Leben aus der Asche
sich nur noch vorwärts. Seine Füße waren wund und schmerzten. Sein Atem ging stoßweise, und er spürte ein unangenehmes Stechen in der Brust. Immer öfter mußte er stehenbleiben, um zu husten und auszuspucken. Jeder Schritt war eine Qual.
Verdammt noch mal, dachte der Mann, wie weit ist denn dieses Ding noch entfernt? Ich muß doch bald da sein.
Er hob die Wasserflasche an die Lippen und trank mit langen, gierigen Zügen. Er wischte sich über das Gesicht und schraubte die Flasche wieder zu.
Er schüttelte sie hin und her. Auch nicht mehr viel drin, dachte er und spürte, wie die Verzweiflung Besitz von ihm ergriff. Ich darf nicht aufgeben, dachte er. Ich darf einfach nicht aufgeben, es hängt zuviel davon ab. Und dann hatte er einen entsetzlichen Gedanken.
Mein Gott, dachte der Mann. Was ist, wenn ich nun schon daran vorbeigelaufen bin?
*
»Was glaubst du, wer neulich den Computer kaputtgehauen hat?« fragte Tormayer.
Shiyuna sah ihn aus schrägen Augen an.
»Vielleicht du. Vielleicht ich.«
»Was willst du damit sagen?«
»Gut, daß er kaputt ist.«
»Bist du wahnsinnig?«
»Wieso?«
»Mann, sprich leise, wenn dich hier einer hört ...«
»Hier hört uns niemand.«
»Also, Ansichten hast du, ich muß schon sagen!«
»Du denkst doch dasselbe. Sagst es bloß nicht.«
Tormayer schwieg schockiert.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Das sehe ich dir an.«
»Bist du Gedankenleser oder sowas?«
Shiyuna schüttelte lächelnd den Kopf.
»Naja ...« Tormayer suchte offensichtlich nach Worten. »Aber machen können wir doch nichts!«
»Warum nicht?«
»Wir müssen ja doch parieren.«
»Warum eigentlich?«
Tormayer brauchte eine ganze Weile, um diesen Gedanken zu verkraften.
»Das ist ja Meuterei!«
Shiyuna zeigte ein unbewegliches Gesicht.
»Ich weiß nicht, wovon du redest.« Shiyuna drehte ihm den Rücken zu.
»Besser, wir vergessen das Gespräch«, sagte Tormayer. Aber er vergaß es nicht.
*
Der wellige Boden ging in eine kleine Anhöhe über. Der Mann war am Ende seiner Kräfte. Ohne den Kopf zu heben, taumelte er weiter. Seine Knie waren weich, und seine Beine gehorchten ihm nur noch automatisch. Er konnte nicht mehr denken. Jeder Schritt war eine ungeheure Energieleistung.
Er sah die beiden Soldaten nicht, die urplötzlich vor ihm aus dem Boden aufwuchsen.
Er hörte sie nicht, denn sie rührten sich nicht. Sie beobachteten ihn.
Er hielt den Kopf gesenkt und taumelte weiter.
»Halt! Stehenbleiben! Hände hoch!«
Die Karabiner waren entsichert und im Anschlag.
Der Mann blickte auf. Er sah die Soldaten und brach zusammen.
*
Zimmermann war nervös. Jagger beobachtete ihn beunruhigt, wie er rastlos auf und ab ging.
»Mach dir doch keine unnützen Gedanken«, sagte er. »Das sagst du so leicht!«
»Wir können nichts tun. Wir müssen abwarten!« Zimmermann setzte sich zu ihm auf den Boden. Er starrte in das Feuer.
»Es war leichtsinnig«, sagte er, »verdammt leichtsinnig.«
»Es ist nicht zu ändern. Die Sache läuft jetzt.«
Zimmermann nickte nachdenklich.
»Will noch jemand was zu essen?« fragte Dick Evans.
Robert Zimmermann schüttelte den Kopf.
Er hatte keinen Hunger.
*
Der Mann erwachte. Er lag in einem großen Raum mit vielen Betten. Als er die Augen aufschlug, zuckte der Mann zurück, der sich über ihn gebeugt hatte. Er trug eine Uniform.
Eine Generalsuniform.
»Wo kommen Sie her?« fragte der General.
Der Mann auf dem Bett machte eine unbestimmte Handbewegung.
Er deutete auf seine Kehle.
»Geben Sie ihm Wasser«, sagte der General ungeduldig.
Der Mann trank, bis der Blechbehälter leer war.
»Nun?«
»Aus der Stadt«, sagte der Mann schwach. »Ich komme aus der Stadt.«
»Aus welcher Stadt?«
»Tucson«, sagte der Mann.
»Aus Tucson? Märchen!«
Der Mann schwieg.
»Wie sind Sie hierher gekommen?«
»Wagen. Kaputtgegangen. Bin dann weitergelaufen.«
Der General kreuzte die Hände über der Brust.
»Wie sieht es da aus?«
»Nichts mehr. Keine Menschen.«
»Wieso sind Sie am Leben geblieben?«
»Zufall. War außerhalb der Stadt. Kam dann zurück, sah es.« Er schluckte schwer. »Entsetzlich, es war entsetzlich. Überall lagen Leichen herum. Es stank furchtbar. Konnte es da nicht mehr aushalten. Bin einfach losgefahren.«
»Wo wollten Sie hin?«
»Irgendwohin. Bloß weg.«
Der General verzog verächtlich die Mundwinkel.
»Haben Sie unterwegs jemanden getroffen?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
»Sie haben
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