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Leben bis zum Anschlag

Leben bis zum Anschlag

Titel: Leben bis zum Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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live?
    Mehmet grinst auf sie runter, lässt es wieder knallen, und schon hat auch Nora Platz zum Tanzen.
    Du Teufel in Menschengestalt, denkt sie und lächelt ihm zu. Tut so, als ob ihm zu dem Lied nichts einfällt, und dann das. Wo hat er bloß diesen Bass her? Nicht von ihr. Da haut doch einer auf die größte Trommel der Welt ein, oder ist es der Sound der Bohrmaschinen, die Öl aus tiefen Erdschichten pumpen und Pipelines durch Berge und Meere bohren, pressen, schieben … die dann auslaufen? Der Klang von ölverklebten Flügeln, flap, flap, flap, bevor die Vögel keine Kraft mehr zum Fliegen haben, aufgeben, vom Himmel stürzen und ins Wasser fallen? Klatsch, klatsch, klatsch. Uh, Hilfe, wie werde ich diese Bilder wieder los? High Tension. Niedergedrückt von der Last der Welt fühlt sich Nora plötzlich. Kommt das von ihrem Lied? Sind es traurige Bässe? Rührt es von der Musik her oder ist ihre Seele bedrückt?
    »Was ist? Tanz, du verrückte Sängerin!«
    Maika gibt ihr einen Stoß in die Seite. Nora stolpert mehr, als dass sie tanzt.
    »Was hast du?« brüllt Maika noch einmal. Die Musik ist sehr laut.
    »Keine Ahnung, ich könnte heulen und weiß nicht, wieso«, schreit Nora ratlos.
    »Das beruhigt mich. Mir geht’s genauso.«
    »Echt?« Das war mit Abstand das Intimste, was Maika je über ihre Gefühlslage geäußert hat. »Ich glaub, die haben uns was ins Trinkwasser gemischt, was uns weinerlich macht!«

    Lautstarke Zustimmung von Maika. »Verschwörung ist immer eine plausible Erklärung!« – »Obwohl es auch ’ne naturwissenschaftliche Erklärung dafür gibt, dass wir beide im gleichen Gemütszustand sind, nämlich die Sternenkonstellation!«, überlegt Nora weiter.
    »Genau! Oder durch die gemeinsame Putzarbeit haben sich unsere Zyklen angeglichen. Bist du auch prämenstruell?«
    »Ja, bin ich!«, brüllt Dali von hinten. »Tut mir echt leid, Maika, prämenstruell hin, prämenstruell her, du musst hinter die Bar.«
    Sie verdreht die Augen. »Ja, Bayer, schrei’s laut hinaus! Vielleicht hat’s irgendwer noch nicht mitgekriegt!« Aber sie schiebt widerspruchslos ab.
    »Was war das für’n Lied?«, wendet sich Dali an Nora. »Du hast nämlich das Glück, in mir einen Freund zu haben, der sich aufrichtig für deine künstlerische Arbeit interessiert, egal ob ich prämenstruell bin oder nicht!«
    »Dali, kurz vor acht in der Früh bin ich gern deine digitale Musikdealerin oder deine Hausaufgabendealerin, aber weil ich da die Augen noch nicht richtig aufhabe, kann ich mir auch keine Kunst ankucken. Kapiert?«
    »Schrei nicht dauernd das Wort Dealerin rum, wenn du nicht wieder gefilzt werden willst!«, ruft Dali. »Und jetzt sag mir was zu dem genialen Gekrächze von vorhin. Kann man das noch mal hören, ist das geheim oder wie oder was?«
     
    »Wieso soll ich warten? Scheiße, ich will in den Club, und zwar jetzt!« Sogar das Nasenpflaster von dem Kerl sieht aggressiv aus.
    »Zeig mir deinen Ausweis und dann entscheide ich, ob du da reingehst oder nicht«, sagt Keath.
    Er ist sich sicher, dass er Michael Schuhmacher vor sich hat. Es
sind nur noch wenige Karten übrig, und der Kerl wirkt auf ihn eindeutig zu nervös. Den beiden Mädchen, die sich mit großem Abstand an ihm vorbeidrücken, scheint er auch suspekt zu sein. Als Keath die Mädchen durchlässt, versucht Schuhmacher, sich an ihm vorbeizudrängeln.
    Es gelingt ihm nicht, also verlegt er sich aufs Jammern. »Mann, ich hab meinen Ausweis nicht dabei!«
    »Steck ihn nächstes Mal ein.« Keath gibt nicht zu erkennen, dass er weiß, wen er vor sich hat, und dass er an sich halten muss, ihm keine reinzuhauen. Dalis Einschätzung, Schuhmacher würde sich bei der nächsten Gelegenheit an Nora dafür rächen, ist mehr als realistisch.
    »Alle andern lässt du auch so durch«, brüllt Schuhmacher.
    Keath grinst in die ihm völlig unbekannten Gesichter vor sich. »Die kenn ich auch alle.«
    »Da drin ist meine Freundin«, jault Schuhmacher.
    »Ruf sie an, sie soll rauskommen«, sagt Keath. »Dann lass ich dich rein.«
    Das scheint zu wirken, Schuhmacher geht zur Seite und zieht sein Handy raus.
    Aus den Augenwinkeln beobachtet Keath weiter, dass Schuhmacher nicht telefoniert, sondern etwas aus seiner Tasche fummelt. Kurz durchzuckt ihn der Gedanke, dass solche Typen aus dem Gefühl heraus, zu kurz gekommen zu sein, andere einfach abknallen. Peng und weg.
    Keath macht ein paar Schritte in Schuhmachers Richtung.
    Der schmeißt etwas auf den Boden, Glas

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