Leaving Paradise (German Edition)
zwingt mich, der Frau des Reverends gegenüberzutreten. »Nicht wahr, Caleb?«, sagt sie.
»Ich bete jeden Tag«, sage ich ohne zu zögern, da ich weiß, dass nicht nur Mrs Gutterman uns zuhört. Und in Wahrheit? Ich habe jeden Tag gebetet, dass ich den Jugendknast überlebe und zurück nach Paradise kommen und die Dinge wieder in Ordnung bringen könnte. Moms Eröffnung, ich sei religiös geworden, ist schal, weil wir nie darüber gesprochen haben, was im Knast gewesen ist. Sie hat nie danach gefragt und ich habe es ihr nicht erzählt.
Abgesehen davon, will sie die Wahrheit gar nicht kennen. Wenn Heuchelei diese Familie heilen kann, ist das okay für mich. Ich halte es für Bockmist, aber es ist okay für mich.
Mrs Gutterman wird von jemand anderem weggeführt und Mom und ich bleiben nebeneinanderstehend zurück.
Sie beugt sich näher zu mir. »Knöpf das Hemd ordentlich zu«, flüstert sie.
Ich gucke an mir runter. Ich habe nur zwei Knöpfe offen stehen gelassen. Aber ich habe keine Lust, mich deswegen mit meiner Mom zu streiten. Es ist es nicht wert. Ich muss so viele Dinge in Ordnung bringen; sich über einen verdammten Knopf zu streiten, wäre total lächerlich.
Während ich mein Hemd zuknöpfe, werfe ich einen Blick auf Goth Girl, die an der Hauswand lehnt. Ich schenke ein Glas Root Beer ein und schlendere zu meiner Schwester. Ich habe versucht, das Lächeln so lange wie möglich beizubehalten, aber meine Gesichtsmuskeln beginnen von der Anstrengung zu brennen. »Hier«, sage ich und reiche ihr das Glas. »Dein Lieblingsgetränk.«
Sie schüttelt ihr rabenschwarzes Haar. »Nicht mehr.«
Also stehe ich jetzt mit einem Getränk in der Hand da, das niemand will. Ich nehme einen Schluck. Igitt. »Schmeckt widerlich. Ich verstehe nicht, wieso du das Zeug mal mochtest.«
»Jetzt trinke ich Wasser. Pures, gutes Wasser.«
Und das von einem Mädchen, das seine Limonade mit Malzbier aufgepeppt hat und sich weigerte, Hühnchen zu essen, das es nicht in seinen eigenen Mischmasch aus Barbecuesoße, Ketchup, Senf und Parmesankäse getunkt hatte. Pures Wasser passt nicht zu Leah, ob meine kleine Schwester es nun zugeben möchte oder nicht.
Ich stehe neben ihr und betrachte, was sich hier abspielt. Paradise ist keine große Stadt, aber das Wort Party zieht die Leute in Scharen an. »Eine ganz schöne Meute haben wir hier heute.«
»Yep. Mom hat sich voll ins Zeug gelegt«, sagt sie.
»Dad hat nicht versucht, sie aufzuhalten.«
Leah zuckt mit den Achseln, dann sagt sie: »Warum sollte er? Sie würde am Ende doch sowieso tun, was sie für richtig hält.« Ein paar Minuten vergehen, bevor ich Leahs Stimme wieder höre. »Haben sie dich gezwungen, dein Haar so kurz zu schneiden?«
Ich fahre mit der Hand über die Stoppeln. »Nein.«
»Du siehst damit ganz schön tough aus.«
Soll ich ihr sagen, wonach ihr schwarz gefärbtes Haar aussieht? Ich ziehe es kurz in Erwägung, realisiere aber schnell, dass ihre Schwärze tiefer reicht als bloß bis zu den Haaren. Dieses Thema auf einer Party zu vertiefen, wäre nicht gerade die klügste Aktion.
Leah tritt von einem Fuß auf den anderen. »Brian schmeißt heute eine Party.«
»Zwei Partys in Paradise an einem Abend? Junge, Junge, die Dinge haben sich ganz schön verändert.«
»Mehr als dir klar ist, Caleb. Wirst du dich bei Brian sehen lassen?«
»Auf keinen Fall.« Es ist übel genug, dass ich mich von einem Haufen Erwachsener angaffen lassen muss. »Wieso? Gehst du hin?«
Leah hebt eine Augenbraue und sieht mich direkt an. Kapiert. Sie geht auch nicht hin.
»Du solltest Mom besser im Auge behalten«, sagt Leah und knabbert an einem ihrer schwarzen Fingernägel.
»Warum?«
»Weil sie gerade ein Mikrofon in die Hand genommen hat.«
Wie aufs Stichwort kommt ein lautes, brummendes Geräusch von der Veranda. Dann dröhnt die Stimme unserer Mutter durch den Garten. »Danke, dass ihr alle gekommen seid«, verkündet sie mit einer Haltung, auf die die Königin von England stolz wäre. »Und dafür, dass ihr meinen Sohn Caleb mit offenen Armen empfangen habt.«
Offene Arme? Meine eigene Mutter erträgt es nicht, mich zu berühren, es sei denn wir haben Publikum. Ich verkrafte kein weiteres Wort mehr. Noch mehr als vor dem anstehenden Treffen mit meinem Eingliederungscoach fürchte ich mich davor, aufzustehen und in dieses Mikrofon zu sprechen.
Denn was mir auf der Seele brennt, wäre nicht geheuchelt oder verlogen.
Ich verdufte durch das Seitentörchen. Auf dem Weg
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