Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
ihre Wache fast vorbei war, hörte Leandra Flügelschläge und wenig später das zarte Rufen eines Asolfasans, das sich in Richtung Südosten entfernte. Bestimmt war der Vogel unterwegs zu seinem Balzplatz, wo er sich mit einigen Weibchen treffen würde. Leandra weckte Adain, und der Jäger versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken.
„Bin ich schon dran?“
„Ja, vorhin habe ich einen Asolfasan gehört. Ich werde ihm folgen.“
Adain schien widersprechen zu wollen, dann schloss er kurz die Augen und sagte: „Wenn etwas ist, rufe mich.“
„Was sollte schon passieren?“ gab Leandra lächelnd zurück und nahm ihre Waffen. Als sie das Lager verließ, sah sie über die Schulter und bemerkte, dass Adain ihr besorgt nachblickte. Wenigstens hat er mich nicht aufgehalten , dachte die Prinzessin und ging. Aufmerksam lauschte Leandra nach dem Gurren. Der Asolfasan hatte sich weiter entfernt, als sie gedacht hatte. In der Nähe rauschte bereits der Fluss, und kaum wahrnehmbar hörte sie den Asolfasan. Der Balzgesang kam von der Böschung, und die Prinzessin schlich hinauf, bis sie ein Dorngebüsch erreichte. Es war so dicht, dass sie nicht durchkam, also ging Leandra nach links weiter und entdeckte, dass es am Rande des Abhanges einen schmalen Weg gab. Wenn sie aufpasste, konnte nichts passieren. Vorsichtig machte sie einen Schritt nach dem anderen, und wie erhofft fand sie eine Stelle, wo sie die Asolfasane gut sehen konnte. Die Vögel hatten sich ein schönes Liebesnest ausgesucht, und der Hahn war so beschäftigt, sein Gefieder aufzuplustern, dass er Leandra nicht bemerkt hatte.
Plötzlich sprang ein Fuchs aus dem Gebüsch, und die Vögel stoben auseinander. Leandra sah, dass sein Maul voller Schaum war. Mit einem weiteren Satz war er bei ihr und sprang sie an. Bevor das tollwütige Tier sie beißen konnte, packte Leandra ihn am Hals, aber dabei verlor sie ihr Gleichgewicht und fiel mit dem Fuchs in den Fluss, wo sie ohnmächtig wurde.
Als die Prinzessin zu sich kam, hatte die Strömung sie ans Ufer gespült. Obwohl Leandra sich vorsichtig aufrichtete, zuckte sie vor Schmerz zusammen. Ihre rechten Rippen taten weh. Leandra untersuchte sich und stellte erleichtert fest, dass das ihre einzige Verletzung war. Zum Glück hatte sie im Kräuterbeutel Salvan-Blätter. Sie kaute ein paar und verzog das Gesicht, als sich ein bitterer Geschmack auf ihrer Zunge ausbreitete. Nachdem die Prinzessin aufgestanden war, sah sie flussaufwärts und erkannte, dass die Strömung sie aus dem Tal getragen hatte. Verdammt , dachte Leandra. Sie würde bis zum Morgengrauen brauchen, um das Lager zu erreichen, und Timor würde sie gewiss verspotten.
„Also gut, es wird Zeit, dass ich mich auf den Rückweg mache“, spornte sie sich an und marschierte los. Die Schmerzen waren dank der Salvan-Blätter erträglich, doch ihre Sinne fühlten sich ebenfalls betäubt an.
Leandra war bereits eine Weile dem Fluss gefolgt, als sie am Ufer etwas bemerkte. Im feuchten Sand war ein Fußabdruck zu erkennen, und er konnte nur wenige Stunden alt sein. Die Prinzessin legte ihre Hand in die Mitte des Abdrucks. Er war dreimal so lang und zweimal so breit und konnte unmöglich von einem Tier stammen. Leandra lächelte schräg. Zumindest ein Troll war noch sehr lebendig. Die Spuren führten zur anderen Seite, also sollte sie lieber an diesem Ufer bleiben. Mit ihren geprellten Rippen konnte sie nicht schnell wegrennen. Aufmerksam blickte sie sich um. Nichts Auffälliges, allerdings konnte die Prinzessin auch nicht weit sehen, denn nach ungefähr fünfzehn Metern krümmte sich der Fluss hinter einem großen Felsen nach rechts.
Der Wind drehte sich, und das, was Leandra für einen Felsbrocken gehalten hatte, erwachte zum Leben und wandte sich um. Sie unterdrückte einen Fluch und lief in den Wald. Der Troll rief etwas, das wie Gorn klang. War das ein Name? Als ihre rechte Seite zu brennen anfing, unterdrückte Leandra ein schmerzerfülltes Keuchen. Lange halte ich das nicht aus , schoss es ihr durch den Kopf. Sie blickte zurück. Der Troll war nicht zu sehen, aber das laute Knacken verriet, dass er sie noch verfolgte. Am besten wäre es, wenn sie sich versteckte. Bei dem nächsten Gebüsch ließ Leandra sich fallen und kroch unter das Blätterwerk. Die Prinzessin zwang sich, ruhig zu atmen, und krabbelte weiter. Jäh durchfuhr ein stechender Schmerz ihre Hand. Vorsichtig strich sie über die Stelle und bemerkte, dass sie blutete und ein Dorn feststeckte. Vorsichtig zog
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