Lebe die Liebe
Umgebung anzupassen, lag sicher darin begründet, dass er in der starken, liebevollen Familie aufgewachsen war und sich bis heute der Liebe seiner Eltern und seiner Geschwister sicher sein konnte. Diana fragte sich, ob er dieses Glück wirklich zu schätzen wusste.
Auf ihrem Erkundungsgang durch das riesige Haus kam Diana auch wieder in das Zimmer, das Caine scherzhaft die Waffenkammer genannt hatte. Sie schloss die Tür hinter sich und sah sich um.
Hier bewahrte Daniel MacGregor alle Arten von modernen und alten Waffen auf. Schwerter, Degen, die verschiedenen Pistolen und Gewehre – ja, sogar eine kleine Kanone, die Diana jetzt lächelnd betrachtete. Es war kalt in dem großen Raum, und sie hatte die Arme um ihren Oberkörper geschlungen, während sie langsam an den gläsernen Schaukästen vorbeiging.
Es wäre besser gewesen, Caine hätte sie vor seinem Vater gewarnt, bevor sie hierhergekommen waren. Immer wieder musste Diana an Daniels Bemerkungen gestern Abend denken. Sie hatte mit Caine darüber reden wollen, aber als er vergangene Nacht in ihr Zimmer gekommen war, hatte es dazu keine Gelegenheit gegeben.
Sosehr sie die Familie MacGregor mochte, so hatte Diana doch nicht die Absicht, sich von ihr zu einer Entscheidung drängen zu lassen, an die sie vorher nicht einmal gedacht hatte. Oder vielleicht doch?
Diana blieb nachdenklich stehen. Ja, wenn sie ehrlich zu sich war, musste sie zugeben, dass ihr in den letzten Wochen durchaus der Gedanke an eine Ehe mit Caine gekommen war, aber sie hatte ihn immer schnell wieder verworfen. Es machte ihr Angst, überhaupt darüber nachzudenken. Bedeutete Ehe nicht wieder Abhängigkeit? Und war sie dieser nicht gerade erst entflohen?
Nein, sie wollte weder an Liebe noch an Ehe denken. Nie wieder wollte sie sich so an einen Menschen hängen wie damals an ihre Eltern und Justin. Dann würde es ihr wenigstens erspart bleiben, noch einmal den Verlust eines geliebten Menschen ertragen zu müssen.
Außerdem war es ja nicht Caine, der das Thema angeschnitten hat, dachte Diana. Er hatte bisher weder davon gesprochen, dass er sie liebe, noch gar davon, dass er sie heiraten wolle. Ob seine Eltern das wollten oder nicht, spielte im Grunde ja gar keine Rolle. Schließlich waren die Zeiten, in denen die Eltern die Ehepartner für ihre Kinder aussuchten, lange vorbei.
»Was machst du denn so allein hier?«
Sie drehte sich herum und sah ihren Bruder auf sich zukommen. »Ich kann gar nicht genug von diesem Haus bekommen«, antwortete Diana und lächelte ihm zu. »Ich komme mir hier vor wie in einem verwunschenen Schloss, das hinter jeder Ecke neue Geheimnisse birgt. Und ich weiß nicht, was faszinierender ist – das Haus oder die Familie MacGregor.«
»Wie solltest du auch?« erwiderte Justin und lachte. »Das habe ich ja bislang auch noch nicht herausbekommen. Wobei Daniel wohl am schwierigsten einzustufen ist. Ich weiß bis heute nicht, ob er nun ein Genie oder ein Schlitzohr ist.«
»Du magst ihn sehr, nicht wahr?«
»Ja. Er ist ein Mann, der sich nie schämt, seine Gefühle zu zeigen. Das bewundere ich sehr an ihm. Wer kann das heutzutage noch?«, fügte er nachdenklich hinzu. »Weißt du, Diana, eigentlich ist mir erst bei Serenas Entführung bewusst geworden, dass ich die MacGregors längst als meine eigene Familie anerkannt und geliebt habe. Ich wünschte nur, dass es dir ähnlich ergangen wäre.«
»Oh, dafür hatte ich andere Pluspunkte einzusetzen«, antwortete Diana und zuckte mit den Schultern. »Zumindest habe ich gelernt, Selbstbewusstsein zu entwickeln und mich auf eigene Füße zu stellen.«
»Ja, aber zu welchem Preis? Meinst du nicht, Diana, dass du deine Selbstständigkeit übertreibst?«, fragte Justin.
Ärgerlich zog sie ihre Brauen hoch. »Fängst du jetzt auch damit an? Ihr habt euch wohl alle verschworen, um mich mit Caine zu verkuppeln, oder?«
»Ist das wirklich noch nötig?«, fragte Justin ganz ruhig. »Es scheint, dass ihr beide euch darüber bereits klar geworden seid.«
»Und wenn es so wäre, ginge es euch gar nichts an.«
»Natürlich nicht«, gab Justin zu. »Diana, es ist wohl ein wenig zu spät, jetzt noch den großen Bruder hervorzukehren, aber immerhin habe ich dir versprochen, dein Freund zu sein … erinnerst du dich?«
Diana ging plötzlich auf ihn zu und schlang die Arme um seinen Nacken. »Justin, es tut mir leid«, murmelte sie schuldbewusst und barg den Kopf an seiner Schulter. »Es fällt mir wirklich schwer zuzugeben, dass ich
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