Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Bennings.
Jetzt hörten sie aus den Computerlautsprechern eine Stimme kommentieren: »Da stehen zwei Jägerautos mitten in der Marsch und in relativer Nähe zu unseren Flächen. Das sind die Autos von Ole Paulsen und Hein Frerich. Es ist schon viel zu dunkel, um jetzt noch sehen zu können, worauf man schießt.«
»Das ist doch Wieses Stimme«, rief Lena.
»Da kommen Paulsen, Frerich und Ottensen mit einem Teil ihrer Beute«, fuhr der Kommentator monoton fort. »Die restlichen Tiere verbluten jetzt wahrscheinlich irgendwo im Gestrüpp.«
Tatsächlich erschienen die drei genannten Jäger aus dem Gebüsch und gingen auf ihre Autos zu. Sie trugen ihre Gewehre offen und abgeknickt über den Armen, in den Händen hatten sie mehrere Federviecher. Jetzt flammte ein grelles Licht auf, das die drei Männer wie ein starker Spot aus der Dunkelheit löste. Erschrocken blieben sie stehen und wirkten einen Moment lang wie gebannt. Dann hob Ole Paulsen sein Gewehr, ließ es zuschnacken und legte direkt auf die Position der Kamera an. Das Mündungsfeuer und der Rauch waren im selben Augenblick sichtbar, als auch der Knall und der Einschlag in den Scheinwerfer zu hören waren. Direkt darauf folgte ein zweiter Schuss. Die Kamera verwackelte, streifige Bilder rasten vorbei, und nach einem dumpfen Ton sahen die Beamten nur noch ein kariertes Stoffmuster, auf das sich der Autofocus in mehreren Anläufen scharf stellte. Der Filmer musste die Kamera auf den Beifahrersitz geworfen haben.
»Scheiße!«, hörten sie ihn jetzt rufen und dann das Geräusch eines startenden Motors.
Das Karo wackelte, offensichtlich fuhr das Auto nun, was auch durch das aufheulende Motorgeräusch bestätigt wurde. Dann hörten sie Wiese fluchen und heftige seitliche Blechstöße, die zu Rucklern im Karo-Bild wurden. Nach einem lauten Knall beruhigte sich das Bild schlagartig. Man hörte das Öffnen einer Autotür, Wieses Ruf »Was soll das?«, dann einen dumpfen Schlag, Wieses Stöhnen. Die Kamera zeichnete wieder heftige Streifenmuster auf und wurde dann ausgeschaltet.
Ein paar Minuten schwiegen die Kriminalbeamten und starrten auf das nun wieder zur Ruhe gekommene Szenenbild auf dem Bildschirm.
»Scheiße«, sagte Dieter Bennings dann.
»Jetzt haben wir den Beweis, dass Paulsen, Frerich und Ottensen zur Zeit des Angriffs auf Wiese noch am Tatort waren«, sagte Lena. »Der Film bestätigt jedenfalls Wieses Darstellung. Damit haben wir Paulsen am Hintern. Er muss uns erst mal erklären, wie die Kamera in seinen Schreibtisch kommt. Wenn wir ihn in die Zange nehmen, gesteht er bestimmt auch noch den Mord an Rickmers.«
»Schön wär’s«, zeigte sich Dieter Bennings skeptisch.
Er stöpselte die Kamera wieder ab, schaltete sie aus und fuhr den Rechner herunter. »Nachdem wir nun einen begründeten Tatverdacht gegen Paulsen haben, können wir ja auch den PC einkassieren«, stellte er fest. »Ich sage gleich Paul Bescheid.«
Sie verließen das Haus und gingen auf die andere Straßenseite zu den Spurensicherern, die inzwischen Gipsabdrücke von Fußspuren in einem der Nachbargärten machten.
»Bingo«, rief Paul Woyke ihnen entgegen. »Wunderschöne Spuren und dann noch das hier.« Er hielt drei Patronenhülsen in die Luft. »Jagdflinte, wie ich schon vermutet habe. Schade, dass die nicht von den drei Jägern sein können; deren Waffen habt ihr ja heute Nachmittag konfisziert.«
»Vielleicht ist es dann eine Waffe von Brar Arfsten«, entgegnete Lena. »Sollte mich nicht wundern. Der muss ja einen ganz schönen Brass auf Paulsen haben, nachdem der sein Geld verbrannt hat. Kassiert gleich bitte noch den PC im Büro ein und bringt ihn in die Zentralstation. Wir sind dann mal weg.«
»Klar, die Nachtschicht darf wieder den ganzen Scheiß alleine machen«, beschwerte sich Woyke grinsend. »Schlaft schön, ihr beiden.«
Dieter Bennings ließ Lena an der Wilhelmstraße aussteigen und fuhr dann weiter, um das Auto noch zur Zentralstation zu bringen und die Kamera dort einzuschließen. Lena betrat das dunkle Haus, horchte kurz, konnte aber nichts mehr hören. Der Garten lag dunkel vor den Fenstern, also stieg sie mit schweren Beinen die Treppe zum Schlafzimmer hinauf. Leander lag zusammengerollt, aber ohne Bettdecke auf seinem Bett und schnarchte leise.
»Na bitte«, flüsterte Lena vor sich hin. »Mein Bettchen ist noch frei.«
17
Während Lena Kaffee kochte und im Garten den Frühstückstisch deckte, kaufte Leander in der Mittelstraße bei Fleischer
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