Leander und der tiefe Frieden (German Edition)
Aufschnittplatte, und Leander wünschte, das
ebenfalls getan zu haben, als er in seinem Salat mit Putenbruststreifen
stocherte, der überwiegend aus Blattsalat bestand. Nach dem Essen schlenderten
sie zum Sandwall, schauten in die Schaufenster des Bu-Bu , die sich in
den letzten Tagen natürlich nicht verändert hatten, und gingen schließlich auf
die Mittelbrücke, die angesichts des eisigen Ostwinds, der unangenehm
zugenommen hatte, fast menschenleer war. Durchgefroren machten sie sich schließlich
auf den Weg nach Hause, um an diesem Abend einmal früher ins Bett zu gehen …
12
Freitag, 26. Dezember
Als Lena von ihrem Besuch bei der Inselpolizei wieder zu
Hause ankam, war ihre Wut noch längst nicht verraucht, was Leander sofort zu
spüren bekam, als er selbst das Friesenhaus betrat. Sie ranzte ihn an, weil er
sie bereits vom Flur aus rief, als sei sie sein Dackel, wie sie sich
ausdrückte. Leander kannte Lenas Zornausbrüche und ließ sie klugerweise immer
zuerst vorüberziehen. Später konnte man dann ganz vernünftig mit ihr über alles
reden. So ging er zunächst in die Küche und kochte Kaffee. Als er mit dem
Tablett die Wohnstube betrat, kniete Lena vor dem Kamin und fachte aus der Glut
wieder das Feuer an.
»Diese Idioten«, schimpfte sie und richtete damit ihre Wut nun
wieder auf ihre Inselkollegen. »Ich hätte nicht übel Lust, denen beide Fälle
aus den Händen zu nehmen und sie ganz von vorne aufzurollen. Die würde ich über
die Insel scheuchen, das kannst du mir glauben.«
Leander schenkte Kaffee ein und reichte Lena eine Tasse.
»Erzähl«, forderte er sie auf. »Wer hat es gewagt, dir entgegenzutreten,
Donna Quixote?«
»Hinrichs heißt der Schwachkopf, Torben Hinrichs. Residiert da
in seiner Zentralstation am Hafen arrogant wie ein Deichgraf und ist
blöd für zwei.«
»Jetzt beruhige dich doch erst einmal und erzähl der Reihe
nach, was du rausbekommen hast«, sagte Leander und schob ihre Kaffeetasse näher
zu ihr hinüber.
Lena nahm einen Schluck, atmete tief durch und nickte dann.
»Du hast ja recht. Also, die Kollegen von der Trachtengruppe
residieren wie gesagt am Hafen. Da saß ein einzelner Kollege, wahrscheinlich
der Weihnachts-Notdienst, fett und prall hinter seinem Tresen. Du hättest sein
Gesicht sehen sollen, als ich ihm meinen Dienstausweis unter die Nase gehalten
habe.«
»Sehr klug von dir, Frau Kollegin. So ein Ausweis vom LKA
öffnet Türen«, bemerkte Leander ironisch, wehrte aber sofort Lenas bösen Blick
mit beiden Händen ab und ließ sie fortfahren.
»Ich habe ihn direkt nach dem Toten im Watt gefragt. Der Typ
konnte mir nicht mal direkt antworten und musste erst den Bericht in seinem
Computer aufrufen. Wichtigtuer! Als ob es hier oben so viele Todesfälle gäbe,
dass er den Überblick verloren hätte. Also: Dem Bericht nach hat Stewart
Williamson hier Urlaub gemacht und war so unvorsichtig, eine Wanderung nach
Amrum zu unternehmen, ohne sich einem Wattführer anzuschließen. Im großen Priel
vor Amrum soll er dann ertrunken sein, weil er bei bereits auflaufendem Wasser
losgegangen sei.«
»Gibt es Zeugen für den Unfall?«
Lena schüttelte den Kopf.
»Angeblich hat niemand etwas gesehen. Die Leiche ist nach zwei
Tagen an den Strand gespült worden, und es hat einige Zeit gedauert, bis die
Kripo in Flensburg die Identität feststellen konnte. Dem Obduktionsbericht nach
lagen keinerlei Anzeichen für Fremdeinwirkung vor, also haben die Kollegen vom
K1 den Fall an die Inselpolizei zurückgegeben. Die hat dann versucht,
Angehörige ausfindig zu machen, und als das zu nichts geführt hat, haben sie
den Leichnam den englischen Behörden zugeführt.«
»Woher wissen die Kollegen, dass Williamson auf dem Weg nach
Amrum war, als er ertrunken ist? Hat ihn jemand von Föhr aus aufbrechen
gesehen?«
»Nein, gesehen hat ihn keiner. Aber der Ort, an dem er
angespült wurde, sei typisch für die Leichen der Menschen, die im großen Priel
ertrinken. Außerdem gab es, wie gesagt, keine Anzeichen, die Zweifel an einem
Unfall aufkommen ließen.«
»Es ist also eigentlich nur ihre Vermutung, dass Williamson
allein ins Watt aufgebrochen ist«, stellte Leander fest.
»Ich habe dann gefragt, ob dein Großvater sich in der Sache
erkundigt habe. Im Protokoll stand dazu nichts, aber Hinrichs hat seinen
Kollegen angerufen, der die Sache abgeschlossen hat. Was soll ich dir sagen?
Hinnerk ist tatsächlich da gewesen, aber der Torfkopp hat das in seinem Bericht
nicht
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