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Leben bis zum Anschlag

Leben bis zum Anschlag

Titel: Leben bis zum Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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wünschenswert, wenn du in der Zehnten nicht nebenher arbeiten müsstest. Ein Neueinstieg erfordert Konzentration.«
     
    »Dann sag du, was geht und was nicht.« Im Orient-Express-Grill wird schneller geredet als gedacht.
    Nora will Mehmet dazu kriegen, dass er verbindliche Aussagen über ihre Zusammenarbeit macht.
    »Ich leg morgen auf und bei allen künftigen UA -Clubs auch. Kein Problem. Dein Lied ist krass, aber ich weiß nicht, ob ich dazu die Musik machen kann«, sagt Mehmet.

    »Wieso nicht?« Nora stopft sich schnell das Maul mit Fladenbrot, um zu verhindern, dass sie loskeift. »Fällt dir nichts dazu ein?«
    »Du findest, dass ich mich anstelle! Hab ich recht? Zieh dir das mal rein!« Jetzt ist es Mehmet, der keift. »Stell dir mal vor, Maika spannt dir Keath aus, aber Keath will von dir dauernd Konzertmitschnitte, die echt schwer zu beschaffen sind. Was machst du dann?«
    »Okay, was wäre, wenn … Sehr schön! Spielen wir das mal durch.« Nora schaut Mehmet jetzt mit den Schlitzaugen an, die er so mag. »Erstens, Maika kann mir Keath nicht ausspannen, wenn er mich liebt. Zweitens, würde sich Keath in Maika verlieben, dann würde das ausschließen, dass er mich liebt. Drittens, wäre es möglich, dass ich trotzdem mit Maika und Keath befreundet sein könnte? Theoretisch ja! Stell dir das vor, Mehmet.« Noras Nase ist circa zwanzig Zentimeter vor Mehmets. »Wenn ich nämlich vorhätte, mit Maika und Keath zusammen einen Club aufzumachen, dann würde ich davon ausgehen, dass das ein längerfristiges Unternehmen ist. Mann! Ich bin fünfzehn! Ich habe einen kleinen Rest Zweifel, dass ich jetzt bereits die einzige Liebe meines Lebens gefunden habe, obwohl ich es nicht ausschließen will. Kapiert!« Sie könnte ihrem verstockten türkischen Freund die Gabel in den Leib rammen. Ihr Gefühlschaos verursacht ihr ein Rumoren im Magen, sie fühlt sich, als hätte sie eben Keath verraten.
    »Du, Keath und ich – einen Club aufmachen? Geht gar nicht«, sagt Mehmet.
    »Du hast recht«, sagt Nora schnell. Bei seinem Kopf-an-Kopf-Rennen, wer hier die moralischen Grenzen markiert, will sie nicht mitmachen.

    »Zugucken, wie du mit Keath abfeierst? Niemals. Ohne mich«, sagt Mehmet.
    »Versteh ich. Würdest du deine Freundin, wenn du eine hättest, überhaupt auf die Straße oder, sagen wir mal, weiter in die Schule gehen lassen?« Noras Frage klingt so desinteressiert, als würde sie sich nach seiner Schuhgröße erkundigen.
    Yolandas Anruf Nummer vier wird ignoriert. Nora kaut und isst mit einer Konzentration, als ob es nichts Wichtigeres gäbe.
    »Was soll denn die Frage?«
    »Was wär, wenn deine Freundin in der Schule mit ’nem Mitschüler lachen würde? Über irgendwas, was mit dir nichts zu tun hat?«
    »Hör auf«, sagt Mehmet.
    »Du tust, als ob Keath und ich dich verletzt hätten, und deshalb nimmst du dir das Recht raus, auf unseren Gefühlen rumzutrampeln. Wir haben dir aber nichts getan.« Nora trinkt ihren Ayran aus. »Sich verletzt fühlen hat nicht mehr Berechtigung als sich freuen.«
    Hinter ihnen an der Theke wird es lauter. Nora hört eine ganze Serie von »Nein, das haben wir nicht«.
    »Wenn du dauernd sagst, dass du dies und das nicht packst, was soll ich ’n dann machen?«, fragt sie Mehmet ratlos.
    Und er, genauso: »Das weiß ich doch nicht.«
    »Ich kann nicht zu Hause, in der Schule, im Club und bei meinen Freunden immer sauber getrennte Parallelwelten aufmachen und dazwischen wie ’n abgeballertes Elektron auf der Suche nach Space und Freiraum rumzischen. Kapierst du das?«
    Auch dazu kann Mehmet nichts sagen.
    »Gleiches Recht für alle Herzen.«
    »Jetzt hör aber mal auf.« Mehmets Stimme ist rau. Er sieht zum
Fenster hinaus, dem Gast nach, der hinter ihm Unruhe verbreitet hat. Der ist kahl und kommt ihm bekannt vor.
     
    Ron kann sich nicht freuen, obwohl er eben den Beweis dafür bekommen hat, dass nicht er falsch gelegen hat, sondern Dennis und Sandro. Dem, was er aufgeschnappt hat, ist zu entnehmen, dass die Kleine nicht mit dem Türken, der den Onkel mit dem zehnten Dan im Kickboxen hat, zusammen ist, sondern mit dem langen Schwarzen.
    Ron wühlt tief in seinen Taschen. Siebzig verdammte Cent und Hunger hat er. So steht’s um ihn. Er kann sich noch nicht mal in einem verdammten türkischen Imbiss was zum Beißen holen.
     
    Anjas geschlossene Augenlider flattern unruhig.
    »Schläfst du?«
    Keine Antwort. Wahrscheinlich haben die Medikamente sie ausgeknockt, oder sie stellt sich

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