Leander und die Stille der Koje (German Edition)
heißt das aber noch lange nicht, dass die Anschläge in Zusammenhang mit dem Mord stehen«, widersprach Lena. »Jedenfalls erhöht der Artikel den Druck auf uns enorm. Sei mir nicht böse, aber für ein Brötchen habe ich keine Zeit mehr. In der Zentralstation wird die Hölle los sein.«
»Nimm wenigstens die Croissants mit.« Leander drückte ihr die Tüte mit den beiden Blätterteighörnchen in die Hand.
Lena lächelte ihm entschuldigend zu, sprintete ins Haus, und kurz darauf hörte Leander die Tür ins Schloss fallen. Nicht einmal für einen Abschiedskuss hatte sie mehr Zeit gehabt.
Dieter Bennings saß schon an seinem Schreibtisch, als Lena das Büro betrat. In der Wachstube hatte Jens Olufs sie mitleidig angesehen und Torben Hinrichs hatte sich schnell weggedreht, als sie hereingekommen war. Bennings schob ihr mit einem Nicken als Begrüßung gleich nach ihrem Eintreten die Zeitung über den Tisch.
»Schon gelesen?«, fragte er und deutete mit dem Kopf leicht auf den Insel-Boten .
»Hat mir das Frühstück verhagelt«, antwortete Lena und ließ sich auf ihren Stuhl sacken.
»Und was sagst du?«
Lena zog die Schultern langsam hoch und ließ sie wieder sinken. Dann schilderte sie ihrem Kollegen die Bedenken, die sie schon Leander gegenüber geäußert hatte. Dieter Bennings nickte bestätigend.
»Hoffen wir, dass wir wenigstens mit den beschlagnahmten Waffen weiterkommen«, meinte er, stand auf, ging zur Tür und bat Jens Olufs, ihnen von der Beschlagnahmeaktion am Abend zuvor zu berichten.
Der Polizeihauptmeister setzte sich, als Bennings ihm einen Stuhl anbot, und legte einen Zettel vor sich auf den Tisch. Dabei machte er einen recht unglücklichen Eindruck.
»Hat es bei der Beschlagnahme der Jagdwaffen Ärger gegeben?«, ging der Hauptkommissar auf den Gesichtsausdruck seines Kollegen ein. »Hat einer der Jäger versucht, Widerstand zu leisten?«
»Nicht direkt Widerstand.« Jens Olufs wiegte den Kopf. »Die drei waren natürlich alles andere als erfreut. Vor allem Ottensen und Frerich waren ganz schön sauer. Auf die beiden sollten wir ein Auge haben, die sind zu allem fähig. Wir haben sie aus dem Oldsumer Krug geholt und nach Hause begleitet. Die haben geschimpft wie die Rohrspatzen, als sie uns ihre Waffen aushändigen mussten. Bei Paulsen hatte ich den Eindruck, dass er mit der Aktion gerechnet hat. Er war zwar nicht gerade freundlich, aber er hat auch keinen Widerstand geleistet. Allerdings gibt es ein Problem: Eine Waffe fehlt, und zwar ein Jagdgewehr von Paulsen. Er behauptet, sie sei ihm vor ein paar Tagen aus dem Auto gestohlen worden. Der Angeber lässt seinen Qashqai immer gut sichtbar vor dem Haus stehen, obwohl er eine Garage besitzt, und jetzt hat er auch noch die Waffe auf dem Rücksitz liegen gelassen. Wir haben natürlich auch das Auto durchsucht, aber nichts gefunden. Ich habe Paulsen mit einem Ordnungsgeld gedroht, weil er seine Jagdwaffe nicht ordnungsgemäß unter Verschluss hatte, aber das hat ihn auch nicht beeindruckt. Hier« – er deutete auf eine Zahl auf seiner Liste – »das ist die Registriernummer.«
»Dann können wir ja wohl davon ausgehen, dass die betreffende Waffe nicht dabei ist, weil Paulsen sie beiseite geschafft hat«, stellte Dieter Bennings fest.
»Vermutlich«, stimmte Lena zu. »Wann wird Paul Woyke die Waffen untersuchen?«
»Er ist bereits dabei«, antwortete Jens Olufs. »Hinten in der Ausnüchterungszelle hat er sich mit seinem Kollegen eingerichtet.«
Dieter Bennings und Lena lachten, als sie sich vorstellten, wie die Männer von der Spurensicherung die Gewehre und all ihre Utensilien auf der abwaschbaren Pritsche in dem gefliesten Raum ausgebreitet hatten.
»Gibt es etwas Neues aus dem Krankenhaus?«, wechselte Lena nun das Thema.
»Nein«, informierte Olufs sie. »Paulsen ist noch nicht vernehmungsfähig. Als ich heute Morgen angerufen habe, schwebte er noch in Lebensgefahr. Die Operation in der letzten Nacht ist zwar gut verlaufen, aber er hat einen Lungendurchschuss. Die Ärzte haben ihn in ein künstliches Koma versetzt. Dafür ist unser Freund Wiese wieder zu Hause. Er hat das Krankenhaus auf eigene Gefahr verlassen.«
»Wann?«, horchte Lena auf. »Vor dem Anschlag auf Paulsen?«
»Allerdings. Am frühen Abend zusammen mit seiner Frau und seinem Freund Albertsen. Der Arzt hat alles versucht, aber er konnte ihn nicht festhalten.«
»Dann sollten wir ihm einen Besuch abstatten«, überlegte Dieter Bennings. »Theoretisch könnte er
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