Leaving Paradise (German Edition)
sich merkwürdig an, sich an diese Nacht zu erinnern, ohne dass gewaltige Emotionen mein Blut in Wallung bringen. Jenseits der Dunkelheit hinter meinen Lidern zeigt mir eine Momentaufnahme, wie Caleb das Auto steuert, das mich angefahren hat. Aber etwas daran fühlt sich falsch an.
Schauder laufen meinen Rücken hinauf und hinunter.
Denn als ich meine Lider fest zusammenpresse, wird das Bild des Fahrers klarer und der neblige Schleier verzieht sich.
Es ist Leah. Entsetzen und Angst stehen in ihren Augen, als sie die Kontrolle über den Wagen verliert.
Leah war die Person, die mich in jener Nacht angefahren hat.
Nicht Caleb.
Aus welchem Grund hätte er … aus welchem Grund hätten sie …?
Es läutet an der Tür, während ich immer noch versuche, meine Gedanken zu sortieren. Mein Magen hebt sich. Ich bin kurz davor, mich zu übergeben. Aber das geht nicht, weil meine Mutter mich nach unten ruft. Ich stolpere beinah über meine Füße, als ich den Mann und die Frau in identischen marineblauen Anzügen begrüße.
»Maggie, wir sind vom Departement of Corrections des Staates Illinois. Wir sind gekommen, um deiner Beschwerde über Caleb Becker nachzugehen.«
»Ich habe keine Beschwerde eingereicht!«, widerspreche ich ihnen.
Die Frau öffnet ihre Aktentasche und zieht eine Mappe daraus hervor. »Wir haben dokumentiert, dass du die 1-800er Nummer des Jugendstrafvollzugs angerufen und dich gegenüber der diensthabenden Mitarbeiterin beschwert hast, Caleb Becker würde dich belästigen.«
Oh mein Gott. Ich schüttle den Kopf und sehe meine Mutter an. »Ich habe nicht dort angerufen, Mom. Das schwöre ich.«
»Bist du dir sicher?«, fragt der Mann. »Du musst keine Angst haben, Maggie. Wir sind hier, um für deinen Schutz zu sorgen.«
Ich sehe die beiden fest an. »Ich habe keine Angst vor Caleb Becker. Wir sind befreundet.«
Mom sagt: »Bitte entschuldigen Sie meine Tochter. Sie weiß nicht, was sie da sagt. Ich habe sie angewiesen, keinerlei Kontakt mit diesem Jungen zu haben. Stimmt das nicht, Maggie?«
Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Mom …«
»Maggie?«
Der vergangene Abend im Park ergibt nun einen Sinn, wieso er mich auf die Probe stellte. Oh, wie sehr muss er mich jetzt hassen, wenn er glaubt, ich hätte mich über ihn beschwert, wo ich doch nie im Leben etwas tun würde, um ihm zu schaden. Kendra würde ihm schaden, ich nicht. »Ich muss zu ihm.«
»Maggie, komm sofort zurück!«
Ich humpele rüber zu den Beckers, bevor mich jemand aufhalten kann. Mrs Becker öffnet die Tür.
»Ist Caleb zu Hause?«, frage ich in heller Aufregung. »Ich muss unbedingt mit ihm reden. Ich weiß, Sie hassen mich wahrscheinlich, weil ich der Grund dafür bin, dass er im Gefängnis war, aber ich glaube, es war alles ein Fehler, und …«
»Caleb ist weg«, sagt sie, vollkommen unbeeindruckt von den Worten, die aus meinem Mund kommen. Auf ihrem Gesicht liegt sogar ein seltsames Lächeln. »Er ist fortgegangen.«
Inzwischen ist meine Mutter mir mit den Ermittlern im Schlepptau zum Haus der Beckers gefolgt.
Mom mustert Mrs Becker argwöhnisch. »Penny, was ist los mit dir?«
Die Worte haben den Mund meiner Mutter kaum verlassen, als Mrs Becker auch schon stolpert und Mom in die Arme fällt. Meine Mutter schreit auf und die zwei Ermittler helfen ihr, Mrs Becker ins Haus zu tragen. »Sie ist ohnmächtig geworden«, sagt einer von ihnen.
Während sie sich um Mrs Becker bemühen, weiche ich mehrere Schritte zurück. Was hat Mrs Becker gemeint, als sie sagte, Caleb sei fortgegangen? Ich renne nach Hause, schnappe mir meine Schlüssel und fahre zu Mrs Reynolds’ Haus. Ich sehe in der Garage nach, im Pavillon … er ist nicht hier.
Die ganze Zeit habe ich Caleb dafür verantwortlich gemacht, mich angefahren zu haben, ohne seine Schuld infrage zu stellen. Er hatte sich schuldig bekannt, aber tief in meinem Inneren habe ich gespürt, dass etwas an seinem Verhalten nicht dazu passte. Ich dachte, es läge daran, dass er den Unfall nicht bereute, während der Grund die ganze Zeit über war, dass er keine Schuld daran trug.
Mit jeder Minute, die ich durch Paradise fahre, schwindet meine Hoffnung. Ich halte nach Caleb oder einem Anzeichen dafür Ausschau, dass er noch hier ist. Ehe ich mich versehe, finde ich mich da wieder, wo alles begann.
An der Unfallstelle.
Die Bremsspur des Autos ist immer noch zu sehen, eine schwarze Mahnung an jenen Tag. Seit dem Unfall war ich nicht mehr hier. Ich hatte bisher nicht die Kraft,
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