Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
bestrafen könnte.
In diesem Augenblick klopfte Isidor an die Tür und verlangte Einlass. Rhea bat ihn später wiederzukommen, doch ihr Vater überwand den Siegelzauber an Tür und trat ein. Ein einziger Blick in sein Gesicht verriet Rhea, dass er Bescheid wusste.
„Bitte bestraf sie nicht“, flehte die Göttin.
„Meine liebe Tochter, du sorgst dich zu Unrecht. Ich bin nicht zornig, sondern beeindruckt von diesen Seelen, die sich trotz ihrer Jugend auf den schweren Weg gemacht haben, deinen inneren Schmerz zu lindern. Sie erinnern mich daran, dass du den Menschen kein Geschenk hinterlassen hast.“
„Ich wollte den Menschen etwas schenken“, flüsterte Rhea.
„Und warum hast du es nicht getan?“
„Ich hätte irgendeinen oder mehrere Gegenstände mit meinen Heilungskräften verzaubern können, aber was ist, wenn sie Schaden anrichten? Sie könnten in den Besitz eines Menschen gelangen, der sie nicht in meinen Sinne einsetzt – oder noch schlimmer – vielleicht würden sich die Menschen darum streiten …“
„Warum schenkst du nicht diesen neun Seelen, die Fähigkeit zu heilen? Sie haben bewiesen, dass sie Mitgefühl haben, und wenn sie in der Welt der Sterblichen deine Priesterinnen werden, kannst du sie nicht nur anleiten, sondern auch durch ihre Herzen die Menschen besser verstehen.“
Die Augen der Göttin leuchteten, trotzdem zähmte sie ihre Freude und wandte sich den Seelen zu.
„Würdet ihr solch ein Opfer bringen?“, fragte Rhea sie, und die Seelen gaben ihr Einverständnis.“ Adain machte eine Pause, bevor er weitersprach: „Seitdem gibt es immer neun Heilerinnen der Rhea, die zugleich ihre Priesterinnen sind. Wenn es keine Seuchen gibt, findet man acht von ihnen im Tempel, weil eine immer an der Seite des Königs ist.“
Nachdem der Jäger seine Erzählung beendet hatte, schwieg Leandra, und als sie am Abend ihr Lager aufschlugen, hatte sie noch immer kein einziges Wort gesagt. Adain warf ihr einen langen Blick zu.
„Willst du uns nicht sagen, was dich bewegt?“
Die Prinzessin stieß laut den Atem aus. Wenn sie darüber sprach, würde es ihr vielleicht helfen, ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen.
„Ich dachte, wenn ich wüsste, für welchen Gott ich bestimmt bin, wäre mein Weg klar.“ Leandra sah Farina an. „Wie sollen wir Akrissa aufhalten, wenn ich eine Heilerin Rheas bin?“
Zu ihrer Überraschung lächelte Farina.
„Keine Sorge, du bist nicht zufällig Thronfolgerin und Heilerin der Rhea.“
„Außerdem-„ Sie beendete ihren Widerspruch nicht, da ein tiefer Schmerz ihr Herz zerriss.
„Was, Leandra?“
„Wie kann Rhea mich wollen?“
Nun verstanden sie, was Leandra quälte, und Farina ergriff ihre Hände.
„Keiner weiß besser als ich, dass deine Hände nie einen Menschen getötet haben.“
„Aber sie – und mein ganzer Körper – wurden ausgebildet, um zu kämpfen und töten zu können!“
Timor sprang auf und riss Leandra in die Arme.
„Tue dir das nicht an. Du bist Rhea treu geblieben. Sie und ihre Priesterinnen vermissen dich und warten darauf, dass du endlich zu ihnen kommst.“
Entsetzt blickte Leandra Timor an, und Adain meldete sich zu Wort.
„Die Götter haben den Ort deiner Geburt entschieden. Also wirf dir nicht vor, dass du als Kriegerin erzogen wurdest, außerdem weiß auch ein normaler Heiler, welche Dinge Menschen schaden.“
Leandra antwortete nicht. Sollte sie daran glauben, dass ihr Leben bisher so gelaufen war, wie Rhea es sich gewünscht hatte? Das hörte sich zu einfach an. Sie blickte zum Himmel auf.
„Du sollest schlafen gehen“, sagte Farina, und die Amazonenprinzessin fügte sich.
Am nächsten Tag erwartete Leandra beim Aufwachen eine Überraschung. Farina war schon vorausgeritten, um den Bewohnern von Ios die Botschaft zu bringen, dass es jemanden gelungen war, Anura zu reiten. Ärgerlich fragte die Prinzessin sich, was in die Amazone gefahren war. Sollte das ein Versuch sein, sie aufzuheitern?
„Sei nicht wütend auf sie“, versuchte Timor, sie zu besänftigen. „Sie ist uns nur zwei Stunden voraus, und ist der Gedanke, dass du heute nach dem Mittagessen ein Bad nehmen kannst, nicht schön?“
„Heute?“ Beinahe hatte Leandra dieses kurze Wort gestottert. „Ich war einen ganzen Tag bewusstlos?“
„Ja, hast tief und fest geschlafen.“ Auf seine Züge schlich sich ein verstohlenes Lächeln, das Leandra erröten ließ. Rasch wandte sie sich ab.
„In Ordnung, lass uns reiten.“
Als sie sich Ios näherten, sah Leandra, dass die
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