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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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für den Anschlag auf Paulsen verantwortlich sein.«
    »Oder Albertsen«, stimmte Lena zu. »Obwohl ich das nicht glaube. Der hat nicht die Nerven dazu.«
    In diesem Moment klopfte es an der Tür, und Paul Woyke betrat den Raum. Jens Olufs nickte ihm zu und ging wieder hinaus in die Wachstube zu seinem Vorgesetzten Hinrichs.
    »Fehlanzeige«, eröffnete Woyke seinen Bericht. »Ich habe zwar Blutspuren an den Waffen gefunden, aber nur marginal und an allen Waffen, allerdings jeweils am Lauf und am Abzug, nicht am Schaft. Vermutlich Tierblut, was bei Jägern ja nicht außergewöhnlich ist. Die sammeln die toten Tiere ein und fassen mit ihren blutigen Händen dann ihre Waffen an. Mehr gibt der Schnelltest leider nicht her. Ich habe die Spuren abgenommen und schicke sie gleich nach Flensburg ins Labor. Wenn ihr mich fragt, dann ist die gesuchte Waffe nicht dabei.«
    »Das haben wir schon befürchtet, nachdem Paulsen ausgerechnet gestern ein Gewehr als gestohlen gemeldet hat«, erklärte Dieter Bennings. »Tust du uns einen Gefallen und lässt dir mit dem offiziellen Ergebnis Zeit, falls kein Menschenblut an den Waffen sein sollte? Ich würde die Typen gerne etwas ärgern und die Waffen behalten, bis das Ergebnis der DNA-Tests schriftlich vorliegt, und das darf gerne etwas dauern.«
    »Wenn’s mehr nicht ist«, versprach Paul Woyke und verließ das Büro mit einem knappen Winken.

    Tom Brodersen nutzte die Sitzungspause, um den Rathaussaal zu verlassen und auf die Toilette zu gehen, während die anderen Ratsmitglieder weiter heftig diskutierten. Nur der Bürgermeister hatte ebenfalls den Sitzungssaal verlassen und war fast schon panisch zu seinem Büro geflüchtet.
    Brodersen brummte der Kopf nach der heftigen Debatte, die heute Morgen entbrannt war. Der Bürgermeister stand im offenen Kreuzfeuer der Kritik. Sein Krisenmanagement wurde als derart katastrophal beurteilt, dass er sogar Feuer aus den eigenen Reihen auszuhalten hatte. Bertolt Brüning hatte mit seinem Artikel die Abgeordneten aller Fraktionen aufgescheucht und vor allem der Opposition Anlass zu einer Generalabrechnung geboten. Die Grünen standen hier in vorderster Front, so dass Tom Brodersen nicht unbeteiligt bleiben konnte, auch wenn er das Vorgehen reichlich überzogen fand. Angesichts der nicht gerade rühmlichen Rolle in der Elmeere -Sache hätte gerade seine Fraktion sich mit der Kritik zurückhalten müssen.
    Egal, jetzt hatte Brodersen einen Moment für sich und nutzte die Chance, um sich zu bewegen und den Kopf frei zu bekommen. Die Herrentoilette im Amtsgebäude war leer, Brodersen hatte die freie Wahl. Wegen der Ladehemmung, die er immer dann hatte, wenn er auf einer öffentlichen Toilette an einem der Pissoirs stand und jeden Moment damit rechnen musste, dass jemand hereinkam, betrat er eine der Kabinen. Hier konnte er hinter sich abschließen und sich in Ruhe auf der Schüssel niederlassen, ohne dass ihm jemand etwas wegguckte.
    Brodersen hatte die letzte Kabine im Raum gewählt, weil sie wegen des Fensters dort am größten und hellsten war. Er ließ seine Hose herunter und setzte sich auf die Toilettenbrille, wobei er die Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln und den Kopf in den Händen abstützte. Auf der Innenseite der Tür hatte sich jemand mit einem Edding verewigt: Politik ist ein schweres Geschäft – hier kann man sich erleichtern. Nicht schlecht. Toiletten schienen kreative Orte zu sein. In einem Fernsehbeitrag war mal die Inschrift einer Toilettentür im Europäischen Parlament zitiert worden: Ich will, du willst, er will, wir wollen – doch was wir wollen, geschieht nie; und was geschieht, haben wir nicht gewollt. Das hatte er lustig und ausgesprochen intelligent gefunden. Intelligenter jedenfalls als die durchsichtigen Attacken, die an diesem Morgen auf den Bürgermeister geritten wurden.
    Ture Jacobsen war zwar in Toms Augen nicht gerade ein Sympathieträger, aber heute hätte er sich am liebsten auf seine Seite gestellt. Sicher, er agierte häufig wie die Axt im Walde und hatte mehr sich und sein Ansehen in der Öffentlichkeit im Blick als die unglaublichen Vorfälle, die dies in Gefahr brachten. Aber deshalb musste man doch nicht auf ihn einschlagen, als ob es in Zukunft nie mehr die Chance für eine politische Auseinandersetzung gäbe. Vor allem sein eigener Fraktionsvorsitzender, Hendrik Görgens, feuerte aus allen Rohren auf den verzweifelten Mann. Aber Görgens war noch nie sehr sensibel gewesen.
    In der Ruhe der

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