Lebe wohl, Erde!
bringen wir später zu Papier.«
»Das können Sie nicht tun!« protestierte Duane schwach. »Ich bin krank. Wenn Sie etwas gegen mich haben, warten Sie, bis mein Kopf wieder klar ist. Ich bin sicher, daß ich dann erklären kann …«
»Zum Teufel mit Erklärungen! Aber gut, ich werde warten, und das Schiff bleibt solange hier. Ohne meine Genehmigung kann es nicht starten. Ich gebe die Befehle auf Kallisto!«
Er muß ein wichtiger Mann auf Kallisto sein, dachte Duane. Die Besatzung des Frachters erhob keine Einwände, als Andrias und seine Polizisten Duane ohne Erklärung von Bord nahmen. Duane hatte gehofft, die Schwester würde zumindest dagegen protestieren, aber sie war nirgends zu sehen. Ein langer, schwerer Bodenwagen hielt vor ihnen an. Andrias setzte sich neben den Fahrer, während die beiden Uniformierten Duane auf den Rücksitz schubsten und sich links und rechts von ihm niederließen.
Kaum startete der Fahrer, fing die Sirene auf dem Wagendach schrill zu heulen an und aller Verkehr auf der breiten Straße wich zur Seite, um sie der Stadt mit den Dutzenden von mindestens hundert Meter hohen, schlanken Türmen entgegenbrausen zu lassen. Irgendwie kamen sie Duane bekannt vor, aber so sehr er sich auch bemühte, seine Erinnerung wollte nicht zurückkehren. Natürlich hatte er von Amnesie gehört, aber sich doch nie träumen lassen, daß einmal er selbst daran leiden würde.
Sie behaupten, ich heiße Peter Duane, dachte er, und ich hätte einen Mann getötet! Der Gedanke war ihm einfach unvorstellbar. Doch dumpf begann er sich eines Weißhaarigen namens Stevens zu entsinnen, und er hatte eine Auseinandersetzung mit ihm gehabt. Es hatte etwas mit Geld und irgendwelcher Ware zu tun gehabt, die Stevens für ihn besorgt hatte …
Aber Mord, nein! Duane betrachtete nachdenklich seine Hände.
Andrias drehte sich um. Er schaute Duane eine lange Weile scharf, aber unsicher an, dann wandte er sich wieder nach vorn.
»Wer ist dieser Andrias?« fragte Duane flüsternd einen der Polizisten. Der Bursche starrte ihn an. »Gouverneur Andrias«, erwiderte er schließlich, »ist der Vertreter der Liga auf Kallisto. Sie wissen doch, der Erde-Mars Liga. Sie beorderten Gouverneur Andrias hierher – nun, um die Regierung Kallistos in die Hand zu nehmen.«
»Liga?« Duane runzelte die Stirn. Er hatte bestimmt schon von einer Liga gehört, aber es war alles so – so nebelhaft.
Der andere Polizist knurrte: »Halt’s Maul. Du bekommst noch genügend Zeit zum Reden.«
Aber darauf mußte Duane noch lange warten, denn man stieß ihn in einen Raum mit vergittertem Fenster und sperrte ihn dort ein. Es war kein richtiges Gefängnisgebäude, in dem er sich hier befand, dazu war es viel zu palastartig, ganz aus weißem Stein und mit Fresken verzierten Wänden. Duane wünschte sich menschliche Gesellschaft, vorzugsweise die der hübschen Krankenschwester. Von allen, die er seit seinem Erwachen in der Krankenstation kennengelernt hatte, war sie die einzige mit menschlicher Wärme gewesen. Die anderen waren brutal – bedrohlich! Zu dumm, daß er sich nicht hatte an sie erinnern können, das schien sie ganz offensichtlich gekränkt zu haben. Sie mußte ihn wohl besser kennen, sonst hätte sie ihn nicht beim Vornamen genannt und geduzt. Er vergrub sein Gesicht in den Händen. Spuren von Erinnerungen geisterten durch seinen Kopf.
Irgendwo, irgendwann hatte jemand zu ihm gesagt: Andrias versorgt die Halunken auf Kallisto heimlich mit Waffen, damit sie sich gegen die Liga erheben können. Er ist auf persönliche Macht aus, und bereit, jeden Preis dafür zu bezahlen. Er braucht Schußwaffen, die er durch die Ligapatrouille von der Erde einschmuggelt. Wenn er erst die Ligapolizisten der Kallistogarnison ausgemerzt hat, die noch der Liga ergeben und nicht schon zu ihm übergelaufen sind, hat er keine Flotte mehr zu fürchten, die die Erde oder der Mars schicken könnte. In einer Atmosphäre sind die Raumschiffe viel zu unbeholfen. Und wenn es ihm gelingt, genug des Lumpenpacks zu bewaffnen, ist er nicht mehr zu halten. Deshalb ist er auch bereit, für elektronische Gewehre ihr Gewicht in Gold zu bezahlen.
Duane konnte sich dieser Szene erstaunlich klar entsinnen, ja er sah sogar das scharfgeschnittene Gesicht des Mannes vor sich, der diese Worte gesprochen hatte. Aber damit hörte seine Erinnerung auch schon wieder auf.
Nein, da war noch etwas, das sich ihm jedoch entziehen wollte. Er konzentrierte sich darauf. Sie hatten eine
Weitere Kostenlose Bücher