Leaving Paradise (German Edition)
Caleb.«
»Nun, da bin ich«, sage ich wenig begeistert, da ich mich nicht im Mindesten für das Scheinwerferlicht bereit fühle.
Mein Dad wirkt müde; er hat dunkle Ringe unter den Augen und hält sich nicht so gerade und aufrecht, wie ich es in Erinnerung habe. »Caleb, kennst du Dr. und Mrs Tremont noch? Dr. Tremont hat eine Zahnarztpraxis in Denton und soeben eine weitere in Paradise eröffnet, jetzt da Dr. Kryzanowich sich zur Ruhe gesetzt hat.«
»Ach, tatsächlich?«
Dr. Tremont deutet nach Osten. »Drüben an der Ecke Central und Carrigedale Road. Das neue Gebäude neben dem Kino. Hast du bestimmt schon mal gesehen.«
Ich schüttle den Kopf. »Bisher noch nicht.«
»Wo hast du denn gesteckt?«, sagt Dr. Tremont lachend. »Es ist das Gebäude mit dem großen Zahn vor der Tür.«
Dad läuft unter seinem Hemdkragen rot an. »Ich bin am Verhungern«, sagt er, bevor ich Dr. Tremont erzählen kann, dass ich seinen tollen Zahn noch nie gesehen habe, weil ich das letzte Jahr im Knast eingesperrt war. »Wie wäre es mit einer Kostprobe von der Spezialität meiner Frau, während Caleb seine Freunde suchen geht?«
Mom gelingt es auf bewundernswerte Weise, die Tremonts zum Buffet zu dirigieren und weg von mir. Meint ihr, Mom geht langsam auf, dass es nicht die beste Idee war, mich hier als den vermeintlich perfekten Sohn zu präsentieren? Meine Schwester gesellt sich zu ihnen, mich lässt sie komplett links liegen.
Das Herbstfestival ist der reinste Zoo. Es fällt schwer zu glauben, dass Paradise eine Kleinstadt ist, wenn man all die Leute sieht. Brian und die Jungs stehen neben dem Parkplatz rum.
»Wow, Caleb, wer hat dich bloß eingekleidet?«, quäkt Brian und schüttelt ungläubig den Kopf.
Ich schneide eine Grimasse. »Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass es meine Mutter war?«
Brian nickt. »Jau. Paradise war ohne dich nicht dasselbe, Mann. Aber diese Klamotten müssen verschwinden.«
Drew lacht in sich hinein, während er sich eine Zigarette anzündet. »Du hast recht, Brian. Paradise ist nicht mehr dasselbe. Ich habe Mrs Armstrong mit dem Typen vom Diner tanzen sehen. Sie sahen ziemlich dicke aus. Meinst du sie … du weißt schon. Gott weiß, dass Maggie keinen abkriegen wird. An der Braut muss noch jede Menge geschnippelt werden, ehe ein Typ sich für sie interessiert. Vielleicht sollte sie sich für den Abschlussball ein Date übers Internet organisieren.«
Niemand lacht, weil Drew nicht witzig ist. Er hat sich wie ein Arschloch aufgeführt, seit ich wieder da bin, und sein Bestes gegeben, mich stinkwütend zu machen.
Tristan wirft einen Football in die Luft. »Wir sind auf dem Weg zum Footballplatz, um ein paar Bälle zu werfen. Lasst uns losziehen, bevor unsere Mütter uns nötigen, mit ihnen zu tanzen.«
Ich ziehe das alberne Hemd aus, während ich spiele, aber meinen Eiern wird von der Hose, die ich anhabe, das Blut abgeschnürt. Nach einer Dreiviertelstunde kehren wir zurück. Als Tristan und Brian ein ganzes Stück vor uns sind, packe ich Drew an der Schulter und stoße ihn mit dem Rücken gegen einen Baum. Es trifft ihn völlig unvorbereitet. Er hat keinen Schimmer, dass ich ihm am liebsten eine Abreibung verpassen würde. Eine Sache habe ich von den Kollegen im DOC gelernt … greif an, wenn der andere es am wenigsten erwartet.
»Hier ist der Deal«, sage ich leise und drohend, während ich sein Hemd packe und oben an seinem Hals zu einem Knoten verdrehe. »Du wirst aufhören, ständig Witze über Maggie, den Unfall oder den Knast zu machen. Kapiert? Wenn du weiter Müll von dir geben willst, bitteschön, aber das nächste Mal, wenn du das tust, landet meine Faust in deiner Fresse. Das ist ein Versprechen.«
»Ich hab doch nur Spaß gemacht«, röchelt Drew mit einer Spur von Hysterie in der Stimme. »Jesus, Caleb, mach dich locker.«
Ich lasse sein Hemd los, gebe ihm aber noch eine letzte Warnung mit. »Bis vor zwei Wochen habe ich noch mit einem Haufen Gangmitgliedern zusammengelebt. Sag mir nicht, ich soll mich locker machen.«
Es ist Donnerstagabend, fünf Tage nach dem Festival. Ich bin in Kendras Zimmer, während ihre Eltern irgendeine Dinnerveranstaltung besuchen. Wir müssten eigentlich lernen, wir schreiben morgen beide eine Arbeit.
Blöderweise ist mir vor ungefähr einer halben Stunde klargeworden, dass sie keineswegs vorhat zu lernen. Kendra stolziert vor mir auf und ab. Sie präsentiert die verschiedenen Outfits, die sie gestern in der Mall gekauft hat.
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