Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
Stadt mit hohen, weißen Mauern, die man auf einer Insel erbaut hatte, und eine breite Brücke führte zum einzigen Stadttor. Leandra stieg ab. Während Anura wie ein Schatten zurück in den Wald verschwand, ging sie zur Brücke.
Fünf Soldaten mit Armbrüsten bewachten sie und sofort richteten sie ihre Waffen auf Leandra.
„Halt!“, sagte einer der Soldaten, und an den Fältchen um den Augen erkannte die Prinzessin, dass er sonst ein fröhlicher Mensch war.
„Ich möchte in die Stadt.“
„Hier grassiert eine schlimme Krankheit.“
„Davon droht mir keine Gefahr.“
„Was soll das heißen?“
„Lasst mich hinein.“
Unsicher sah er zu den anderen. Die zuckten nur mit den Schultern.
„Deine Stimme ist fest, und dein Blick verrät Selbstsicherheit. Wenn du davon überzeugt bist, dass die Götter dich schützen werden, geh.“
Die Soldaten traten beiseite, und Leandra überquerte die Brücke. Nach kurzem Wortwechsel öffnete auch die Wache Alarns das Tor, um Leandra einzulassen. Der Wachmann war ein alter, weißhaariger Mann, der sie kopfschüttelnd betrachtete, als müsste er sich den Anblick der jungen Frau, die in eine seuchengeplagte Stadt wollte, einprägen. Sicher hielt er sie für geisteskrank.
„Wo finde ich die Priesterinnen?“, fragte Leandra ihn.
„Sie sind im Hause des Fürsten von Alarn und behandeln die Kranken. Gehe einfach ins Viertel der Vornehmen und folge der Menschenschlange.“
Auf den ersten Blick sah Leandra, dass sich Alarn im Ausnahmezustand befand. Niemand war draußen, Fenster und Türen waren verschlossen, und sie konnte fast die Angst riechen, die diese Stadt in ihren Klauen hielt. Es war unheimlich, durch menschenleere Straßen zu gehen.
Endlich erreichte sie das Viertel der Adeligen und hörte Stimmen, denen sie folgte. Eine Schlange von Menschen stand vor dem Haus des Fürsten. Viele weinten, Freunde stürzten einander, Männer trugen ihre Ehefrauen und Kinder, und eine Erkenntnis traf Leandra wie der Schlag einer Peitsche. Selbst die Priesterinnen konnten nicht alle retten. Die Erschöpfung, nachdem sie Timor geheilt hatte, kam ihr ins Gedächtnis, und Mitleid raubte ihr fast den Atem. Aber wenn ich jetzt etwas unternehme, werden sie mich nicht mehr weglassen , dachte Leandra und wollte an der Schlange vorbeigehen.
„Stell dich an, wenn du zu den Priesterinnen willst!“
Die Menschen wirkten so, als würde eine Kleinigkeit genügen, dass sie angriffen. Die Hilflosigkeit hatte sie reizbar wie Tiere gemacht.
„Ich bin nicht krank“, rief sie, “sondern bringe eine wichtige Nachricht.“
„Das ist bloß eine Lüge!“
Eine Wache bemerkte den Tumult und kam näher.
„Was ist hier los?“
„Sie behauptet, sie hätte eine wichtige Nachricht.“
„Sie will sich nur vordrängen!“
„Ruhe!“
Der Wachmann musterte Leandra, und sie sagte rasch: „Lasst mich zu ihnen. Wenn ich gelogen haben sollte, werden die Priesterinnen das nicht durchgehen lassen und Ihr könnt mich rauswerfen.“
Müde nickte er und geleitete sie zum Haus. Ein Diener führte Leandra in einen großen Saal. Hier saß eine Frau mittleren Alters. Das blonde Haar war zu einem losen Zopf gebunden, aus dem sich einige Strähnen gelöst hatten, und die grünen Augen sahen Leandra matt an.
„Du siehst nicht so aus, als wärest du krank.“
Leandra wusste nicht, wie sie beginnen sollte. Konnte sie einfach sagen, dass sie eine Heilerin der Rhea war?
„Bitte sprich, es warten noch so viele Menschen auf Hilfe, als dass wir unsere Zeit mit Schweigen verschwenden könnten.“
„Ich bin eine von euch.“
„Für eine Kräuterfrau bist du sehr jung, dennoch bist du uns herzlich willkommen.“
„Nein, ich habe jemanden das Leben gerettet, indem ich ihm die Hände auf die Brust legte.“
Die Priesterin erhob sich so rasch, dass der Stuhl umkippte, und überwand die wenigen Schritte, die sie voneinander trennten.
„Gib mir deine Hände.“
Unsicher gehorchte Leandra, und Rheas Dienerin nahm sie. Ihre Fingerspitzen begannen zu kribbeln. Obwohl die Frau nur erschöpft war, spürte Leandra, wie die heilende Kraft wie ein warmer Fluss zu ihr hinüber ging. Sofort zog die Priesterin die Hände zurück, und Leandra bemerkte, dass in den grünen Augen Tränen glitzerten.
„Wir haben schon aufgehört zu hoffen. Komm, Schwester, ich werde dich zur Hohepriesterin Alanna bringen.“
Sie gingen durch den rechten Gang und blieben vor der letzten Tür stehen, bis eine alte Frau herauskam. Ihre Augen strahlten.
„Ich bin wieder
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