Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
Vom Netzwerk:
Vegetarier. Aber natürlich hätte es sich gegen sie verwenden lassen, wenn es denn hätte sein müssen. Es stellt sich überdies heraus, dass sie ausgesprochen gerne scharf isst. – Ob es für so etwas ein Gen gibt? Unsinn. Ich esse auch gerne scharf und bin nicht mit Oskar blutsverwandt.
    Carmen erzählt von ihrer Zeit in einem internationalen Internat in der Nähe von St. Moritz. Der Mann ihrer Mutter muss also wirklich genug Geld haben. Ich gehe, um den Hauptgang fertig zu machen. Paradeiser aufwärmen, einen Schuss vom DAC dazu. Oje. Der ist leer. Ich überlege. Ich hab bei den Kochvorbereitungen ein Glas getrunken. Den Rest muss Oskar … Oder hab ich doch zwei Gläser getrunken? Na ja. Irgendwie ein Ausnahmeabend. Ich gehe zurück zum Tisch, der Riesling, den wir gerade trinken, ist auch nicht übel. Oskar und Carmen lachen. Reden sie freier, wenn ich nicht dabei bin? Nicht denken, kochen. Vielleicht ist das mein Programm zur Stress- und Lebensbewältigung. Einfach zu kochen und sonst an nichts zu denken. Nicht dass das immer gelingen würde … Fast wären die Paradeiser angebrannt. Schnell Riesling dazu, wieder raus mit der Flasche, viel frisches Basilikum in feine Streifen schneiden, jetzt kocht die Paradeisersauce wieder, etwas Salz dazu, sparsam Couscous einrühren, wieder aufkochen, Basilikum dazu, durchrühren, zudecken und am Herdrand quellen lassen. Das geht wirklich, beinahe ohne zu denken. Dafür hab ich vergessen, die schwere Pfanne vorzuwärmen. Ein bisschen Hirn einschalten schadet wohl doch nicht, nicht einmal beim Kochen. Öl in die Pfanne, die Fischfilets auf der Hautseite in etwas Mehl tauchen, rasch anbraten.
    Ob Zerwolf gerne isst? Vielleicht sollte ich ihn einmal einladen. Beim Essen braucht er ja nicht zu reden. Lebt er aus Überzeugung so, wie er lebt, oder steckt da irgendeine Absicht dahinter? Was macht die Polizei mit einem, der nie spricht? Fällt das unter „Verweigerung der Zeugenaussage“? Wohl doch. Aber würden sie den berühmten Philosophen deswegen bestrafen oder gar hinter Gitter bringen? Der Wels ist an der Oberseite noch glasig, ich wende ihn und drehe die Flamme ab. Die schwere Pfanne hält genug Hitze, damit er nachziehen kann und trotzdem nicht ganz durch und strohig wird. Der Couscous hat sich inzwischen mit der Paradeisersauce vollgesogen, ich gebe die Masse in die Mitte großer Teller, darauf das Fischfilet, einige Körner Fleur de Sel, eine Limettenscheibe und fertig.
    „… ich will aber weder etwas mit Politik zu tun haben, noch möchte ich Lehrerin werden“, sagt Carmen gerade. „Vielleicht hätte ich Rechtswissenschaften studieren sollen …“ Oskar tätschelt ihr die Hand. Wohlstandskind, denke ich, weiß nur, was es nicht will. Dann stelle ich die Teller ab und Oskar muss ihre Hand loslassen.
    „Weißer Wels auf Paradeiser-Couscous“, sage ich. Beide geben sich begeistert und ich versuche es zu glauben. Schmeckt ja wirklich nicht schlecht. Erst vor dem Dessert erfahre ich, dass Carmen vor Kurzem zwei Studien abgeschlossen hat: Politikwissenschaften und Italienisch. Und ich muss zugeben, dass mich das gar nicht so freut, wie es wahrscheinlich sollte. Ist wohl doch nicht nur so ein Wohlstandsgürkchen, sonst wäre sie mehr auf Partys als in Hörsälen unterwegs gewesen.
    „Es gibt in Wien ein interessantes Postgraduate Studium“, erzählt Carmen. „Internationales Umweltmanagement. Ich finde, es ist höchste Zeit, sich mehr mit der Umwelt zu beschäftigen. Und ich denke, ein Job in diesem Bereich würde mir gefallen.“ Wie bitte? Sie will nach Wien ziehen? Womöglich zu Oskar? Und ich? Ich habe immer noch meine alte Wohnung. Stopp, Mira. Davon war keine Rede. Die jungen Leute sind heute einfach selbstständiger. – Die „jungen Leute“: Und was bin dann ich? Alt? Ich gehe in die Küche, drehe die Flamme so klein wie möglich, gebe zur Schokolade noch einmal eine kräftige Prise Chilipulver. Jetzt will ich wissen, ob sie nur so getan hat, als ob sie gerne scharf isst. Ich rühre die Schokolade, bis sie geschmolzen ist. Ich koste. Ja, das ist jetzt ordentlich scharf. Wer sich nur anbiedern will, steigt hier aus. Ich gieße die Chilischokolade großzügig über die Papayaspalten, gebe auf jeden Teller eine Kugel Papayaeis, darauf ein Minzeblatt und fertig ist mein Spezialdessert.
    Oskar hat eine Trockenbeerenauslese von Eva Berthold aufgemacht. Wunderbar duftender Welschriesling mit hohen Zuckergraden, aber auch knackiger Säure. Ich lasse mir Zeit,

Weitere Kostenlose Bücher