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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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schloss er die Augen.
    Sie mussten am Wochenende miteinander telefonieren. Zwingend. Noch einmal drei Tage ohne Andreas würde er nicht aushalten.
    Für den Rest des Nachmittags hatte der Terminus „miteinander schlafen“ eine gänzlich unschuldige Bedeutung.
     
    Kapitel 29  
     
    Weltuntergang. Jede Sekunde. Oder spätestens morgen.
    So viel Glück konnte niemand haben, ohne dass das Gleichgewicht des Universums aus den Fugen geriet. Der nächste Tiefschlag lauerte sicher schon hinter der nächsten Ecke. Es konnte nicht sein, dass alles funktionierte, alles rund lief, alles gut war.
    Oder hatte er schon bezahlt? Waren die Ereignisse des Nachmittags der Lohn für die Qualen dieser Woche? Das musste es sein.
    Andreas grinste breit und bereute es, als sein beleidigter Kiefer sich vehement dagegen zur Wehr setzte. Zum ersten Mal seit Tagen entspannt und trotz der verbleibenden Schmerzen gut gelaunt lag er in seinem Bett und versuchte zu verstehen, was passiert war.
    “Du bist mein Freund.“
    „Du weißt doch, dass ich verrückt nach dir bin.“
    „Es hat mich ganz schön erwischt.“
    Ein Traum wurde wahr. Er hatte nicht daran geglaubt, nicht gewagt, darauf zu hoffen.
    Im Nachhinein musste er zugeben, dass er sich bewusst Scheuklappen aufgesetzt hatte, um nicht enttäuscht zu werden. Die Anzeichen waren recht deutlich gewesen. Sie hatten so viel Zeit miteinander verbracht und konnten kaum die Hände voneinander lassen.
    Sascha löste Dinge in ihm aus, von denen er sich schon vor Jahren verabschiedet hatte. Und er tat Andreas gut. Stopfte Löcher. Die Art, wie er ihn umarmt und festgehalten hatte. Selbstverständlich. Sanft. Voll Mitgefühl und Verständnis.
    Bei dem Gedanken wurde Andreas ein wenig rot. Etwas in ihm wehrte sich im Nachhinein, sich so schwach und verletzlich gezeigt zu haben. Er hatte seit Jahren nicht mehr vor anderen Menschen die Kontrolle verloren. Aber es hatte sich gut angefühlt und eine Wahl hatte er eh nicht gehabt. Saschas Anwesenheit hatte ihm die Krämpfe aus den Muskeln gelöst.
    Als er ihm den Tee reichte und hinterher zu ihm unter die Decke kam, hätte Andreas am liebsten geweint. Schon wieder. Einfach nur, weil Sascha so warm war, so fest, so viel Schutz bot und natürlich auch, weil er selbst übermüdet war und mit den Nerven am Ende.
    Er konnte ihn immer noch riechen.
    Unglaublich, wie gut es ihm getan hatte, diesen sauberen, herben Duft in der Nase zu haben anstelle von Desinfektionsmitteln, Klinik und den Ausdünstungen eines alten Taxis.
    Andreas fand, dass es manchmal die Kleinigkeiten waren, die das Leben sehr bereichern konnten. An diese These hatte er sich immer gehalten. Diese Denkweise machte genügsam und erlaubte es ihm, sich über eine Handvoll Filme und eine neue Grafikkarte aufrichtig zu freuen. Das hier aber war so viel größer, dass er es noch gar nicht erfassen konnte. Glücklicherweise musste er das gar nicht.
    Er konnte es genießen und das tat er. Über alles andere konnte er sich später Gedanken machen. Jetzt zählte nur eins: Er hatte einen Freund. Seinen ersten Freund, der auf ihn zugekommen war und ihm zu verstehen gegeben hatte, dass es etwas an Andreas gab, das man lieb haben konnte. Deswegen ging es ihm gut.
    Obwohl Sascha mittlerweile fort war, obwohl er über das Wochenende bei seiner Familie war und sie sich nicht sehen konnten. Obwohl es am Montag noch eine Hürde zu überwinden galt, an die er jetzt noch nicht denken wollte.
    Andreas war glücklich. Daran konnte auch das Pochen in seinem Mund nichts ändern.
    Das Licht seiner Nachttischlampe zeichnete seine Züge weich, als er die Augen schloss und sich erinnerte. An jede Empfindung, an die untergründige Sehnsucht, an das Gefühl der Zugehörigkeit. War es von Dauer? Wer wusste das schon. Es war nicht wichtig. Jetzt und hier war alles, was zählte. Morgen fuhr Sascha zu seiner Familie, am Samstag hatte seine Schwester Geburtstag, am Sonntag war er wieder in Hamburg und würde noch vorbeikommen.
    Alles, was danach kam, blendete Andreas aus.
    Bei einem Film, den er schon ein Dutzend Mal gesehen hatte, und zwei Bechern Nudelsuppe döste er ein wenig. Mit warmen Gedanken im Hinterkopf war es leicht, Schlaf zu finden. Nur manchmal fuhr er hoch, wunderte sich, warum er sich so seltsam fühlte und erinnerte sich mit einem schiefen Lächeln an das, was ihn die schrecklichen Tage der letzten Woche vergessen ließ.
    Gegen neun Uhr am Abend gab es Radau im Flur. Er drang durch die weiche Watte, die

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