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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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vergangene Ereignisse“, kontere ich.
    Weis schüttelt den Kopf. „Sie wollen mich nicht verstehen.“
    Kann sein. „Sie sind stehen geblieben und nicht mit den anderen zu den Ausgängen gerannt. Warum?“
    „Weil ich eben diese Ruhe gefunden habe. Was verpufft schon, wenn ein Leben verpufft? Viel wichtiger ist es doch, die Angst nicht zuzulassen. Sonst wächst sie und befällt immer mehr Menschen. So entstehen Krisen. Wir haben es in unserer Macht, die Krise nicht mächtig werden zu lassen. Das trifft im Übrigen auch auf die Wirtschaftskrise zu.“
    „Ich kenne Ihr Manuskript. – Nicht nur Sie sind stehen geblieben. Am Nebentisch stand Zerwolf. Sie haben einander angestarrt. Warum?“
    Der Guru lächelt mit schmalen Lippen. „Wohl weil er sich nicht gefreut hat, mich dort zu sehen. Ich weiß so einiges über ihn, das eine Geschichte im ‚Magazin‘ wert wäre. Ihr Chefredakteur wird demnächst …“
    Ich unterbreche ihn. „Wer ist eigentlich zuerst gegangen? Sie oder Zerwolf?“
    „Ich gebe zu, unsere Blicke haben sich kurz gekreuzt. Danach habe ich nicht mehr auf ihn geachtet. Seine Zeit ist vorbei. Er. Er ist vor mir gegangen.“
    „Und wie sind Sie dann rausgekommen?“, will ich wissen.
    Jetzt sieht er eindeutig genervt drein. „Ich habe gewartet, bis kein Gedränge mehr war. Dann habe ich den Saal ganz ruhig durch die nächstliegende Flügeltür verlassen.“
    „Die Sicherheitsleute werden Sie gezwungen haben.“
    „Da waren keine mehr, die waren alle auf der Flucht.“
    „Und wenn eine Bombe hochgegangen wäre?“
    Er hebt seine Hände. Sie sind schmal und zugegebenermaßen außergewöhnlich schön, auch sehr gepflegt. „Sie ist nicht hochgegangen.“
    Langsam komme ich mir dumm vor. Kann es sein, dass der Typ recht hat? Irgendwie hat er mich eingewickelt.
    „Ich werde übrigens dem Buch noch ein Kapitel hinzufügen“, sagt der Guru mit deutlich geschäftlicherer Stimme. „Meine Gedanken über den internationalen Terror. Und wie wir ihn besiegen.“
    „Das Buch soll in zwei Wochen in Druck gehen. Steht so etwas nicht ohnehin im Kapitel ‚Krisen.Kraft‘?“ In einem der nervtötendsten Kapitel, füge ich in Gedanken hinzu. Weis, der Unabhängigkeit von Geld und äußerem Erfolg predigt und selbst damit Kohle macht.
    „Für dieses Kapitel brauche ich Sie ohnehin nicht. Ich habe es sozusagen fertig. Im Kopf. Was ich bloß von Ihnen will, sind Fotos vom gestrigen Abend. Die besten, die Sie auftreiben können. Die Flucht, die unnötige Panik, vielleicht gibt es auch eines, das mich zeigt. Und meine Ruhe.“
    „Glauben Sie, dass die Bombendrohung tatsächlich etwas mit dem internationalen Terror zu tun hat?“
    „Ist das wichtig? Sie hat mit der Bereitschaft zur Angst vor dem Terror zu tun. Abgesehen davon, das können Sie auch ruhig im ‚Magazin‘ schreiben: Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass irgendwelche fehlgeleiteten Extremisten hinter der Drohung stecken. In Büchern steckt viel Kraft, vielleicht eine Kraft, die sie hassen.“
    „Ich habe wenig Zeit, um nach Bildern zu suchen.“
    „Sie haben einen Vertrag mit mir. Und Sie werden nach Seiten bezahlt. Also bekommen Sie durch das Kapitel entsprechend mehr, obwohl Sie sehr wenig Arbeit damit haben.“ Das klingt jetzt gar nicht nach abgeklärtem Guru. Und sein Lächeln wirkt wie festgefroren.
    Weis blickt auf die Uhr, unsere „Begegnung“ ist vorbei. „Beinahe hätte ich die Zeit übersehen. Ich soll in einer halben Stunde den neuen Vorstand eines bedeutenden Industrieunternehmens empfangen.“
    „Ich dachte, zu Ihnen kommen fast nur Frauen.“
    Weis erhebt sich wie schwerelos von dem bösartig-unbequemen Hocker, ich drehe das Aufnahmegerät ab und rapple mich hoch. Das linke Bein ist eingeschlafen. Auch das noch.
    „Ich sage nur so viel: Ich stelle mich freudig der Aufgabe, die Vorstandsmitglieder zueinander zu führen. In eine produktive Harmonie. Das ist in Zeiten wie diesen so wichtig wie noch nie.“
    „Und wie stehen Sie eigentlich zu Krisengewinnern?“, sage ich. „Dem Reinen ist alles rein?“ In Gedanken füge ich hinzu: Hauptsache, es kommt was rein. Aber das sage ich dann doch nicht. Weis tut jedenfalls so, als hätte er auch die ersten beiden Sätze nicht gehört. Er verschwindet in sein Büro aus Glas mit dem Schreibtisch aus Glas und dem durchsichtigen Computerbildschirmgehäuse auf dem Tisch.

[ 3. ]
    Ich streife um das Rathaus herum. So als würde mir gleich der Täter begegnen und ich ihn wie

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