochen ausgestellt worden ist. Zu der Zeit also, als
Hinnerk dich hier hergebeten hat, um dir alles zu erzählen. Du sagtest doch, er
sei sehr aufgeregt gewesen?«
    »Das war er. Verdammt, das ist kein Zufall. Wir müssen
herausbekommen, was der Engländer hier gemacht hat. Wie heißt der Mann?«
    »Williamson. Stewart Williamson.«
    »Pass auf«, schlug Leander vor. »Morgen gehst du zur hiesigen
Polizeistation. Du bist noch im Dienst, dir sagen sie vielleicht etwas.
Außerdem wäre es zu auffällig, wenn ich als Neubürger meine Nase in die Sache
stecken würde. Zuerst muss ich wissen, was mein Großvater mit alldem zu tun
hat. Versuche herauszubekommen, was Williamson auf Föhr gemacht hat. Wen hat er
getroffen, hat er überhaupt jemanden getroffen oder einfach nur Urlaub gemacht
und sehen wollen, woher seine Eltern gekommen sind? Unter welchen Umständen ist
er genau umgekommen? Warum hat er nicht an einer offiziellen Führung durch das
Watt teilgenommen? Und so weiter.«
    »Alles klar, Herr Kommissar«, erklärte Lena und salutierte.
    »Entschuldige«, beschwichtigte Leander sie. »So war das nicht
gemeint. Du weißt natürlich selber, worauf es ankommt.«
    Lena hob ihr Weinglas und prostete ihm zu, offenbar schon
wieder beschwichtigt. Dann schauten sie sich die Fotos an. Es handelte sich um
alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen, auf denen ein Paar zu sehen war: einmal bei seiner
Hochzeit, dann vor einem Häuschen, das offenbar irgendwo an der englischen
Küste stand, schließlich mit einem Säugling auf dem Arm.
    »Der kleine Stewart und seine Eltern, vermutlich«, sagte Lena.
»Das Hochzeitsfoto könnte noch aus Deutschland stammen.«
    »Da hießen sie wahrscheinlich auch noch nicht Williamson«, überlegte
Leander. »Den Namen haben sie sicher erst in ihrer neuen Heimat angenommen,
weil sie ohnehin nie wieder in dieses Land zurückkehren wollten.«
    »Dann hießen sie vorher vielleicht Wilhelmsen oder so ähnlich.«
    »Kann sein. Damals haben viele Menschen in England und in den
USA ihre Namen geändert beziehungsweise an die neue Sprache angepasst. Wir
werden das vielleicht nie herausbekommen.«
    »Warum nimmst du nicht noch einmal Kontakt zu dem Detektiv
auf?«, fragte Lena.
    »Ich kann es ja versuchen. Allerdings wird er nicht mehr
wissen, als in dem Brief steht.«
    Mit der Lektüre war der Nachmittag unbemerkt vorüber gegangen.
Draußen war es längst stockdunkel und ein Blick auf die Pendeluhr zeigte, dass
es fast neunzehn Uhr zwanzig war.
    Sie räumten die Ordner wieder in die Kiste und beschlossen, in
einem Restaurant eine Kleinigkeit zu essen und dann einen Spaziergang zum
Strand zu unternehmen, bevor sie ins Bett gingen.
    In der Fußgängerzone herrschte die für die Feiertage übliche
Geschäftigkeit. Auf Lena wirkte die plüschige Spießigkeit des Hotels Colosseum derart anziehend, dass sie beschlossen, heute dort zu essen. Der Gastraum war
wieder annähernd gefüllt, nur von den Flensburger Kriminalbeamten war nichts zu
sehen. Wahrscheinlich genossen sie die Feiertage bei ihren Familien auf dem
Festland, bevor sie wieder ihre Ermittlungen hier in Wyk aufnahmen.
    Lena bestellte eine

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