Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
kamen der Sache langsam näher.
»Klar kannst du.« Er drückte meinen Finger auf die Entertaste und zack, hatte ich meine Bewerbung an das einzige College abgeschickt, auf das ich gehen wollte.
»Ich glaube, mir wird schlecht.«
»Wenn das so ist, würde ich dir dringend das Badezimmer ans Herz legen, ich muss nämlich heute Nacht hier schlafen.« Er lachte und gab mir einen flüchtigen Kuss auf den Hals.
Ich ließ mich wieder auf sein Bett fallen und zerwühlte die vertraute blaue Decke. Immer wenn wir uns bei seinem Dad zu Hause trafen, fühlte es sich an wie früher, als wir aus der Zentrale ausgebrochen waren und ich fürs Erste hier untergekommen war. »Ich hätte mir meine Aufsätze noch mal durchlesen sollen. Und was ist mit meinen Noten? In Mathe könnte ich besser sein. Müsste ich besser sein. Von Englisch ganz zu schweigen.« Ich vergrub das Gesicht in den Händen. »Ich kann nicht atmen. Konntest du atmen, als du dich beworben hast? Ist das normal?«
Lend setzte sich neben mich und die Matratze sackte so tief ein, dass ich gegen ihn rollte. »Das ist normal. Mir ging es ganz genauso wie dir. Aber wenn es dir hilft, du siehst beim Durchdrehen tausendmal süßer aus als ich.«
Ich linste durch meine Finger. »Aber was, wenn sie mich nicht nehmen?«
Er legte die Arme um mich. »Schluss jetzt damit. Die nehmen dich.«
»Gut. Irgendwer muss ja ein Auge auf dich und diese lüsterne kleine Dryade von Laborantin haben.«
Er lachte und drückte mich so fest an sich, dass ich keine Luft mehr bekam. »Was soll ich mit einer lasterhaften Baumnymphe, wenn ich eine hyperventilierende Evie haben kann?«
Ich befreite meine Arme und fing an, ihn mit dem Finger in die Seiten zu pieksen und ihn zu kitzeln, bis er seinen Griff lockerte. Und dann, unfähig, seinem Mund zu widerstehen, der so liebenswert aussah, wenn er lachte, küsste ich ihn und meine Anspannung zerschmolz unter seinen Lippen. Meine Güte, dieser Junge schmeckte sogar fantastisch.
Gerade als ich mich auf eine schöne Runde Rumknutschen eingerichtet hatte, unterbrachen uns laute Stimmen aus dem Erdgeschoss.
»Erwartet ihr Besuch?«, fragte ich und setzte mich auf.
Lend wand seine Finger aus meinem Haar. »Nicht dass ich wüsste.«
Die Stimmen wurden lauter, offensichtlich war da unten ein Streit im Gange. »Sekunde mal – das ist Raquel.« Na super. Natürlich tauchte sie genau dann auf, wenn zwischen Lend und mir alles wieder in Ordnung war. Jetzt konnte ich wirklich kein IBKP-Drama gebrauchen, das ihn nur wieder an meine Lügen erinnern würde. Wir eilten runter in die Küche. David stand mit dem Rücken an die Arbeitsplatte gelehnt, seine Miene eine eigentümliche Mischung aus Ärger und Verlegenheit. Vor ihm stand Raquel und stieß ihm zur Betonung bei jedem einzelnen Satz den Zeigefinger in die Rippen.
»Erzähl du mir nichts von Vertrauen, David Pirello! Wag es ja nicht! Wenn du irgendetwas darüber weißt, wo sie sind, und es nicht –«
David räusperte sich laut, woraufhin Raquel sich zu uns umdrehte. Ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet, was ich so gut wie noch nie an ihr gesehen hatte. Sie sah richtig hübsch aus mit ihren rosigen Wangen und den blitzenden Augen. Nur ihre finstere Miene minderte den Effekt ein wenig, doch als sie uns sah, bemühte sie sich hastig um einen neutraleren Gesichtsausdruck.
»Oh. David hat gar nichts davon gesagt, dass ihr zwei hier seid.« Sie fuhr glättend mit den Händen über ihren Rock, als könnte sie so ihre aufgestaute Wut loswerden. »Evie, ich wollte dich fragen, wie die Collegesuche vorangeht.«
Ich lächelte skeptisch, überzeugt davon, dass das keineswegs der Grund war, warum sie gekommen war. »Bestens. Hab mich gerade vor fünf Minuten an der Georgetown beworben.«
»Schön, aber zur Sicherheit solltest du es bei wenigstens drei weiteren Colleges versuchen.«
Ich widerstand dem Drang, sie wütend anzustarren. Dasselbe predigte mir mein Beratungslehrer auch immer, aber für mich gab es nun mal nur Georgetown. »Guter Rat. Danke.«
»Was machen Sie hier?«, fragte Lend.
»Ich wollte die Meinung deines Vaters zu einigen neueren Entwicklungen hören. Leider war er keine große Hilfe.« Sie funkelte David gereizt an, was er mit einem mürrischen Blick quittierte. »Evie, halt mich auf dem Laufenden über deine Bewerbungen, ja?« Sie schenkte mir ein Lächeln und ging an uns vorbei zur Haustür hinaus.
»Seit wann benutzt sie denn normale Türen?«, wunderte sich Lend.
»Sie will nur
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