Leander und die Stille der Koje (German Edition)
gähnte.
»Etwa nicht? Sehen Sie da keinen Zusammenhang?«
»Nö. Welchen erkennen Sie denn? Vielleicht haben Sie ja Informationen, die wir noch nicht haben«, zeigte sich Lena ehrlich interessiert.
»Sagen Sie mal, wollen Sie mich verarschen?«, begehrte Bertolt Brüning jetzt auf.
»Wollen wir ihn verarschen?«, reichte Lena die Frage an Dieter Bennings weiter.
»Herr Brüning – so war doch wohl Ihr Name? –, Sie haben uns angesprochen«, stellte Dieter Bennings klar und erhob sich aus seinem Sessel. »Gibt es nun etwas, das Sie uns mitteilen möchten? Wenn nicht, lassen Sie uns bitte unsere Arbeit machen. Einen schönen Tag noch.«
Er wandte sich ab und ging voraus. Lena nickte dem Reporter freundlich zu, als hätten sie sich gerade ganz besonders nett unterhalten, und folgte ihrem Kollegen. Bertolt Brüning stand da wie an einer Bushaltestelle, an der trotz ausgehängten Fahrplans der Bus einfach vorbeigefahren war.
Günter Wiese lag mit einem weißen Verband um den Kopf in seinem Krankenhausbett und machte einen sehr unglücklichen Eindruck, als Lena und Dieter Bennings eintraten.
»Das ist ja wie im Taubenschlag hier«, beschwerte sich Wiese mit vor Schmerzen gequetschter Stimme, versuchte aber ein Grinsen und stöhnte auf, weil auch das schmerzhaft war.
»Sie hat es ja böse erwischt«, begrüßte Lena ihn.
»Nasenbein- und Wangenknochenbruch«, berichtete er und bemühte sich, einigermaßen verständlich zu sprechen. »Haben Sie Paulsen festgenommen?«
»Nur vernommen«, verneinte Lena mit bedauerndem Gesichtsausdruck. »Im Falle Ihrer Anzeige steht Aussage gegen Aussage.«
»Aber das hier spricht doch für sich«, beschwerte sich Wiese und versuchte, mit der linken Hand auf seinen Verband zu deuten, was er aber wegen seines geprellten Brustkorbs gleich wieder aufgab.
»Tut mir leid, Herr Wiese. Herr Paulsen behauptet, Sie seien mit dem Auto auf ihn zugefahren und hätten ihn töten wollen. Deshalb habe er aus Notwehr Ihre Scheinwerfer zerschossen. Von einer Schlägerei wisse er nichts, das müsse irgendjemand anderer gewesen sein, nachdem er schon längst weg gewesen sei. Wie es aussieht, hat er dafür im Gegensatz zu Ihnen sogar Zeugen.«
»Hein Frerich und Malte Ottensen«, nuschelte Günter Wiese. »Klar, die halten zusammen. Das hätte ich mir eigentlich vorher denken können. Heißt das also, dass meine Anzeige mal wieder im Sande verläuft?«
»Wenn Sie uns keine Beweise liefern können, fürchte ich, dass es so kommen wird«, bestätigte Dieter Bennings.
»Der Film«, schöpfte Günter Wiese kurz Hoffnung, schien aber sofort zu begreifen, dass der sicher nicht mehr im Auto gelegen hatte – der Hoffnungsschimmer, der eben noch kurz über sein Gesicht gehuscht war, wich nun einem Schatten.
»Die Kamera ist nicht auffindbar«, bestätigte Lena seine Befürchtungen. »Der Angriff auf Sie hatte ja sicher die Kamera zum Ziel.«
Günter Wiese nickte vorsichtig und stöhnte sofort wieder leicht auf.
»Können Sie uns noch etwas erzählen, das uns vielleicht weiterhilft?«, erkundigte sich Lena mit hoffnungsvoller Stimme. »Irgendetwas, das nicht in Ihrer Anzeige steht und an das Sie sich wieder erinnern?«
Günter Wiese schwieg einen Moment und versuchte offenbar, seine Gedanken zu sortieren.
»Paulsen hat mich in den Graben gedrängt, und bevor ich noch begriffen hatte, was da eigentlich passiert war, wurde die Fahrertür aufgerissen. Ich bekam einen heftigen Schlag ins Gesicht und dann noch einen vor die Brust. Ehrlich, ich bekam keine Luft mehr und konnte auch nichts mehr sehen. Irgendwann bin ich dann ohnmächtig geworden. Als ich wieder zu mir kam, war alles schon vorbei. Alles war still, da war keiner mehr. Ich habe nach meinem Handy gesucht, aber das habe ich nicht gefunden. Irgendwann muss ich wieder ohnmächtig geworden sein, denn das Nächste, an das ich mich erinnere, ist das Gesicht meiner Frau, die dann Polizei und Notarzt verständigt hat.«
»Zwischen dem Abdrängen in den Graben und den ersten Schlägen lagen also nur Sekunden, ist das richtig?«, frage Lena nach. »Oder kann es auch sein, dass Sie durch den Aufprall schon vorher ohnmächtig geworden sind und man Sie erst später zusammengeschlagen hat?«
Günter Wiese schüttelte vorsichtig den Kopf. »Das waren Paulsen, Frerich und Ottensen. Einer von denen hat mir ins Gesicht geschlagen. Da kann kein anderer mehr in der Nähe gewesen sein. Durchsuchen Sie Paulsens Haus. Wenn Sie die Kamera finden, haben Sie den
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