Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Eingang parkte Ole Paulsens jagdgrüner Offroader, ein Nissan Qashqai. Lena und Bennings gingen darum herum und begutachteten die tiefen Dellen und Schrammen an der Fahrerseite, mit Spuren des roten Lacks von Günter Wieses Transporter.
»Tja, Herr Paulsen, das sieht aber gar nicht danach aus, als hätten Sie Herrn Wieses Fahrzeug nur leicht touchiert. Und das wollen Sie selbst noch gar nicht gesehen haben?«
»Ich habe dazu gesagt, was ich sagen konnte.«
»Gut, dann werden unsere Kriminaltechniker das letzte Wort haben«, beschloss Lena das Gespräch. »Ihr Fahrzeug ist hiermit sichergestellt. Geben Sie mir bitte die Schlüssel und die Fahrzeugpapiere. Im Übrigen halten Sie sich zu unserer Verfügung. Guten Tag, Herr Paulsen.«
Während Ole Paulsen wutschnaubend um das Hafenbecken lief, nunmehr seines Fahrzeugs beraubt, und in seiner Hosentasche nach dem Handy kramte, um sich eine Rückfahrgelegenheit nach Alkersum zu organisieren, betraten Lena und Dieter Bennings die Zentralstation unter den neugierigen Blicken ihrer Kollegen Hinrichs und Olufs.
»Herr Olufs, fordern Sie bitte die KTU aus Flensburg an, um Herrn Paulsens Kraftfahrzeug untersuchen zu lassen«, ordnete Lena an. »Es steht vor der Tür, wir haben es soeben sichergestellt. Und dann fahren Sie in die Marsch und sichern den Tatort, bis die Kollegen vor Ort sind.«
»Moment mal«, schaltete Oberkommissar Hinrichs sich ein. »Sie können nicht einfach meine Leute verplanen. Wenn hier einer losfährt und Spuren sichert, dann bin ich das.«
»Irrtum, Herr Hinrichs, Sie rufen bei Maarten Rickmers an und ändern unseren Termin mit ihm auf den frühen Nachmittag. Mein Kollege Bennings und ich fahren jetzt ins Krankenhaus, um Herrn Wiese zu vernehmen. Und was die Weisungsbefugnis anbelangt, sollten wir keine Diskussionen führen, die hinlänglich und abschließend geführt worden sind.«
Oberkommissar Hinrichs öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, besann sich aber offenbar eines Besseren und wandte sich ab.
Als Lena und Dieter Bennings aus dem Aufzug auf den Krankenhausflur hinaustraten, machte ein Mann, der offensichtlich vor der Tür gewartet hatte, einen Schritt zur Seite, um sie vorbeizulassen. In dem Moment schien er sie zu erkennen und trat ihnen wieder in den Weg.
»Ah, guten Tag. Ich wollte gerade zu Ihnen.«
Die Kriminalbeamten blickten ihn erstaunt an. »Sie wollten zu uns?«, fragte Lena.
»Genau. Brüning, Bertolt Brüning vom Insel-Boten . Können wir uns einen Moment unterhalten?« Er wies auf eine Polstergarnitur, die in einem Erker mit Blick auf die grüne Umgebung des Krankenhauses aufgestellt war.
»Wenn Sie uns etwas Sachdienliches zu sagen haben, gern«, erwiderte Lena und steuerte die Sitzgruppe an.
»Zu sagen? Ich? Wieso?«
»Na, Sie wollten uns sprechen. Da nehme ich doch an, dass Sie uns einen Hinweis geben wollen.«
»Hinweis?«
»Genau, Hinweis. Und jetzt fragen Sie nicht: Ich? Wieso? Herr Brüning, was wollen Sie von uns, wenn Sie uns nichts mitzuteilen haben?«
Lena kannte diesen Typ rasender Reporter, der für seine Provinzzeitung Morgenluft schnupperte, und hatte nicht vor, sich wie ein dummes Schulmädchen aushorchen zu lassen. Solchen Leuten musste man von vornherein klarmachen, dass bei der Polizei nichts für sie zu holen war. Jede Schwäche wurde von ihnen gnadenlos ausgenutzt.
»Also«, begann Brüning erneut, »ich war gerade bei Günter Wiese und habe mir seine Version der Vorgänge in der letzten Nacht angehört. Wenn das stimmt, was er sagt, haben Sie doch jetzt eine Handhabe gegen Ole Paulsen, oder?«
Lena blickte ihn fragend an, Dieter Bennings schaute desinteressiert an ihm vorbei.
»Ich weiß ja nicht, was Herr Wiese Ihnen erzählt hat«, entgegnete Lena. »Wir sind gerade auf dem Weg zu ihm, um ihn in der Sache zu vernehmen. So lange können wir Ihnen leider gar nichts zu der Angelegenheit sagen.«
»Aber er hat doch Anzeige erstattet, oder?«
Lena antwortete nicht. Sie schaute Brüning einfach nur abwartend an.
»Oder nicht?«, beharrte Bertolt Brüning ungeduldig blinzelnd.
»Dazu darf ich Ihnen leider keine Auskunft erteilen.«
»So langsam geht dieser Inselkrieg doch wohl zu weit, wenn es jetzt schon einen Toten und einen Schwerverletzten, auf den geschossen wurde, zu beklagen gibt. Oder sehen Sie das anders?«
»Besteht denn ein Zusammenhang zwischen den beiden Fällen?«, erkundigte sich Lena erstaunt und lehnte sich zu Brüning vor, während Dieter Bennings demonstrativ
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