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Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst

Titel: Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Mass
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wenigstens ausreden.«
    Ich halte mir die Ohren zu, aber es hilft nicht. Jetzt sitze ich hier drinnen in der Falle und dabei muss ich dringend aufs Klo. Na ja, dann kann ich auch genauso gut den Muffin essen.
    Lizzys Stimme wird durch die Tür nur leicht gedämpft. »Als du heute Morgen keine einzige von meinen Nachrichten beantwortet hast, die ich dir geschickt hatte, bin ich nach unten gegangen und hab mich auf die Eingangstreppe gesetzt.«
    Ich schaue zu meinem Poster vom Sonnensystem hinüber und stelle fest, dass es tatsächlich ein paar Zentimeter von der Wand absteht. Offenbar habe ich Lizzys Klopfen, mit dem sie die Nachrichten ankündigt, nicht gehört.
    Sie redet weiter. »Die Zwillinge waren auch draußen, also haben wir angefangen zu quatschen. Eins zog das andere nach sich und ich hab ihnen von deiner Kassette erzählt und dass wir die Schlüssel nicht finden.«
    Bei diesen Worten reiße ich die Tür auf und schleudere ihr empörte Blicke entgegen. Muffinstückchen fliegen mir aus dem Mund, als ich schreie: »Du hast WAS?«
    Lizzy weicht einen Schritt zurück, um zu verhindern, dass sie von halb zerkauten Muffinbrocken getroffen wird. »Ich hab nicht gedacht, dass es dir was ausmacht«, behauptet sie. »Also,
genau genommen hab ich nicht drüber nachgedacht, wie es dir damit geht, bis ich es ihnen schon erzählt hatte, aber ich bin froh, dass ich’s getan habe, weil Samantha nämlich eine echt tolle Idee hatte.«
    Bevor ich etwas darauf erwidern kann, sagt sie: »Samantha hat gesagt, wenn wir rausfinden müssen, wo die Schlüssel sind, sollen wir direkt zur Quelle gehen und deinen Dad fragen!«
    Mein Magen krampft sich leicht zusammen. »Wovon redest du? Hast du ihr denn nicht von dem Unfall erzählt?«
    »Hab ich natürlich«, sagt sie eilig. »Samantha hat gesagt, wir können eine Séance halten, und dann können wir ihn fragen. Sie hat ein Ouija-Brett und alles.«
    »Du willst mich auf den Arm nehmen, oder?«
    Lizzy schüttelt den Kopf. »Es ist einen Versuch wert, findest du nicht? Alles andere haben wir doch schon probiert.«
    »Aber Rick ist ein echtes Ekel. Willst du dich allen Ernstes mit ihm abgeben?«
    »Vielleicht benimmt er sich ja nur so blöde, weil er allein ist. Mr Rudolph war in Wirklichkeit ganz anders, als wir zuerst dachten. Kann ja sein, dass das bei Rick auch so ist. Gehen wir, okay?«
    Ich lehne mich an die Flurwand. Und wenn Samantha recht hat? Wenn ich wirklich noch mal mit Dad reden könnte? Das wäre es wert, sich mit den Zwillingen einzulassen. Und ehrlich gestanden bin ich bisher auch nicht sonderlich erfolgreich gewesen, was dieses Warum-bin-ich-hier-Rätsel betrifft. Nachdem ich ständig über die Frage nachgedacht habe, seit James uns gestern wieder abgesetzt hat, sind mir ganze drei mögliche Antworten eingefallen. Ich bin hier, um der Sohn meiner Mutter zu sein, um Lizzys bester Freund zu sein und um
einen Haufen Süßigkeiten zu essen. Irgendwie regt das nicht zu seelischen Höhenflügen an. »Okay«, sage ich, »wir treffen uns in fünf Minuten auf der Eingangstreppe und gehen zusammen rein.«
    »Cool«, sagt Lizzy und verschwindet eilig. »Du wirst es nicht bereuen.«
    Warum nur zweifle ich daran?
     
    Ich finde Lizzy auf der obersten Stufe, ihr Gesicht der Sonne entgegengereckt. Klein-Bobby und seine Mutter sind auch da und sitzen im schattigen Bereich.
    »Jeremy«, sagt Lizzy, »warum fragst du Mrs Sanchez nicht, was du alle Welt zu fragen beschlossen hast?«
    Jetzt, da wir uns wieder in unserem normalen Leben befinden, ohne Limousinenfahrten und ohne das Überbringen verpfändeter Gegenstände, erscheint es mir peinlich, Leute nach dem Sinn des Lebens zu fragen.
    »Mach schon«, drängt Lizzy. »Und danach müssen wir los.«
    Mrs Sanchez, die eben noch den sich windenden Bobby gekämmt hat, schaut auf. Anstatt zu fragen, was der Sinn des Lebens ist, frage ich: »Warum sind wir hier? Ich meine, hier auf diesem Planeten. Nicht hier auf dieser Treppe.«
    Mrs Sanchez lächelt, meine Frage überrascht sie offensichtlich nicht. »Weißt du das nicht?«, sagt sie. Ich verneine.
    »Es ist ganz einfach«, antwortet sie. »Wir sind hier, um anderen zu helfen.« Bobby schaut hoch. »Aber warum sind dann die anderen hier?«
    »Schsch«, sagt sie und tippt ihm scherzhaft mit dem Kamm auf den Kopf. »Was aus deinem Mund für Sachen kommen!«
    Lizzy lacht, aber ich fand schon, dass das eine berechtigte
Frage war. Ist es wirklich so einfach? Wenn jeder jedem helfen würde,

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