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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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festgehalten.«
    Leander zuckte nur mit den Schultern. Was gab es dazu auch zu
sagen? Die Inselpolizei hatte sicherlich kaum mit solchen Fällen zu tun. Die
führten Verkehrskontrollen durch und fahndeten nach Fahrraddieben. Da kam es
auf derart detaillierte Berichte in der Regel nicht an.
    »Ich habe mich dann zu den Flensburger Kollegen bringen lassen.
Die armen Schweine sind tatsächlich über Weihnachten hier auf der Insel
geblieben und nicht zu ihren Familien nach Hause gefahren. Ich habe ihnen von
unseren Erkenntnissen berichtet: dass die Eltern von Stewart Williamson
vermutlich mit Hilfe einer Fluchthilfeorganisation aus Nazi-Deutschland
geflohen sind, an der auch dein Großvater beteiligt war. Und ich habe ihnen
gesagt, dass wir nicht an die Version mit dem Wattunfall glauben, zumal dein
Großvater einen Detektiv beauftragt hat, nachdem die hiesige Polizei den Fall
zu den Akten gelegt hatte. Aber unsere Vermutung, dass Williamsons Unfall und
der Tod deines Großvaters zusammenhängen könnten, hat sie eher belustigt als
ernsthaft in Wallung gebracht. Williamson sei offenbar zu unvorsichtig gewesen
und bei auflaufendem Wasser zu einer Wattwanderung aufgebrochen, und Hinnerk
sei, wie sich Kriminalhauptkommissar Bennings ausdrückte, ähnlich arrogant im
Umgang mit den Elementen gewesen. Wenn man bei Sturmflut mit einer Nussschale
auslaufe, müsse man damit rechnen, dass man nicht mehr lebend zurückkommt. Und
weil er das als erfahrener Fischer habe wissen müssen, geht das K1 inzwischen
eindeutig von Selbstmord aus. So weit der Kollege Bennings. Wenn du mich
fragst, schreiben die schon an ihrem Abschlussbericht. Ich soll dich schön
grüßen und dir berichten, das spare ihnen unnötige Wege. Arschlöcher!«
    Lena erhob sich und ging ein paar Schritte auf und ab, bemüht,
ihre Wut nicht wieder über Gebühr hochkochen zu lassen.
    »Die haben mich abblitzen lassen wie eine Praktikantin, die zu
blöd ist, ihnen Kaffee zu kochen.«
    »Das könnte denen so passen«, erklärte Leander. »Wenn die
glauben, dass ich mich so abspeisen lasse, haben die sich geschnitten. Sollten
die beiden Küstenaffen einfach so abreisen, lasse ich sie von höchster Stelle
aus wieder herzitieren, da kannst du Gift drauf nehmen.«
    »Und was hat es bei dir gegeben? Wo warst du eigentlich?
Wolltest du nicht mit dem Detektiv telefonieren?«, wechselte Lena das Thema.
    »Drei Fragen auf einmal«, konterte Leander, »das geht nun
wirklich nicht. Also: Ich habe den freischaffenden Kollegen in England
erstaunlich schnell am Ohr gehabt. Entweder hat der keine Familie, oder er
hasst Weihnachten, oder er wohnt in seinem Büro – oder er hat keine Familie,
hasst Weihnachten und wohnt in seinem Büro. Jedenfalls hat er mir berichtet,
dass dieser Stewart Williamson tatsächlich hier auf der Insel war, um die
Spuren seiner Eltern wieder aufzunehmen. Ahnenforschung, wenn du so willst. Er
hat im Hotel Colosseum gewohnt, wo auch sonst? Für die Recherchen hier
vor Ort hat der Detektiv meinem Großvater vorgeschlagen, einen deutschen
Kollegen einzuschalten, aber Hinnerk hat das abgelehnt. Dafür habe er eigene
Familienmitglieder, hat er gesagt und wohl mich gemeint, was dann auch erklärt,
warum ich so schnell anreisen sollte. In England gibt es keinerlei
Hinterbliebene. Der Detektiv hat das Gepäck untersucht, das zusammen mit dem
Leichnam zurückgekommen ist, und er hat über seine Kontakte zur englischen
Polizei veranlasst, dass die Leiche noch einmal untersucht wurde. Dabei ist
allerdings auch nicht mehr herausgekommen als bei der Untersuchung bei uns in
Flensburg. Es gibt also wirklich keinerlei Anzeichen für einen Mord.«
    »Genauso wie bei deinem Großvater. Und trotzdem hängt das alles
irgendwie zusammen und kann kein Zufall sein.«
    »So sehe ich das auch«, stimmte Leander zu.
    »Was gedenkst du jetzt zu tun?«
    »Ich werde den Auftrag meines Großvaters annehmen«, erklärte
Leander. »Ich nehme Williamsons Spur hier auf der Insel auf. Sollte er jemandem
auf die Füße getreten sein, ebenso wie mein Großvater nach Williamsons Tod,
dann werde auch ich auf diesen Jemand stoßen und die entscheidenden Schritte
machen, zu denen Williamson und Hinnerk nicht mehr gekommen sind.«
    »Das kann gefährlich werden«, wandte Lena ein.
    »Gefahr ist mein Metier«,
dozierte Leander großspurig. »Aber im Ernst, ich habe gar keine Wahl. Wenn ich
der Sache nicht nachgehe, verläuft alles im Sand – und Williamsons und Hinnerks
Mörder kommen damit durch.

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