Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
erhellt. Die Metallteile von verschiedenen Gartenscheren, Sägen und Harken, die an der Wand gegenüber hingen, blitzten kurz auf. Isidor ist mit den Gerechten , dachte Leandra, als sie auf dem Boden eine Leiter entdeckte.
„Was suchst du hier?“ ertönte eine Stimme hinter ihr, und sie fuhr herum.
Ein alter Mann, dessen graue Haare so wirr waren, dass sie nicht wusste, wo das Haar aufhörte und der Bart anfing, stand in der Tür.
„Ich wollte Rosen für Prinzessin Sorayas Gemach holen und habe mir gedacht, dass ich sie am besten mit Handschuhen pflücke.“
„Ja, ja, die schönsten Rosen haben die schärfsten Dornen, so wie die schönsten Frauen die schwierigsten sind. Ich werde dir ein paar besorgen, weil du sicher die Harmonie der Rosenbüsche zerstören würdest, aber du kannst mitkommen und zuschauen.“
Leandra nickte und folgte ihm. Der alte Mann schien genaue Vorstellungen davon zu haben, wie ein vollkommener Rosenbusch auszusehen hatte. Mal streckte er sich um eine Rose zu pflücken, mal bückte er sich, und der Strauß, den er ihr überreichte, war wunderschön.
Nachdem sie ihm gedankt hatte, kehrte Leandra zu Prinzessin Soraya zurück. Diese war über den Strauß sehr erstaunt und schien noch mehr an Leandras Klugheit zu zweifeln.
Plötzlich stand Lenos neben ihr, und Farina ärgerte sich, dass sie sein Kommen nicht bemerkt hatte. Diese Seekrankheit war das schlimmste Übel, das sie je erlebt hatte, und dass das Schiff vor Anker lag, half auch nicht. Allein die Geräusche der Wellen reichten aus, um ihren Magen in Aufruhr zu versetzen.
„Was willst du?“ fauchte sie Lenos an.
„Beruhige dich.“
Ohne Vorwarnung umarmte er sie. Anstatt zu erstarren oder zu schreien, verpasste die Kriegerin ihm einen Kinnhaken, und er taumelte zurück. Schwer atmend hielt sie inne. Wenn das ein Test gewesen war, geriet der Plan in Gefahr. Doch bei Isen, noch nie hatte ein Mann sie ohne Erlaubnis berührt! Zu ihrer Überraschung rieb sich Lenos beifällig grinsend das Kinn.
„Du hast als Mädchen wohl häufiger die Jungs verprügelt, die dich geärgert haben.“
Er trat an sie heran und Farina zwang sich stillzuhalten, als er ihre Hand nahm.
„Nur ein schwacher Mann fürchtet eine starke Frau“, sagte er, küsste ihren Handrücken und verließ die Kombüse. Farina blieb sprachlos stehen. Dieser Mann besaß die Frechheit, sie zu umwerben!
Adain kam herein.
„Warum war Lenos hier?“
„Ich will nicht darüber sprechen.“ Sie wandte sich den Tisch zu, um ihn zu putzen. Ihre kreisenden Bewegungen wurden immer schneller, als wollte sie ein Loch ins Holz brennen.
„Dieser verdammte Lenos!“ zischte Farina.
„Was ist mit ihm? Willst du wirklich nicht darüber reden?“
Giftig sah Farina Adain an, und er verschwand schnell aus der Küche. Da hörte sie schon wieder Schritte, die sich der Kombüse näherten. Was war heute nur los? Die Tür öffnete sich, und der Kapitän trat ein. Kurz warf er einen Blick auf den Eimer.
„An deinem Zustand hat sich anscheinend nichts geändert.“
Farina antwortete nicht. Er war König Bellins Mann, trotzdem machte sie ihn und seinen Herrn für die ganzen Probleme verantwortlich. Leandra und sie hätten bereits in Tehuna sein können, wenn die Mendarner ihre Dinge selbst erledigen könnten. Ian legte einen Beutel auf dem Tisch.
„Was ist das?“
„Ein Tee gegen deine Seekrankheit.“
„Warum gibst du ihn mir erst jetzt?“
„Ich dachte, du würdest dich an das Meer gewöhnen und alleine auf die Beine kommen.“
Er ging, und Farina setzte Wasser auf. Sie hoffte, dass der Tee half.
Endlich war es Nacht geworden, und Leandra war froh, dass sie die winzige Kammer verlassen konnte. Obwohl der Raum gerade mal so groß war, dass sie sich hinlegen konnte, hatte er zwei Türen. Die eine führte auf den Flur, die andere zu dem Gemach der Prinzessin. Leise öffnete Leandra die letzte Tür und sah, dass sie tief und fest schlief. Sie lag da eingerollt wie ein frierendes Kätzchen. Hoffentlich hatte Soraya wenigstens schöne Träume.
Leandra ging ans Fenster, kletterte auf den Sims und schlich ihn entlang, bis sie den Balkon des Fürsten erreichte. Da noch Licht brannte, spähte Leandra vorsichtig hinein. Der Fürst war wach. Plötzlich stand er auf und ging in Richtung Balkon! Rasch versteckte sie sich, aber Balark zog nur die Vorhänge zu. Leandra lauschte. Seine Schritte entfernten sich.
Behutsam schob sie den Vorhang ein Stück zur Seite. Der Fürst stand vor dem verhüllten Objekt und
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