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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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auszuschütten. Allein die Vorstellung, dass er jemandem von seinen Sorgen erzählen durfte, ließ seine Augen feucht werden.
    „Morgen“, schwor er sich selbst. „Morgen melde ich mich bei ihm. Denn in einer Sache hat Dad recht. So kann es nicht weitergehen.“
    Kapitel 10  
     
    Mail von [email protected]
    an [email protected] 
     
    Hallo, großer Bruder,
    Ich will auch nach Hamburg! Hier ist es langweilig, und dass Mama und Papa sich jetzt nur noch auf mich konzentrieren, macht es nicht besser. Mann, die lassen mich fast nie aus den Augen, als hätten sie Angst, dass ich in ihrer Abwesenheit zur Lesbe mutiere – oder schwanger werde.
    Ich komme gerade vom Schwimmen. Ich bin ehrlich höchstens eine Viertelstunde zu spät gekommen, aber sie haben gleich einen Aufstand gemacht, als wäre ich tot und begraben. Du weißt schon, den vielen Triebtätern am Diemelsee zum Opfer gefallen. Pft.
    Apropos schwanger: Das ist jedenfalls wahrscheinlicher als lesbisch werden. Ich habe dir doch von dem süßen Typ erzählt, den ich vor ein paar Wochen zum ersten Mal gesehen habe.
    Mann, der ist so klasse und sieht echt super aus. Er hat immer diese coolen Hosen mit den Schnallen an der Seite an, von denen du auch eine hast. Und er hat mir heute beim Fahrradständer zugezwinkert! Er meinte wirklich mich! Ich bin vor Schreck beinahe vom Rad gefallen.
    Ach so, und spare dir gleich den Vortrag. Nein, ich schlafe nicht gleich mit ihm, und wenn ich es tue, benutze ich ein Gummi. In Ordnung? Küssen würde ich ihn aber trotzdem gerne. Er würde dir gefallen. Voll süße, strubbelige blonde Haare und ganz blaue Augen. Und wenn er grinst, dann muss ich auch grinsen. Leider weiß ich immer noch nicht, wie er heißt oder wie alt er ist. Er ist so TOLL!
    Aber egal, ich habe vorhin auf dem Rückweg Kai getroffen und er hat die Straßenseite gewechselt. Mit tomatenrotem Kopf. Ist ihm wohl immer noch peinlich, dass Papa euch beide erwischt hat. Früher war er ja mal ganz nett, wenn er zu Besuch kam, aber jetzt tut er so, als würde er mich nicht kennen. Arsch.
    Du hast nach Mama und Papa gefragt.
    Keine Ahnung.
    Die beiden sind strange drauf. Wie gesagt, sie lassen mich kaum aus den Augen. Und vor ein paar Tagen hat Mama mir im Auto einen Vortrag über altersgerechtes Verhalten gehalten. Altersgerecht = Nonne. Du verstehst schon.
    Blöd war die Sache neulich im Supermarkt. Mal ganz abgesehen davon, dass ich es hasse, mit ihr einkaufen zu gehen, sind wir der alten Ziege von gegenüber in die Arme gelaufen. Und die hat natürlich gleich gelauert und wollte wissen, wo du bist.
    Weißt du, wie peinlich das ist, wenn Mama rot wird und stottert, weil sie nicht weiß, was sie sagen soll? Hat dann irgendeinen Blödsinn erzählt, dass du bald wieder da wärst. Ja. Genau.
    Wenn sie sich schon so bescheuert aufführen, dann sollen sie wenigstens hinterher dazu stehen. Ich war echt kurz davor zu sagen: „Mein Bruder ist in Hamburg, weil er selber denkt und seine eigenen Entscheidungen trifft und meine Eltern intolerante Deppen sind.“
    Ne, schlechte Idee. Ist mir schon klar. Ich würde dir gern etwas anderes erzählen, aber bisher reden sie nicht über dich; zumindest nicht vor mir. Tut mir leid. Ich vermisse dich tierisch. Wenn mir das einer vor zwei Jahren gesagt hätte, hätte ich ihnen einen Vogel gezeigt. Ist aber so.
    Bis bald, dein Schwester-Biest Katja
    PS: Ach so, Thema Haare färben. Du dachtest, sie stellen sich an, weil du ein Kerl bist und Jungs sich nicht die Haare färben? Vergiss es. Bei mir ist es dasselbe Theater. Und das wegen der paar grünen Strähnen. Spießer.
    Betreten lehnte Sascha sich zurück und bereute es sofort, als ein scharfer Schmerz durch seinen Rücken zuckte. Es war keine gute Idee gewesen, am Vortag auf dem Rasen im Garten einzuschlafen. Als er zu dösen begann, hatte er mit seiner Wolldecke im Schatten gelegen. Als er zwei Stunden später wieder erwachte, hatte die wandernde Sonne ihm bereits die Schultern, die Oberarme und den Nacken verbrannt. Entsprechend unwillig war er, an diesem Sonntag Nachmittag nach draußen zu gehen. Es fehlte ihm gerade noch, dass er schwitzte oder noch mehr Sonne ab bekam. Da war sein gemütliches Zimmer, das allmählich seinen persönlichen Stil annahm, die bessere Alternative als der Garten oder der Tierpark Hagenbeck, den Tanja und ihre Kinder heute besuchten.
    Er war froh, dass er allein war. Ein kühles, freudloses Lächeln ließ die Verbitterung in seinem Gesicht

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